Saubere Luft in der Werkstatt

Metallbauer optimieren Anlagen

Auch in der Metallwerkstatt gilt grundsätzlich: Die Luft zum Atmen muss genau so gut sein wie die Frischluft von draußen. Doch dort, wo geschweißt und geschliffen wird, wo man mit toxischen Lacken und staubenden Metallen arbeitet, kann das zur echten Herausforderung werden. Wie hält man also die Luft so sauber, dass die Arbeiter sie bedenkenlos einatmen können?

In vielen Betrieben beginnt der Schutz vor Gefahrenstoffen damit, dass die Mitarbeiter mit Atemmasken ausgestattet werden. „Doch das ist falsch“, sagt Volker Ohlig von der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM). Tatsächlich steht der Personenschutz erst an letzter Stelle der Maßnahmen für eine saubere Luft. An erster Stelle steht die Substitution, also der Austausch von gefährlichen Produkten oder Zusätzen bzw. der Umstieg auf ein anderes Schweißverfahren. Die Möglichkeiten hier einzuwirken, sind jedoch begrenzt. Oft wird die Wahl des Verfahrens durch die technische Ausstattung der Werkstatt bestimmt. Welche Materialien und Zusatzstoffe eingesetzt werden, definiert meist der Auftrag.

Technik für Schweißanlagen
Für die Absaugtechnik ist es entscheidend, dass sie die Gefahrstoffe im Entstehungsbereich aufnimmt. Idealerweise nicht mehr als 30 Zentimeter von der Quelle entfernt. Eine Schlüsselrolle kommt dabei den richtigen Absaugarmen zu. Sie müssen leicht und flexibel sein. Das führt zu einer erhöhten Akzeptanz beim Schweißer. Absaugarme oder –hauben müssen so platziert werden, dass der Rauchkegel nicht in den Atembereich des Bedieners gelangt.

Mittlerweile gibt es sogar Geräte, die die Absaugung ins Brennergerät integrieren. Vergleichbar mit dem Tankrüssel, der ja nicht nur Benzin ausspuckt, sondern auch Gase einsaugt. Beim Schweißen gibt es da aber ein anderes Problem. „Die Unternehmen fürchten, dass beim Absaugen das Schutzgas für die Schweißnaht mit eingesaugt wird“, sagt Alexander Lenfers von Kemper aus dem westfälischen Vreden.

Am weitesten verbreitet ist daher die Niedrigvakuum-Punktabsaugung. Hier wird der Rauch in einem Abstand von 30 bis 40 Zentimetern aufgesogen. Wichtig ist jedoch, dass der Absaugarm immer mitgeführt wird, wenn etwa längere Werkstücke bearbeitet werden. „Das ist nicht immer ganz einfach“, sagt der Unternehmer Michael Martin von Quadrus Metalltechnik. Denn den Arbeitern fehlt oft die Motivation. Martin setzt daher in seiner Werkstatt auch eine kraftvolle Raumlüftung ein.

Dabei gibt es Absaugarme mittlerweile in Längen von bis zu zehn Metern. Waren ältere Modelle noch sperrig und mussten mit beiden Händen kräftig justiert werden, ist die moderne Technik einen Schritt weiter. „Das geht bei unseren Geräten mit einer Hand“, sagt Lenfers.

Kemper hat sogar noch ein kleines Gimmick eingebaut, dass den Benutzer dazu motiviert, den Absaugrüssel immer mitzuführen. „In den Absaugarm ist ein Arbeitslicht integriert“, erklärt Lenfers. So werden sauberes Schweißen und gute Sicht miteinander verknüpft.

Dass Michael Martin jetzt schnell umrüstet, ist aber eher unwahrscheinlich. Denn die Systeme sind nicht billig: „Wir haben 110.000 Euro in die Anlage investiert“, erinnert sich Martin. Vor drei Jahren wurde die erste Baustufe angeschafft, vor zwei Jahren erweitert. Das sind jedoch industrielle Multi-Anlagen. „Einfache mobile Geräte gibt es schon ab etwa 1.000 Euro“, sagt Alexander Lenfers.

Für Filterwechsel und die jährliche Wartung rechnet Martin noch mal rund 8.500 Euro pro Jahr ein. Direktluftabsaugung setzt er vorerst nur an den Schweißrobotern ein, wo das Werkstück immer an derselben Stelle bearbeitet wird. Der Sammelbehälter für den gesammelten Schweißrauch muss einmal wöchentlich geleert werden. „Das ist aber kein großer Aufwand“, so Martin weiter. In seinem Betrieb im oberpfälzischen Schmidgaden arbeiten rund 230 Menschen, zwei Drittel davon in der Fertigung.

