Marktchance Sicherheit

Einbruchhemmende Bauteile im Trend

Das Segment einbruchhemmende Bauteile floriert. Das Institut für Fenstertechnik nahm die Rosenheimer Fenstertage zum Anlass, den aktuellen Markt von zwei Experten beschreiben zu lassen: von Dipl.-Ing. (FH) Josef Moosreiner, der am   Bayerischen Landeskriminalamt München Verbraucher in Sachen Sicherheitstechnik berät, und ift Mitarbeiter Jens Pickelmann.


Die Einbruchszahlen steigen bundesweit. Wer die statistischen Zahlen nicht vor sich hat, dem sind vielleicht die zahlreichen Themenseiten und Berichte in der Tageszeitung und im Fernsehen aufgefallen. Seit dem letzten Herbst ist der Wohnungseinbruch, und was man dagegen tun kann, „Topthema“. Die kriminalpolizeilichen Beratungsstellen kommen mit der Vergabe von Beratungsterminen nicht mehr hinterher, Fachfirmen in der Nachrüstung (die auf den polizeilichen Errichternachweisen benannt werden) schaffen es nicht, Anfragen halbwegs zeitnah zu bearbeiten und Angebote zu erstellen. Discounter mit einem guten Gespür für Trends bieten inzwischen geprüfte und zertifizierte Nachrüstsicherungen in ihren Onlineshops an. Das sind genau die Produkte, die auch auf dem polizeilichen Herstellerverzeichnis „Geprüfte und zertifizierte einbruchhemmende Nachrüstprodukte“ gelistet sind. Die Produkte sind also die richtigen, nur kennt kein Heimwerker die DIN 18104-1 und die Einsatzempfehlungen der Norm. Diese besagen, dass pro Meter Fensterlänge eine Sicherung montiert werden sollte, also bei einem durchschnittlichen Fenster vier Sicherungen. Der Selbermacher wird stolz sein, wenn er eine einzige Sicherung montieren konnte und wiegt sich fälschlicherweise in Sicherheit. Besser wäre es, Sicherheit von Anfang an, also geprüfte einbruchhemmende Fenster anzubieten. Dazu ist offensichtlich ein Teil der Fensterbauer derzeit noch nicht in der Lage, oder der Vertrieb schafft es nicht, das erklärungsbedürftige Thema Einbruchschutz in der Beratung gut zu vermitteln.

Regionale Unterschiede

Ratsuchende Bürger möchten Einbruchschutz und sind froh über die polizeilichen Herstellerverzeichnisse für geprüfte und zertifizierte einbruchhemmende Fenster und Türen (z.B. unter www.k-einbruch.de). Allerdings lassen sich viele erst beraten, nachdem die neuen „Standardfenster“ eingebaut wurden und sind mitunter schwer enttäuscht, dass ihre dichtschließenden Fenster nicht automatisch „dicht“ gegen Einbrecher sind.
Auch wenn nicht jeder Kunde am Einbruchschutz interessiert ist, sollte er selbst entscheiden dürfen, ob er diese Zusatzeigenschaft haben möchte. In Oberbayern kann es aktuell noch passieren, dass Immobilienkäufer beim Bauträger „abblitzen“, weil der zuliefernde Fensterbauer kein Interesse an einbruchhemmenden Konstruktionen hat oder dazu nicht in der Lage ist. Der Käufer muss sich zu einem Zeitpunkt, an dem noch nicht einmal die Baugrube ausgehoben ist, bereits damit trösten, dass man die neuen Fenster dann ja auch noch nachrüsten kann. Im Norden, z.B. in Niedersachsen, kommen Wohnungsbaugesellschaften bereits auf die Polizei zu, um sich zu informieren, wie Wohnungen und Häuser durch Einbruchschutz aufgewertet werden können, um die Verkaufschancen zu erhöhen.

RC 2 kann jeder Hersteller anbieten

Die aktuellen Trends bei den Einbruchzahlen müssen sich fortsetzen in einem Trend zum Einbruchschutz an der wirksamsten Stelle: beim Fensterbauer. Einbruchhemmende Fenster der Widerstandsklasse RC 2 nach DIN EN 1627 sollte jeder Hersteller im Angebot haben. Bereits heute werden über 40 % der Einbruchversuche durch mechanische Sicherungen verhindert. Nun gilt es eben diese Zahlen zu erhöhen, um dem Bürger mehr Sicherheit zu geben. Auch dem Fensterbauer, der bisher der Meinung war, der Prüfaufwand und alles, was damit zusammenhängt, wären für den eigenen Betrieb zu teuer oder zu aufwändig, kann geholfen werden. Es gibt verschiedene Wege, die zum geprüften einbruchhemmenden Element führen.

