Experten sprechen mit Schülern

Dorma Techniker zum Thema Türschließtechnik

Anfang Mai 2014 setzte OStR Michael Höhler seine Unterrichtsreihe „Expertengespräche an der DRS“ an der Berufsschule in Neuwied fort. Das Thema: „Türschließer – Bauarten, Funktionen und Einsätze“. Zwei Experten der Firma Dorma stellten den Schülern der Fachklasse für Metallbauer ihre Kompetenz in Sachen Türschließtechnik zur Verfügung.


Erfahrungen haben gezeigt, dass es sinnvoll ist, Praxisvertreter in den Berufsschulunterricht einzubeziehen, um das Know-how marktführender Hersteller der Branche in einem Lernarrangements zur Qualifikation der Berufsschüler verfügbar zu machen (vgl. Höhler 2013a). Schließlich handelt es sich bei den Schülern, die sich in der Fachstufe II der Ausbildung zum Metallbauer befinden um künftige Nachwuchskräfte. Die Unterrichtsmethode „Expertengespräch“ vermittelt ihnen bereits in der Ausbildung einen Einblick in das Wissen und die damit verbundene Innovationsstärke der Fachgebiete des Metallbaus. Im Dialog mit den Experten eröffnen sich vielfältige Lernmöglichkeiten während der Ausbildung und berufliche Perspektiven. Bei dem hier beschriebenen Unterricht auf der Grundlage das Lernfelds 10a des Metallbauer-Lehrplans („Herstellen von Türen, Toren und Gittern“, Kultusministerkonferenz 2002) stand die Türschließtechnik im Vordergrund. Neben Jürgen Klönne, Experte für automatische Drehflügelantriebe, kam Michael Klasen, bei Dorma Vertriebsbeauftragter Region West und Fachmann für Gestänge- und Gleitschienentürschließer, mit den Auszubildenden ins Gespräch. Letzterer hatte aufgrund seiner positiven Erfahrungen beim Expertengespräch im November 2012, wo ihm die Arbeit mit den jungen Fachkräften große Freude bereitet hatte, spontan zugesagt, den Bereich „Grundlagen der Türschließtechnik“ zu übernehmen.

Im Fokus des Expertengesprächs stand wie immer eine praxisorientierte technische Lernsituation, die die Schüler durch Lösen einzelner Fachfragen bearbeiten sollten – zur Förderung ihrer Kompetenz zum Entwerfen eines technischen Systems. Die Aufgabe: „Eine Hauseingangstür (1.200 mm x 2.100 mm) eines Mehrfamilienhauses soll nachträglich mit einem Türschließer ausgestattet werden. Im Haus wohnen unter anderem zwei Familien mit kleinen Kindern und zwei Ehepaare im Rentenalter. Eine Person ist leicht gehbehindert. Machen Sie sich für den Auftrag fit, indem Sie nachfolgende Aufgaben bearbeiten!“ Die betrieblichen Erfahrungen der Lerner zur Türschließtechnik waren sehr unterschiedlich. Fünf Auszubildende besaßen bereits grundlegende Qualifikationen in der Montage und im Einstellen von Türschließanlagen und konnten diese in die Kommunikation einbringen. Der Großteil der Klasse aber wurde in den vorangegangenen Unterrichtseinheiten zum ersten Mal mit der Thematik konfrontiert und dabei inhaltlich wie methodisch auf das Expertengespräch zum Themenbereich Metalltüren vorbereitet. Ohne diese Vorbereitungsphase kann weder eine planvolle Auseinandersetzung mit den Inhalten der Präsentation erfolgen, noch können zielgerichtet Fachgespräche mit den Sachverständigen geführt werden. Die Lernresultate wären beliebig, kaum definierbar und der angestrebte Kompetenzgewinn würde nicht erreicht (Höhler 2013b, S. 89).

Folgende Inhalte wurden in den vorbereitenden Unterrichtseinheiten erarbeitet:

- Maßaufnahme am Bau

- Maßliche Größen im Baugewerk (Achtelmeter, RFB, OKFB)

- Bauarten von Metalltüren im Überblick, Aluminiumtüren

- Konstruktiver Aufbau des Türblattes

- Beschläge (DIN links, DIN rechts)


Im dem an den Klassenraum angrenzenden Flur befinden sich Rauch- und Feuerschutztüren als Markierung der definierten Brand- und Flurabschnitte. Die Türanlage besteht aus einem Flügel, der mithilfe eines Gleitschienentürschließers mit Feststellvorrichtung und Rauchmelder ausgestattet ist. Ein ideales und umgehend erreichbares System, das sich für die Gestaltung einer Lernsituation gut eignet. Die Lerner erweiterten ihre Fachkompetenz an diesem Objekt im vorangegangenen technischen Unterricht unter anderem in folgenden Schwerpunkten:

- Bauteile/Kennzeichnungen der Feuer- und Rauchschutztüre

- Klassifizierung der Feuerschutztüren (T30 - T180)

- Türschließtechnik im Überblick, Funktionsweise eines Türschließers gemäß EN 1154 

Michael Klasen betonte zunächst anhand der eigenen Berufsbiographie die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens, um stets über technische Neuheiten und Entwicklungen auf dem Laufenden zu bleiben und beim Kunden erfolgreich zu sein.

