IHM – gemischte Gefühle

Gute Gespräche – Kritik am Sortiment

„Leidenschaft ist das beste Werkzeug“, lautete das Motto der Internationalen Handwerksmesse (IHM) in diesem Jahr. Rund 130.000 Messebesucher kamen zur Publikumsmesse, um sich bei rund 1.000 Ausstellern in 60 Gewerken über deren Produkte zu informieren. Petra Keidel-Landsee sprach mit einigen Ausstellern der Metallbaubranche.

Es hört sich an wie ein Pistolenknall. Interessiert drehen sich die Besucher um, wenn Oliver Pohlus, Vertriebsleiter der Firma Heinz Soyer Bolzenschweißtechnik, demonstriert, wie mit dem tragbaren Bolzenschweißgerät sogar problemlos über Kopf gearbeitet werden kann. Der mehrfach preisgekrönte Zulieferbetrieb für Metallbau aus Wörthsee (Oberbayern) ist seit 45 Jahren auf der IHM präsent. In den vergangenen Jahren allerdings weniger zur Kundenakquise denn zur Imagepflege, wie Michael Schott berichtet. Er ist bei Soyer mitverantwortlich für Marketing und Messeauftritte. Auf dem rund 30 m² großen Stand sind mehrere Geräte und die dazugehörigen Schweißelemente für Vorführungen ausgestellt, u.a. der innovative Soyer Schweißbolzen HZ-1 in hochfester Ausführung, der zahlreiche Schweißbolzentypen auf dem Markt ersetzen kann. Zudem sind Geräte für Magnetfeld-Bolzenschweißen (SRM) sowie für Bolzenschweißen mit Spitzenzündung samt Verbrauchsmaterial vor Ort. Der Branchenzulieferer bewirbt die Veranstaltung.

Vor der Messe verschickt die Firma gezielt Einladungen. Am Stand liegen Flyer und Werbematerialien aus, die jedoch immer weniger nachgefragt werden. „Vor allem Besucher aus dem Ausland verlangen gezielt nach unserem QR-Code“, so Schott. In den letzten Jahren habe sich die IHM jedoch gewandelt. Als eine Mischung zwischen Basar und Dult sieht Schott die Messe mittlerweile. „Es kommen kaum noch Fachbesucher wie früher. Aber die Werbung für den Nachwuchs auf der IHM ist recht gut. Die Handwerkskammern und Innungen lassen sich da wirklich was einfallen.“ Die Vorbereitungen zur Messe beginnen ein Jahr zuvor. Der Standaufbau erfolgt seit Jahren mit einem festen Partner. Die Kosten für den Stand, besetzt mit drei bis vier Mitarbeitern, kalkuliert Schott mit rund 1.000 Euro pro m². Er moniert vor allem: „Alles, was mehr ist als eine normale Steckdose, kommt sehr teuer. Für unsere Maschinen benötigen wir mehr Power.“ Neben der IHM ist das Unternehmen, das insgesamt 70 Mitarbeiter beschäftigt, vorwiegend auf Fachmessen präsent.

IHM erreicht Region München sehr gut
Immer wieder umringen Besucherblasen den Stand der Firma Jäckle Schweiß- u. Schneidetechnik aus Bad Waldsee. Vor den Vorführungen lässt der Mitarbeiter die Schutzscheibe hochgleiten und demonstriert dann den neuen „Extractor-Brenner“ mit seiner Absaugung direkt am Lichtbogen. Das schwäbische Familienunternehmen zählt mit seinen rund 70 Mitarbeitern europaweit zu den führenden Herstellern von Schweiß- und Plasma-Schneidegeräten. Elektroingenieur Jürgen Jäckle, der zusammen mit seinem Bruder die Firma führt, ist selbst mit vor Ort und berät die Besucher zu den rund zehn ausgestellten Geräten, vom kompakten InoMIG 350 bis zum ProWIG 500, inklusive Zubehör. „Wir entwickeln und produzieren unsere Geräte in Deutschland und haben intensiv in die DIN EN 1090 investiert. Unsere Produkte sind entsprechend zertifiziert. Das ist ein riesiger Vorteil, dass wir unsere Maschinen hier zeigen können“, freut sich Jürgen Jäckle, der mit seiner Firma zum ersten Mal auf der IHM ist. Zusätzlich zu den deutschen Messen ist das Unternehmen sehr viel auf ausländischen Plattformen vertreten, u. a. in Polen, Dubai, Moskau.
Der Stand auf der IHM beträgt rund 25 m². Geworben wird für die Messe in Fachzeitschriften und mit Einladungen. Die Kosten belaufen sich komplett und umgerechnet auf knapp 1.000 Euro pro m². Am Anfang war es etwas schleppend, so der Firmeninhaber und die handwerkliche Ausrichtung der Messe ist nicht so stark. Aber dieser Trend zeigt sich auch bei anderen Schauen.
Um jedoch noch stärker im Süddeutschen Raum, insbesondere in der Region München, präsent zu sein, haben sie sich bewusst für die IHM entschieden und die Erwartungen sind auch erfüllt worden, sagt der Geschäftsführer: „Wenn ein Gespräch zustande kam, dann war es meistens sehr erfolgversprechend.“

