Aus der Praxis für die Praxis (12)

Sicherheitstechnik bei Hoftoren

Seit Gültigkeit der EN 13241-1 muss sich der Metallbauer wesentlich mehr Gedanken über die Sicherheitstechnik von Hoftoren machen. Obwohl diese Normenreihe schon über zehn Jahre alt ist, findet sie immer noch keine flächendeckende Anwendung. Der Sachverständige und Unternehmer Markus Macal zeigt auf, welche unterschiedlichen Regelwerke beim Bau von Hoftoren einzuhalten sind.

Wie ein Bauprodukt in den Verkehr gebracht werden darf, diese Vorgaben zeigt die Bauproduktenverordnung auf, die seit Juli 2013 gültig ist. Demnach ist der Metallbauer verpflichtet nachzuweisen, dass das Tor für den europäischen Wirtschaftsraum geeignet ist. Ziel ist eine CE-Kennzeichnung mit einer Leistungserklärung, in der der Metallbauer die Leistungen seines Tores angibt und zusichert.

Einige sogenannte mandatierte Eigenschaften sind für den Metallbaubetrieb ohne fremde Hilfe nicht zu meistern. Dazu gehört beispielsweise der Nachweis der Windlastbeständigkeit sowie die anstehenden Betriebskräfte bei kraftbetätigten Außentoren. Um die Kooperation mit einer Prüfstelle kommt nur der Betrieb herum, der unter ein bestimmtes Regelraster der Bauproduktenverordnung fällt. So gibt es vereinfachte Verfahren für Betriebe, die weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigen. Nichtsdestotrotz müssen diese vereinfachten Vorgaben mit aller Konsequenz erfüllt werden. Jeder Betrieb, der Tore konstruiert und fertigt, muss eine werkseigene Produktionskontrolle  (WPK) nachweisen. Ohne diese ist der Eigenbau von Toren nicht gestattet. Die Anforderungen sind in der EN 13241-1 genannt:

  • Festlegung der Aufgaben und Befugnisse
  • Festlegung der Struktur der Systemdokumentation
  • Festlegung und Nachweis der Rohmaterialien und Bauteile
  • Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit der Produkte
  • dokumentierte Verfahrensanweisungen mit Bezug auf die werkseigene Produktionskontrolle
  • Kontrolle der Aufzeichnungen zur WPK
  • Strukturierung von Entwicklung und Konstruktion
  • Angabe der durchzuführenden Inspektionen und Prüfungen
  • Angabe der für die Inspektionen und Prüfungen notwen­digen Geräte
  • Behandlung nichtkonformer Produkte
  • Durchführung von Korrekturmaßnahmen

Ein weiterer Nachweis betrifft die Windlasten. Für ein selbst gebautes Tor muss ein Metallbauer nachweisen, dass es gegen angreifende Winde beständig ist. In Anlehnung an Euro­code 1 EN 1991 1-4 müssen auch Tore eine Mindestanforderung erfüllen. Je nach Windlastzone können ganz erhebliche Kräfte wirken.  Auch unsere Tornormen beschäftigen sich mit dem Thema. Die EN 12424 gibt verschiedene Windklassen für Tore vor. Um die Mindestanforderung zu erfüllen, muss zumindest die Klasse 2 zugrunde gelegt werden. Hier wird bereits ein Staudruck von 450 N/qm verlangt. Wenn der Metallbauer von seinem Kunden beauftragt wird, ein 6 m breites und 2 m hohes geschlossenes Schiebetor anzufertigen, kommen bereits ganz erhebliche Windlasten zum Tragen. Die Devise „Das machen wir seit 20 Jahren so, das hält schon“ ist nicht zulässig: Der Metallbauer benötigt eine für das Tor gerechnete Statik. Nach heutigem Stand muss diese Statik sogar von einer Prüfstelle abgesegnet werden.

Gleiches gilt für das Thema Betriebskräfte. Damit man eine geeignete und anerkannte Dokumentation vorweisen kann, ist die Kooperation mit einer Prüfstelle notwendig. Wobei man natürlich immer voraussetzt, dass inzwischen jeder Metallbauer, der regelmäßig Tore baut, eine Kraftmesskeule besitzt. Dass die Betriebskräfte an einem kraftbetätigten  Dreh- oder Schiebetor  eingehalten werden, ist eine Grundvoraussetzung, um das Tor in den Verkehr zu bringen. Kräfte gelten nur dann als sicher, wenn diese bei einem Kontakt mit einer Person auf den letzten 500 mm bei max. 400 Newton liegen und innerhalb von 0,75 sec. auf max. 150 Newton abgebaut werden.