In seiner Präsentation erläuterte er unterschiedliche Bau- und Montagearten von Standardtürschließern:

- das Prinzip der hydraulischen Dämpfung gemäß EN 1154
- die Möglichkeiten zur Entspannung der Feder (Antriebe)
- unterschiedliche Bewegungsmechanik bei Türschließern     (Nockenantrieb)
- die Funktionen der Öffnungsdämpfung und Schließverzögerung
- die Einstellbarkeit von Schließkraft, Schließgeschwindigkeit und
  Anschlag
- Montagearten
- die Notwendigkeit der Schließfolgeregelung bei zweiflügligen
   Feuer- und Rauchschutztüren
- das Zusammenwirken von Feststelleinrichtung und Rauchmelder
   bei Feuer- oder Rauchschutztüren

Begleitend konnten einzelne Bauteile, Baugruppen und das Modell eines Gleitschienentürschließers gehandhabt und ihre Funktion erprobt werden. Dies förderte die Fachkompetenz der Zuhörer im Hinblick auf ihren Lernjob. Der Methode des Expertengesprächs folgend, bezog Klasen abwechslungsreich die Schüler ein, sei es durch Fachfragen, sei es durch praktische Anwendungen an den Anschauungsobjekten. Seitens der Lerner war eine große Bereitschaft zu beobachten, sich auf den pra-xisorientierten Vortrag einzulassen und sich auch durch eigene Fragen an den Experten einzubringen. „Die Experten haben das so verständlich rübergebracht, dass wir es auch als Schüler nachvollziehen konnten“, hob der Auszubildende Martin Rösgen dankbar hervor. Schließlich ging es darum, mit Unterstützung der Dorma Techniker die Aufgaben der Lernsituation zu bearbeiten. Dass die Schüler diese Möglichkeit nutzten, belegt in der Nachbesprechung zum Unterricht die Äußerung von Azubi Tobias Müller: „So waren die Arbeitsaufgaben einfacher lösbar. Aufgrund der baustellenspezifischen Hinweise hat man gemerkt, dass die Experten einen besonderen Bezug zur Praxis haben.“

Im zweiten Teil des Expertengesprächs stand ein Überblick über die Technik der automatischen Drehflügelantriebe anhand von drei Bauarten im Mittelpunkt. In die Anlagen sind neben den bekannten mechanischen Bauteilen eines Standardtürschließers auch elektrische und elektronische Komponenten integriert, die durch ihre Verknüpfung mit der Mechanik den Drehflügelantrieb zu einer mechatronischen Konstruktion werden lassen. Diese Türschließtechnik bietet dem Nutzer einen spürbaren Bedienkomfort und liefert einen bedeutenden Beitrag zur Erfüllung der Anforderungen an barrierefreie Gebäude gemäß DIN 18040-1 (vgl. metallbau 5/2014). Die Schüler waren nach der Vorstellung dieser Technik durch Dorma Trainer Jürgen Klönne noch motivierter, denn die Funktion und Wirkung von mechatronischen Bauteilen – insbesondere, wenn sie am Markt stark nachgefragt werden – spricht technikinteressierte Metallbauer an.

Jürgen Klönne führte folgende Inhalte in Anwendungssituationen aus:

