Lochbleche an der Fassade

Von der Bilddatei zum Muster

Nichts ist unmöglich bei der Gestaltung von Lochblechen. Hersteller und Verarbeiter können Lochbleche in nahezu allen gewünschten Formen, Farben und Lochungen bieten. Das liegt vor allem an der computergesteuerten Umsetzung. Andree Strauss vom Kieler Hersteller Laukien schwärmt: „Sie benötigen nicht einmal eine DXF-Datei, um ein Lochblechmuster herstellen zu können. Unsere Software wandelt eine Bilddatei in ein Lochbild um, nach dem das Muster gestanzt wird.“


An der Technologie hat sich seit es Lochbleche gibt nichts geändert. „Die Stanztechnik ist uralt“, sagt Strauss, „aber die Software erleichtert Bedienung und Programmierung immer mehr, sodass der Prozess für uns immer einfacher und schneller wird.“ Die Bleche werden nach wie vor gestanzt. „Stempel von oben, Matritze von unten – seit Jahr und Tag ist die Technik die gleiche, bestätigt Frank Steuber, Geschäftsführer der AMP Ahltener Metall Produkte in Lehrte – Ahlten. So legen die Hersteller besonderes Augenmerk auf Geschwindigkeit, Flexibilität sowie Termin- und Kapazitätsplanung. Dass immer die neueste Software angewendet wird, versteht sich von selbst.

Diese Selbstverständlichkeiten haben vor allem im Hinblick auf die Globalisierung große Bedeutung. Da steht ein bodenständiges Unternehmen auf einmal in Konkurrenz zu beispielsweise einem chinesischen Marktbegleiter. Jedem ist klar, dass die Lohnkosten in China meist nicht zu unterbieten sind. Daher gilt wie immer die Zauberformel „Innovation plus just in time“. Darüber hinaus gibt es noch einen anderen Schatz in Deutschland: Ingenieursbaukunst. Planungsleistungen sind für die Realisierung von besonderer Bedeutung. Oft werden sie Ingenieurbüros in die Hände gelegt. Viele Hersteller bieten die Planungsleistungen aber auch gleich mit an. Das ist sinnvoll, denn die Schnittstellen zu Architekten und den ausführenden Metallbaubetrieben gleichermaßen zu bedienen, ist eine hohe Kunst und verlangt allen Beteiligten sowohl Know-how als auch Durchhaltevermögen ab.

Durchlüftung
Die Optik oder die Ästhetik eines Baus ist ein wichtiger Impuls, der für eine Lochblechfassade spricht. Ein Blech an der Fassade ist zunächst einmal eine Wärmebrücke und trägt nicht gerade zu den Höchstanforderungen der neuen EnEV bei. Im Prinzip ist eine Lochblechhülle eine Konstruktion, die dahinter zusätzlich Wärme- und Regenwasserschutzhüllen benötigt. Aber! Lochbleche können ebenfalls hervorragend baurechtlich auferlegten Durchlüftungsanforderungen dienen. Immer wieder werden Parkhäuser als Best-practise-Beispiele mit Lochblechfassaden genannt. Denn Parkhäuser haben zwar keine Wärmeschutzanforderungen zu erfüllen, aber sie müssen ausreichend durchlüftet werden. Darüber hinaus soll die Hülle optisch ansprechend sein.

Sonnenschutz
Ein großes Thema ist neben der Lüftung der Sonnenschutz. Architekten folgen häufig dem Gestaltungsprinzip „Aus-einem-Guss“. So braucht es eine Lösung, die das gesamte Bauwerk als ein Ganzes aussehen lässt und dabei gleichzeitig alle Anforderungen an Wärme-, Regen- und Sonnenschutz erfüllt.  Dafür leistet das Lochblech beste Dienste. Jemand, der beispielsweise seinen Schreibtisch direkt hinter der Fassade stehen hat, kann durch die Lochungen prima hindurchsehen und wird dabei gleichermaßen vor der direkten Sonneneinstrahlung geschützt.
Dieses Phänomen hat sich beispielsweise der Automobilhersteller Audi für seine Autohäuser, den sogenannten „Audi Terminals“ zu eigen gemacht. Einer Unternehmens-CI folgend (CI steht für „corporate identity“, was bedeutet, dass alle Autohäuser dieselbe optische Anmutung haben müssen) sehen alle Audi Terminals weltweit gleich aus. In diesem Falle haben alle eine Lochblechfassade. Der saarländische Hersteller Dillinger Fabrik gelochter Bleche hat für Audi bereits zahlreiche Lochbleche hergestellt und geliefert. „Die große Kunst bei diesen Projekten ist vor allem, die strengen Auflagen der CI einzuhalten“, sagt der Vertriebsleiter Andreas Poss. „Bei solchen Projekten ist ganz genau vorgeschrieben, welche Eloxalqualität zu liefern ist, dass die Farben gleich sein müssen, und dass in diesem Fall eine spezielle Aluminiumlegierung verwendet werden muss.“ Aber auch, wenn die Fassade nicht „Wie-aus-einem-Guss“ entworfen wurde, ist das Thema Sonnenschutz nicht zu vernachlässigen. Auch hier gibt es Beispiele von einzelnen Modulen, die als Sonnenschutzelemente realisiert worden sind.