Ein weiterer Punkt ist das Mindestschutzniveau, das die EN 12453 fordert. Hierbei sei darauf hingewiesen, dass sich Dreh- und Schiebetore fast ausschließlich im Außenbereich befinden und somit im öffentlichen Bereich. Da heute die meisten Tore mit Impulssteuerung und Funk ausgestattet werden, ist das vorgegebene Schutzniveau hoch. Es reichen Kontaktleisten oder Kraftabschaltungen alleine nicht mehr aus. Die Norm fordert eine zusätzliche Absicherung, auch D-Einrichtung genannt. Hierbei handelt es sich um eine berührungslos arbeitende Schutzeinrichtung, die meist als Lichtschranke ausgeführt wird. Wo diese montiert wird, dazu geben Normen und BG-Informationen wichtige Hinweise. So muss etwa eine auf dem Fußboden befindliche Person auf einer Seite des Tores erkannt werden. Da kraftbetätigte Tore Maschinen sind, sollte eine Risikobeurteilung durchgeführt werden. Muss man mit besonders schutzbedürftigen Personen rechnen, die das Tor erreichen können, steigen die Anforderungen. Kommen beispielsweise Kinder ins Spiel, muss die D-Einrichtung zwingend niedrig montiert werden. Hier können ca. 180 bis 200 mm Höhe vom Boden als geeignet angesehen werden. Aufgrund des damit fehlenden Sachschutzes (KFZ z.B. SUV), kann es erforderlich werden, eine zweite Lichtschranke zu montieren.

Darüber hinaus gilt es, mechanische Aspekte zu berücksichtigen, am besten schon in der Planungsphase, beispielsweise Sicherheitsabstände gemäß EN 12604: Demnach sollen Drehtore in Öffnungsrichtung genügend Platz haben, sodass es nicht zu Quetschstellen kommen kann. Diese werden in der Regel immer dann vermieden, wenn der Abstand zwischen Torflügel und Hindernis mindestens 500 mm beträgt. Gleiches gilt für die hintere Gegenschließkante eines Schiebetors. Auch hier muss der Abstand 500 mm betragen, ansonsten müssen Kontaktleisten oder ähn­liche Schutzeinrichtungen montiert werden.

Bei Schiebetoren mit offenen Füllungen sind die Abstände zu angrenzenden bzw. parallel verlaufenden Zäunen oder ähnlichen Bauteilen zu beachten. Vorgaben dazu findet man zur Zeit noch in der BGI861-1 „sicherer Umgang mit Toren“.  Als Beispiel sei hier ein offenes Schiebetor erwähnt, welches beim Öffnen an einem Doppelstabmattenzaun vorbeifährt. Der normale Zaun hat eine Maschenweite von 44 mm. In diesem Fall wird ein Abstand von mindestens 500 mm zwischen dem Zaun und der Schiebetoranlage verlangt.

An dieser Stelle soll hingewiesen werden, dass Nebenschließkanten nicht alleine durch eine Kraftabschaltung der Motorsteuerung abzusichern sind, auch wenn das manche Motorenhersteller so darstellen. Drehflügeltore benötigen grundsätzlich auf der Bandseite einen Mindestabstand von 25 mm. Damit ist der Abstand zwischen Pfosten und Flügel gemeint.

Kraftbetätigte Tore, vor allem Schiebetore, müssen zwingend in ihren Endlagen gesichert sein. Auch das ist eine Grundforderung der europäischen Normen. Sollte ein Stabendschalter oder ähnliches versagen, so muss das Tor trotzdem sicher stoppen bevor es seine Führung verlässt. Es muss also immer ein zusätzlicher Endanschlag vorhanden sein, der die dynamischen Kräfte des Tores sicher aufnehmen kann, ohne dass sich dieser verformt.

Fazit

Im Nachhinein lassen sich konstruktive Mängel meist nicht mehr beseitigen. Im Zweifel muss das Tor erneuert werden, was sehr kostspielig ist und eigentlich ja nicht sein müsste. Statt sich mit Reklamationen zu ärgern, sollte der Metallbauer Zeit für die Planung einkalkulieren. Wer richtig plant, eine Skizze erstellt, die mit dem Bauherrn abgestimmt wird, und die genannten Regelwerke beachtet, kann davon ausgehen, dass er ein betriebssicheres Tor hergestellt hat.⇥

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