Seine Kreativität und handwerkliches Können zeigt Hans Pertl, Inhaber von „Design in Metall“, bereits zum achten Mal auf der IHM. Zielgruppe sind vor allem Hausbauer oder Immobilienbesitzer. „Dieses Mal habe ich bereits einige interessante Kontakte gehabt. Architekten und Planer werden allerdings immer weniger“, berichtet der Metalldesigner, dessen Firmensitz im oberbayerischen Nussdorf (Landkreis Traunstein) ist. Der Stand ist rund 28 m² groß. Die Gesamtkosten für Standmiete, Auf- und Abbau, Personal und Werbeflyer belaufen sich auf rund 20.000 Euro. Pertl besitzt zwar einen eigenen mobilen Stand, „doch die Aufbaukosten fallen ziemlich ins Gewicht“, so der Geschäftsführer. Vorrangiges Ziel ist für Pertl zuallererst der Aufbau einer guten Vertrauensbasis im Gespräch: „Die Akquise funktioniert hauptsächlich über ein gutes Gespräch. Und dann überzeugen meine Produkte auch ohne Worte.“ Die Heim + Handwerk ist für den Unternehmer, der mit seinen Segmenten Kunstschmiede, Metallbau und Schlosserei außer schwerem Stahlbau so gut wie alle Felder abdeckt, kein Thema. Interessant ist für ihn neben dem russischen immer mehr der chinesische Markt. „Wer dort etwas auf sich hält, investiert in Handarbeit made in Germany, auch wenn es noch so teuer ist.“ Die Teilnahme an Messen in Asien kommt für ihn wegen der hohen Transportkosten allerdings nicht infrage. Dennoch hofft der Firmenchef, auch hier einen Fuß in die Tür zu bekommen. Denn in China plant er, sich zusammen mit anderen deutschen Firmen auf einer gemeinsamen Plattform präsentieren zu können.

Matauschek zum dritten Mal dabei
Ein gutes Gespräch mit Standbesuchern ist für Günther Schoiswohl, Projektleiter bei der Firma Alutechnik Matauschek, oftmals viel mehr wert als eine Adresse. „Rund 50 Kundenkontakte haben wir am Tag. Abschlüsse machen wir hier keine. Aber das ist für uns auch nicht so wichtig. Denn wenn wir die Kunden im Gespräch von unserem Service und unseren Produkten überzeugen können, kommen diese von selbst auf uns zu“, weiß der Projektleiter aus Erfahrung. Das österreichische Unternehmen aus Kapfenberg (Steiermark) ist dieses Jahr bereits das dritte Mal auf der IHM. Es firmiert als Komplettanbieter für Planung, Produktion und Montage für Fenster, Wintergärten, Portale und Fassaden aus Aluminium in Kombination mit Glas. Rund 90 m² misst ihr Stand mit zwei großen Demobauten, einem Wintergarten und einer Orangerie. Gezeigt wird u.a. eine große Hebe- und Schiebetür ohne Rahmen, voll aus Glas. Zudem werden Prospekte verteilt. Die Messekosten beziffert der Projektleiter auf rund 15.000 Euro mit einer Zwei-Mann-Besatzung plus 169 Euro pro m² Standmiete. Allerdings gibt es am Stand kein WLAN, so Schoiswohl. „Wir sind hier nicht die einzigen ausländischen Aussteller, da kommt einiges an Roamingkosten zusammen. Und dieser Service sollte bei den Standgebühren durchaus inklusive sein“, fordert er. Zwar wird die eigentliche Zielgruppe, Architekten, immer weniger, aber im Vergleich zu Messen in Österreich ist die Resonanz immer noch recht gut. Und Bayern ist für das österreichische Unternehmen ein wichtiger Markt, der mit der IHM erreicht wird.