Herausforderungen für den Monteur
Die Monteure der Lochblechmodule haben meist eine fachspezifische Ausbildung zum Fassadenbauer, weil es um Genauigkeit und Sorgfalt geht. Auf die Frage nach den Besonderheiten bei der Montage antwortet Matthias Rolli, Inhaber von Rolli Metallbau in Speyer: „Wir müssen darauf achten, dass die Unterkonstruktionen flucht- und lotgerecht sind und darauf vertrauen, dass die Planung passgenau ist.“ Bei kleineren Maßtoleranzen zwischen Unterkonstruktion und Paneelen ist darauf zu achten, dass die vertikalen und horizontalen Fugenausbildungen aufgenommen werden und Toleranzen z.B. auf mehrere Fugen verteilt werden. Oft wird vor der Montage durch einen Vermesser die Maßhaltigkeit geprüft. Bei unterschiedlichen Materialausdehnungen sind die Paneele mit einer sogenannten „Langlochschere“ zu stanzen. Diese Löcher sollten dann einen etwas größeren Durchmesser als das Verbindungsmittel haben.
Bei Projekten mit hohen Stückzahlen an Lochblechen sind die wichtigsten Themen Farbigkeit, Logistik, Transport und Abstimmung untereinander. Der Fassadenbauer muss die Teile so geliefert bekommen, dass sowohl die Farben der einzelnen Fassadenmodule aufeinander abgestimmt sind, als auch gemäß Reihenfolge des Fertigungs- und Terminplans das jeweils richtige Bauteil zur richtigen Zeit an Ort und Stelle ist. „Der Fassadenbauer soll ja vor Ort nicht erst zu puzzeln anfangen“, sagt Poss. Generell ist die Lochblechfassade als vorgehängtes Element zu betrachten. Der Zeitpunkt der Montage ist von daher etwas flexibler als bei nicht vorgehängten Systemen. In Kombination mit z.B. Thermowandelementen sind vorgehängte Fassaden dann wiederum kostengünstiger im Vergleich zu aufwändig hinterlüfteten Fassaden. Und später bei der Wartung, kann der Austausch von beschädigten Blechen recht einfach und schnell erfolgen.

Korrosionsschutz
Wenn von „Farbe“ die Rede ist, geht es beim gestanzten Lochblech immer auch um das Thema Korrosionsschutz. In der Regel werden die Bleche als Rohware in einen weiterverarbeitenden Betrieb geliefert. Etwa 90 % der Lochbleche sind gestanzte Trapezbleche aus Stahl mit einem Teilkorrosionsschutz. Einen kleineren Anteil machen z.B. Verbundplatten aus Alucobond aus. Meistens wird also ein endbeschichteter Coil – eine Stahlrolle – weiterbearbeitet.
Die Beschichtung nach dem Coil-coating-Verfahren ist nach der Stanzung an der Schnittstelle nicht mehr vorhanden. „Meistens belässt man diesen Zustand so, weil eine mögliche Weiterbehandlung den Aufpreis nicht rechtfertigt“, sagt Felix Eitle. Der Geschäftsführer von Dieter Eitle im bayerischen Neu-Ulm, weist auf die Besonderheiten der Farben hin: „Bei Rot- und Blautönen sieht man den Unterschied stärker, wenn das Material rostet.“ Eine Alternative zu den Coils sind gekantete Platten als Rohmaterial. „Diese können prinzipiell nach der Lochung noch zum Beschichten gegeben werden“, sagt Eitle und fügt hinzu, „dieses Verfahren treibt den Preis“. Zudem gibt er zu bedenken: „Kathodische Verschließungen der Schnittkanten sind nur bei Materialstärken von 0,75 bis maximal 1,0 Millimetern möglich. Stärken von drei bis vier Millimetern sind an dieser Stelle außen vor.“ 

Unterkonstruktionen
Eitle nennt als Besonderheit bei der Montage die Unterkonstruktionen. „Diese sollten eigentlich niemals sichtbar sein.“ Entscheidend ist die korrekte Wahl der Verbindungsmittel. Darüber hinaus müssen Lochbleche oft vor Dämmstoffen montiert werden, die dann gelb oder grün hervorschimmern würden. „Die Dämmungshersteller bieten für solche Fälle schwarze Vlieskaschierungen an, die auf der Dämmung fixiert werden können. „Wenn ein Bau richtig geplant ist, wird man eine Unterkonstruktion aber nicht sehen“, sagt Eitle.
Bauphysikalische Eigenheiten müssen ebenfalls bei der Planung berücksichtigt werden. Der Vorteil von Lochblechen in puncto Durchlüftung kann nämlich  im Zweifel zum Nachteil werden, etwa wenn die Windlasten zu stark sind. „Sicherlich ist das Thema der Durchlüftung ein Vorteil“, bestätigt Eitle, „aber man muss beachten, dass die Fassade ständig der Witterung ausgesetzt ist. Deshalb sollten von Haus aus höhere Stufen an Dichtungsbändern verwendet werden.“ Eitle nennt eine Möglichkeit, wie das Wetter außerdem ferngehalten werden kann. „Es gibt atmungsaktive Unterspannbahnen, die auf die Wärmedämmung aufgesetzt werden, quasi wie eine Funktionsjacke.“ 

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