Zum geprüften, zertifizierten Fenster

Die Einbruchhemmung von Fenstern und Außentüren ist im Absatz 4.23 der Produktnorm EN 14351-1 geregelt und verweist für die Prüfung und Klassifizierung der Widerstandsklassen auf die Normenreihe DIN EN 1627 bis DIN EN 1630. Bei öffentlichen Ausschreibungen ist die Wider-standsklasse RC 2 nahezu zum Standard geworden, und höhere Widerstandsklassen sind keine Seltenheit mehr.
Viele Hersteller lassen ihre Systeme prüfen, um einen eigenen Nachweis für die gewünschten Widerstandsklassen zu erhalten und sich somit besser am Markt platzieren zu können. Aber auch Systemhäuser, Profil- und Beschlaghersteller haben schon vor Jahren auf diese Entwicklung reagiert und können ihrem Kunden ein meist breites Portfolio von Systemprüfungen bieten. Der Fensterbauer kann somit in Lizenz die Systemmappen als Nachweis des Beschlagherstellers nutzen und auf Basis dieser Unterlagen geprüfte einbruchhemmende Fenster produzieren.
Die Produktion einbruchhemmender Fenster und Türen erfordert sehr viel Fachwissen. Spricht man über Sicherungstechnik, die Einbrüche verhindert hat, muss man auch auf das „Versagen“ dieser Technik aufgrund unsachgemäßer Verarbeitung achten. Beispielsweise wurden Pilzkopfverriegelungen überwunden, weil diese mit einer unzureichenden Anzahl von Pilzkopfzapfen versehen oder falsch montiert waren. Daher folgt mit dem Lizenzvertrag im Normalfall eine entsprechende Unterweisung.
Produkte und Hersteller mit hoher Qualität können sich deshalb auch zertifizieren lassen und werden regelmäßig durch eine hierfür autorisierte Prüfstelle überwacht. Zertifizierte Produkte sind an einem Kennzeichnungsschild erkennbar, das wichtige Informationen enthält. Die zertifizierten Produkte und Hersteller werden in die Herstellerlisten der Landeskriminalämter aufgenommen, die bei ihrer kostenlosen Beratung von Planern und Bauherren auf die Hersteller und Errichter verweisen, die in diesen Listen aufgeführt werden.
Die Nachfrage nach zertifizierten Produkten ist aus den beschriebenen Gründen sehr hoch und wird immer häufiger ebenfalls als Mindestanforderung ausgeschrieben. Aktuell steigt auch die Nachfrage nach „zertifizierten Fachbetrieben für mechanische Sicherheitseinrichtungen“, um die fachgerechte Montage dieser Bauteile sicherzustellen und die Sicherungskette durch den richtigen Einbau zu schließen.
Die im Rahmen der Zertifizierung erforderliche Überprüfung von durchgeführten Maßnahmen an unterschiedlichen Objekten stellt sicher, dass die erstellten Sicherheitskonzepte hinsichtlich Angebotsphase, Planung und Konzeption sowie der Umsetzung auch entsprechend den zugrundeliegenden Normen und Unterlagen durchgeführt wurden. Durch diesen zusätzlichen Nachweis können sich die Betriebe ebenfalls vom Mitbewerber abheben und ihre Position am Markt festigen.

Fazit

Der Einsatz von einbruchhemmenden Bauteilen und deren Komponenten gewinnt zunehmend an Bedeutung und wird allmählich zur Mindestanforderung. Diese Tatsache stellt zwar eine gewisse Herausforderung bei der Umsetzung, vor allem aber eine große Chance auf dem Markt dar. Durch eine fachkundige Beratung hinterlässt der Anbieter nicht nur einen professionellen Eindruck beim Kunden, sondern erhält mitunter einen lukrativeren Auftrag.
Viele Bürger denken bei neuen Fenstern nicht speziell an einen Schutz gegen Aufhebeln, zum Teil gehen sie bei neuen Bauteilen auch prinzipiell von dieser Eigenschaft aus. Sollte es bei Standardprodukten zum Einbruch kommen, muss sich der Fensterbauer zum einen vor seinem Kunden verantworten, zum anderen steht dann die Einbruchhemmung an vorderster Stelle. Geplante Mandatsänderungen geben Ausblick auf zukünftige Schwerpunkte der Sicherheit, die auch die Einbruchhemmung berücksichtigt. Durch diesen Aspekt wird die Ausführung von einbruchhemmenden Bauteilen noch mehr „Wind in die Segel“ bekommen. Selbst die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) reagiert auf die steigende Zahl von Wohnungseinbrüchen und integriert den Einsatz von einbruchhemmenden Bauteilen in ihre Förderprogramme.

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