- Einsatzgebiete automatischer Drehflügelantriebe: z.B. barrierefreie Gebäude

- Fehlanwendungen von automatischen Antrieben, z.B. bei Rundbogentüren

- Überblick über technische Daten

Die technische Weiterentwicklung und der Vergleich mechanischer mit elektromechanischen und elektrohydraulischen Antrieben boten Experten und Schülern viele Gesprächsanlässe. Moderiert wurde die Diskussion durch den Pädagogen, seines Zeichens selbst Maschinenbauingenieur. Als Mehrwert für den Kunden wurde die kraftfreie Öffnung der Türe bei Bedienung der Drückergarnitur (PowerLess) herausgearbeitet. Auf die Frage eines Schülers nach Stromausfall erklärte Klönne, dass die selbsttätige Schließung der Türe durch den elektromechanischen Türschließer gewährleistet ist. Eigenschaften wie Öffnungsgeschwindigkeit, Öffnungsdämpfung, Offenhaltezeit, Schließgeschwindigkeit nach EN 1154, Schließdämpfung, Hinderniserkennung und Vandalismusfreischaltung bei den jeweiligen Bauarten sowie deren Einstellbarkeit erläuterte Klönne anhand der verschiedenen Modelle und hielt so die Motivation der Schüler auf hohem Niveau. Sie erfuhren, dass zur Anpassung an unterschiedliche Nutzungsprofile – beispielsweise die Full-Energy-Betriebsart oder der Einsatz bei Brandschutztüren – der Einbau von upgrade cards bei einigen Antrieben hohe Flexibilität ermöglicht. Im Anschluss an die Präsentation hatten Schüler und Lehrer in drei Arbeitsgruppen Gelegenheit, in einer Art Workshop Bauteile und Funktion der Drehtürantriebe zu vertiefen. Experte Klönne begab sich jeweils zu den Arbeitsgruppen an den Modellen und stand den Schülern während ihrer Erkundungen zur Seite.

„Interessant gestaltet, insbesondere die Arbeit an den Modellen. Hier standen die Experten für Erklärungen zur Verfügung“, so das unmittelbare Statement von Azubi Nico Scheer. Alle Teams nutzten rege die Möglichkeit, im Dialog mit dem Sachverständigen hinzuzulernen und die Kompetenzen zu erwerben, mit denen die in der Lernsituation beschriebene Türschließanlage entworfen werden konnte. In der Feedback-Runde zum Unterricht lobten die Schüler, dass die angewandte Fachsprache gut verständlich war und ihre Fragen qualifiziert von den Experten beantwortet wurden. „Die Einstellarbeiten haben mir was für die Praxis gebracht“, fasste Fabian Himmelbach seinen Eindruck zusammen, seine Mitschüler stimmten ihm zu. Jürgen Klönne nahm schließend nochmals das starke Interesse der Lerner an der Automatisierungstechnik auf und wies darauf hin, dass die Auszubildenden Weiterbildungsangebote nutzen sollten, um auf diesem Gebiet zusätzliche Qualifikationen zu erlangen und so die eigene Marktposition als Facharbeiter zu steigern. Mit diesem wichtigen Hinweis mit Blick auf seine eigene Berufsbiographie (vgl. Höhler 2013c) konnte der Referent sicherlich zur Entwicklung beruflicher Mobilität bei den Nachwuchskräften beitragen.

Info & Kontakte

David-Roentgen-Schule Gewerbe und Technik

Langendorfer Straße 65

56564 Neuwied

Tel. +49 2631 98900

www.drsneuwied.de

Literatur

Höhler 2013a: „Expertengespräche als zukunftsorientierte Qualifizierung junger Fachkräfte. Engagement von Unter­nehmen im beruflichen Unterricht“ in: stahl und eisen 8/2013, S. 73

Höhler 2013b: „Expertengespräch im Berufsschulunterricht – Unterrichtsgestaltung mit besonderer Authentizität“, in: Die berufsbildende Schule 3/2013, S. 89

Höhler 2013c: „Expertengespräch im Berufsschulunterricht – Unterrichtsgestaltung mit besonderer Authentizität“, in: Die berufsbildende Schule 3/2013, S. 88

Kultusministerkonferenz 2002: „Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf Metallbauer/Metallbauerin“, S. 18

metallbau – Das Fachmagazin 5/2014: Barrierefreie Gebäude. Evakuierung und Brandschutz, S. 6-8

www.drsneuwied.de/joomla/index.php/de/home/kompetenzzentrum/128-expertengespraeche-hr-hoehler

Stichwort Expertengespräch

Das Expertengespräch ist eine Unterrichtsmethode, bei der durch das Engagement eines Praxisvertreters im beruflichen Unterricht die Vermittlung von berufsspezifischen und berufsfeldübergreifenden Qualifikationen unterstützt wird. Zu einem vom Pädagogen festgelegten Thema im Kontext des Lehrplans wird in gemeinsamer Abstimmung zwischen diesem und dem Experten (Referenten) der Arbeitstitel für eine fachbezogene Präsentation fixiert. Die Lerner erhalten zu Unterrichtsbeginn einen Arbeitsauftrag (Lernjob), den es zu bearbeiten gilt.

Zum Unterrichtstermin präsentiert der Experte substanzielle Fachinhalte, die zur Lösung des Lernjobs das nötige Wissen vermitteln. Vor allem aber sollen die fachlichen Aussagen neben den betrieblichen Erfahrungen als Impulse für zielorientierte Fachgespräche zwischen dem Experten und den inhaltlich und methodisch vorbereiteten Lernern dienen. Die Resultate werden für die Bearbeitung des Arbeitsauftrags genutzt. Dem Lehrer obliegt als fachlich und pädagogisch Verantwortlichem die Moderation der Fachgespräche zwischen dem Praxisvertreter aus der Branche und den Auszubildenden.

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