Interview zum Orbitalschweißen

M. Schaffitz, Wolfram Industrie

„Die Qualität der Wolframelektroden ist entscheidend.“

Orbitalschweißen wird vorzugsweise dort angewendet, wo gleichbleibend hohe Nahtqualitäten an runden Bauteilen erforderlich sind. Beispielsweise im Rohrleitungs- und Pipelinebau. Es ist häufig einer der letzten Arbeitsschritte an meist kostenintensiven Komponenten, Schweißverfahren sind Wolfram-Inertgas (WIG) oder Metall-Schutzgas (MSG). Für perfekte Schweißnähte wurden in der Vergangenheit bevorzugt die Schweißgeräte und -prozesse optimiert, nun rücken verstärkt auch die Wolframelektroden in den Fokus. Mit Aufbau, Anschliff und Legierung haben sie ebenfalls einen erheblichen Einfluss auf die Nahtqualität. Matthias Schaffitz, Anwendungstechniker für Schweißverfahren bei Wolfram Industrie, erläutert die Unterstützung für Metallbauer im Pre- und After-Sales-Bereich.

metallbau: Welchen Einfluss haben Wolframelektroden auf das Schweißergebnis?

Matthias Schaffitz: Der Elektrodenaufbau, die Zusammensetzung der Legierung und der Anschliffwinkel haben einen ganz erheblichen Einfluss, was allerdings jahrelang wenig beachtet wurde. Dabei geht es auch um die Kompatibilität zwischen verschiedenen Elektrodenlegierungen und Schweißgasgemischen.

metallbau: Welche Unterscheide gibt es bei den Elektroden?

Schaffitz: Beim Lichtbogenschweißen gilt Wolfram wegen seines hohen Schmelzpunktes als idealer Elektrodenwerkstoff. Durch Zumischung bzw. Dotierung von Metalloxiden zum reinen Wolfram können das Verhalten der Elektroden und ihre Standzeit beeinflusst werden. Dotiert wurde früher häufig mit Thorium, zeitgemäße Werkstoffe übertreffen die genormten Standardlegierungen durch ein auf die Applikation angepasstes Mehrstoffsystem. In der über 100-jährigen Geschichte unseres Unternehmens haben wir einen großen Erfahrungsschatz gesammelt, der direkt in die Produktentwicklung einfließt.

metallbau: Was bedeutet das für den Schweißer?

Schaffitz: Bereits im Vorfeld können wir die Wolframelektrode für die geplanten Einsatzbedingungen optimieren. Wir evaluieren nicht nur den Schweißprozess, sondern auch die zu fügenden Bauteile und prüfen hierbei die Eignung auf Prozessstabilität. Hierbei kommen modernste Analyseverfahren wie zum Beispiel Röntgenspektroskopie und hochauflösende Metallographie zum Einsatz.

metallbau: Und im Nachgang?

Schaffitz: Unsere Tätigkeit endet insbesondere bei kritischen Applikationen nicht mit der Auslieferung des Produkts. Wir unterstützen beispielsweise bei der Auswertung von Produktionsergebnissen und können dadurch die Prozesse gemeinsam mit dem Anwender weiter verfeinern.

metallbau: Worin besteht denn der Unterschied zu selbst nachgeschliffenen Elektroden?

Schaffitz: Größer könnte der Unterschied nicht sein! Abgesehen davon, dass die wenigsten Schweißer Elektroden gern selbst nachschleifen, kommt in Bezug auf Qualität und Wirtschaftlichkeit nichts an unseren kundenspezifischen Nachschleifservice heran. Mit üblicher Schleiftechnik ist es kaum möglich, gratfreie und reproduzierbare Spitzengeometrien herzustellen. So wird sehr umständlich Zeit verwendet, um Elektroden zu schleifen, welche einem direkten Vergleich nicht standhalten können. Hier sind wir überzeugt, den Stand der Technik ändern zu können.

metallbau: Kann man die Elektroden einfach zurücksenden?

Schaffitz: Im Prinzip ja, so einfach ist es. Wer unseren Service in Anspruch nimmt, erhält von Wolfram Industrie im Kreislaufsystem einen Koffer mit vorab definierter Bestückung an Wolframelektroden. Sind sie aufgebraucht, werden sie zurückgeschickt. Sollte eine Elektrode nicht mehr nachgeschliffen werden können, wird das Wolfram recycled. So ist auch ein nachhaltiger Umgang mit dem sehr teuren Werkstoff gewährleistet.

metallbau: Wo kann der Metallbauer die Elektroden kaufen?

Schaffitz: Wolfram Industrie ist Systempartner rund um den Bereich Wolframelektroden. Dadurch ist ein Direktbezug jederzeit möglich. Als Hersteller ab Pulver können wir zudem auf sämtliche Kundenbedürfnisse Rücksicht nehmen.

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