Aufklärung tut not

Immer wieder: Statt EN 1090 DIN 18800

Brisant an diesen vereinzelt falschen Ausschreibungen ist: Das Metallbauunternehmen ist in der Haftung, wenn es nach der DIN 18800 ausführt, anstatt vorab Bedenken anzumelden. Ein zweiter Knackpunkt ist: Es gibt immer noch vergleichsweise viele Metallbauunternehmen, die nicht nach der DIN EN 1090 zertifiziert sind, aber über die Zertifizierung nach DIN 18800 verfügen. Unter diesen Metallbaubetrieben können solche falschen Ausschreibungen auf Resonanz stoßen. Hin und wieder passiert es, dass sich trotz jahrelanger Aufklärungsarbeit seitens der Fachverbände und Fachzeitschriften zwei Unwissende als Auftraggeber und Auftragnehmer treffen und den Vertrag mit Vorgabe der bereits abgelösten Norm eingehen. Gutachter der Branche können von solchen Einzelfällen ein Lied singen, denn diese sammeln sich bei ihnen.

Heinz Kelm vom Fachverband Metall Bayern bestätigt dies. Kelm ist zuständig für die Bereiche Betriebswirtschaft/Technik und ist u.a. im Kontakt mit den Bauämtern des Landes Bayern und dem Baureferat der Landeshauptstadt. Dass Ausschreibungen richtig nach der DIN EN 1090 erstellt werden, daran liegt ihm auch, weil sich mancher Betrieb mit viel Zeitaufwand und auch mit Kosten auf den gesetzlich geforderten technischen Stand gebracht hat. „Wir können es nicht hinnehmen, dass unqualifizierte Betriebe den Zuschlag erhalten und qualifizierte nicht berücksichtigt werden“, konstatiert er. Kelm fragt sich, warum die Mitarbeiter in den bayerischen Baubehörden insbesondere Kommunen nicht besser informiert sind..

Gerhard Jäger, beim Baureferat Hochbau der Landeshauptstadt München für Qualitätsvorgaben und -sicherung zuständig, berichtet: „Unsere Mitarbeiter wurden bereits im ersten Halbjahr 2014, vor Ablauf der Übergangsfrist zum Juli über die Einführung der DIN EN 1090 und die damit verbundenen Änderungen umfassend informiert und geschult.“ Einige Fortbildungen hat beispielsweise die GSI SLV München durchgeführt. Zudem hat das Baureferat in jeder der vier technischen Hauptabteilungen (Hochbau, Tiefbau, Ingenieurbau, Gartenbau) eine zentrale Stelle für Qualitätssicherung mit Mitarbeitern, deren Aufgabe es ist, technische, bauliche, planerische, vertragliche, gesetzliche oder sonstige Neuerungen aufzubereiten und in internen Fortbildungen bzw. Workshops den Kollegen zu vermitteln. Allerdings sind sowohl die Anzahl der Mitarbeiter — allein die Hauptabteilung Hochbau beschäftigt 600 — als auch der Etat für Bauleistungen enorm: Die jährlichen Ausgaben des Baureferates für Baumaßnahmen belaufen sich dabei auf jährlich knapp 900 Millionen Euro, wovon ca. 60 % für Neubauten und Generalinstandsetzungen und ca. 40 % für Betrieb und Unterhalt ausgegeben werden.

Darüber hinaus werden neben den eigenen Mitarbeitern auch externe wie Statiker bzw. Ingenieurbüros, die für die Kommune arbeiten, eingebunden und auf Anwendung neuer Normen hingewiesen. „Ein wichtiges Thema war die Festlegung der Ausführungsklasse durch den Verantwortlichen für die Bemessung“, so Jäger. Die Vorgaben, die DIN EN 1090 in den Ausschreibungen zu berücksichtigen, sind verbindlich. „Diese werden und wurden in der Praxis umgesetzt“, stellt Jäger fest.

Gleichwohl kann immer der ein oder andere Fehler passieren. Um diese möglichst gering zu halten, werden Leistungsverzeichnisse von Metallbau- und Schlosserarbeiten durch die Oberbauleitungen der Abteilungen gesondert auf Einhaltung der DIN EN 1090 überprüft und gegebenenfalls vor Versand an die Firmen noch angepasst. Stellt eine Firma fest, dass eine  Ausschreibung nicht den aktuellen Normvorgaben entspricht, rät Jäger: „Die Metallbauer können jederzeit, auch vor Submissionsterminen, eine Korrektur anmahnen, die wir dann durchführen. Alle anderen Bieter bekommen von uns zeitgleich  eine Nachinformation zugesandt.“

Fazit

Inzwischen müssen Metallbaufirmen dem Baureferat der Landeshauptstadt München immer ein Zertifikat nach DIN EN 1090 vorlegen, und zwar entsprechend der geforderten Ausführungsklasse. Die Vorlage angeforderter Eignungsnachweise ist ein Wertungskriterium für den Zuschlag.

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