Weniger Kundengespräche als sonst
Sehr skeptisch sieht Karl-Hans Denner die Entwicklung der IHM. Der Chef-Verkäufer von Hornung Metallbau aus dem schwäbischen Horb am Neckar ist bereits seit 16 Jahren auf der IHM. „Früher hatten wir 50 Kundenkontakte pro Tag, davon waren 30 bis 40 Neukunden. Auf dieser Messe kommen wir gerade mal auf zehn.“ Zwar sind die Zahlen bei allen Messen rückläufig, berichtet Denner und resümiert: „Für mich ist die IHM als Handwerksmesse dem Untergang geweiht“. Als Gründe nennt er, den Rückgang an wirklichen Handwerksausstellern sowie den seiner Meinung nach unkoordinierten Hallenbelegungsplan. „Es sind einfach zu viele Mitbewerber auf einem Fleck, und das Sortiment insgesamt stimmt nicht mehr. Die ganze Messe gleicht eher einem Basar und keiner internationalen Handwerksmesse.“ Sehr kritisch sieht er auch das Messemanagement: „Auf einen Beschwerdebrief an die Messegesellschaft im letzten Jahr bei der Heim + Handwerk, auf der wir auch vertreten waren, habe ich nicht einmal eine Antwort bekommen.“
Als Werbematerial dienen dem Unternehmen für Aluminium- und Glaskonstruktionen neben Flyern vor allem die zahlreichen Fotos von Referenzarbeiten an den Wänden des aufgebauten Wintergartens und des rund 30 m² großen Stands. „Wintergärten sowie Terrassenüberdachungen sind sehr individuell, da helfen am besten anschauliche Fotos.“ Die Gesamtkosten für die Messe beziffert Denner auf rund 8.000 Euro. Der Stand ist jeweils mit ein bis zwei Personen besetzt. Neben der IHM ist Hornung Metallbau auch auf anderen Regionalmessen in Süddeutschland vertreten. „Ob wir allerdings nächstes Jahr wieder auf der IHM ausstellen, ist für mich sehr fraglich“, so Firmeninhaber Hornung.

Premiere mit Goldmedaille
Unternehmer Jürgen Stamm war dieses Jahr zum ersten Mal mit einem Stand auf der IHM vertreten. Denn Stamm Metallbau wurde im Rahmen der Plattform „Innovation gewinnt“ zur IHM eingeladen. Sein selbst entwickeltes modulares Geländer- und Zaunsystem erhielt den Bayerischen Staatspreis (siehe Seite 58). Das Portfolio des Metallbauers umfasst neben der Fertigung von Aluminium-Haustüren, Überdachungen mit Sonderanfertigungen, Alu-, Edelstahl-Geländern und -zäunen sowie Bambuszäunen, die gesamte Produktpalette eines klassischen Metallbauers. Messen und Ausstellungen sieht Stamm, der zudem über eine ständige Firmenausstellung (500 m²) in Eppingen-Elsenz (Kraichgau) verfügt, als wichtiges Marketing-Instrument. „Wir sind seit mehr als zwanzig Jahren mit eigenem Stand vorwiegend auf regionalen, zum Teil auch überregionalen Messen, präsent. Hier in München mussten wir nichts für den Stand bezahlen, da wir zur Plattform ­„Innovation gewinnt“, durch das Bundesministerium eingeladen waren. Ich kalkuliere aber sonst bei Messen zwischen 1.000 und 8.000 Euro für Standmiete, Auf- und Abbau, Hotelkosten und Personal“, so der Firmenchef: „Auf der IHM habe ich zwar bisher alle meine großen Maschinen gekauft. Aber ich sehe diese Messe nicht so sehr für uns geeignet. Wir konnten zwar einige Abschlüsse machen. Es überwiegen aber doch vorwiegend die Endverbraucher. Und da wir vor allem regional agieren, finden wir hier nicht unser Zielpublikum“, so Stamm.

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