Wer in einer Werkstatt schweißen lässt, sollte davon ausgehen, dass dabei auch gefährliche Stoffe freigesetzt werden. Feinstaub hat Partikelgrößen von weniger als 10 µm. Heute werden diese Fraktionen als alveolengängig bezeichnet. Das heißt, dass sie in den Atemwegen bis zu den Lungenbläschen, den Alveolen, vordringen und sich dort festsetzen können. Noch tückischer sind die ultrafeinen Stäube mit Partikelgrößen von weniger als 1 µm. Laut einer Studie der BGHM sind 99 % des Schweißrauchs ultrafeiner Staub mit Partikelgrößen deutlich kleiner als 0,4 µm. Und wenn der Rauch Chrom-Nickel-Verbindungen enthält, so ist er nachweislich krebserzeugend. Sorgfalt ist hier also oberste Pflicht.

2014 wurde der zulässige Grenzwert für die Staubkonzentration in der Atemluft auf 1,25 mg/m³ mehr als halbiert. „Das unterstreicht die große Bedeutung von effektiven Absaug- und Filterlösungen“, sagt Björn Kemper. Der Geschäftsführer des Absaugspezialisten Kemper unterstützt den Metallbau bei sauberen Lösungen für den Betrieb. Für ihn liegt ein Schlüssel im Einsatz effizienter Technik im richtigen Filtersystem. „Nur mit effizienten Filtern erzielen Unternehmer einen wirkungsvollen und nachhaltigen Gesundheitsschutz ihrer Mitarbeiter.“

Filter für die Plasmaanlage
Auch Rainer Bach nimmt den Arbeitsschutz ernst. Der Geschäftsführer des niedersächsischen Schweißtechnikers Conferdo hat gerade in eine neue multifunktionale Plasmaschneidanlage investiert. „Damit können wir ein breites Spektrum an unterschiedlichsten Aufgaben abdecken.“ Das Unternehmen aus Esterwegen im Emsland ist unter anderem ein Zulieferer der Windkraftindustrie und stellt Bauteile für riesige Offshore-Anlagen her.

Die Plasmaschneidanlage bedarf einer ausgefeilten Absaugtechnik. Denn beim Plasmaschneiden wird in der Regel eine hohe Menge partikelförmiger Stoffe freigesetzt. Und die saubere Luft ist nicht nur für den Schutz der Mitarbeiter unumgänglich. Sie gewährleistet auch die einwandfreie Güte der Bauteile. „Im Zuschnittzentrum sind Genauigkeit und Sauberkeit gefragt“, sagt Bach. Er hat deshalb neben der Schneidanlage auch in eine Absaug- und Filteranlage der Baureihe ZPF 9 H von Teka investiert.

Der Plasmatisch bei Conferdo verfügt über eine sektionale, energiesparende Untertischabsaugung. Über die gesamte Tischlänge hinweg sind in gleichmäßigen Abständen Absaugkanäle angebracht, die sich unterhalb der Werkstückauflage befinden. Sie werden nur dort aktiviert, wo tatsächlich Rauch frei wird. Die schadstoffhaltige Luft wird über eine Rohrleitung zu einem Funkenvorabscheider geführt, der glühende Teilchen abscheidet. Die Filterpatronen der Staubklasse M scheiden selbst feine Stäube zu mehr als 99,9 % ab. Aufgrund der speziellen Geometrie der Filterpatronen lassen sich Partikel unter Einsatz von wenig Druckluft effektiv und schonend abreinigen.

Die Filter arbeiten so effektiv, dass die gereinigte Luft in den Raum zurückströmen kann. Bis zu 10.000 m³ saubere Luft strömen so über einen neun Meter langen, textilen Luftauslass zurück in die Halle – gleichmäßig und geräuscharm. „Wir haben ein System erhalten, das perfekt aufeinander abgestimmt und bestens auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten ist“, lobt Bach.

Je nach Kosten arbeiten die Absauggeräte automatisch. Das heißt, sie sind mit der Schweißmaschine vernetzt und schalten sich ein, wenn geschweißt wird. „Bei uns werden die Sauger noch vom Werker nach Bedarf eingeschaltet“, sagt Marion Welkener vom Metallbauer Gla-Wel aus Melle in Nordrhein-Westfalen. Wichtig ist, dass die Geräte nicht sofort nach dem Schweißen ausgehen. Denn der schädliche Rauch hängt dann ja noch in der Luft. „Die Nachlaufzeit lässt sich variieren“, erklärt Lenfers.

Gla-Wel hat 2014 rund 65.000 Euro in die 14 stationären Absauganlagen investiert. „Laufende Betriebskosten werden derzeit noch nicht ermittelt“, sagt Welkener. „Aber 2016 soll das durch ein Condition-Monitoring erhoben werden.“ Für vollkommene Transparenz auch in der Luftreinigung. Bei Gla-Wel arbeiten stationäre Patronenfilteranlagen des Herstellers Teka. Einmal jährlich wird die Anlage auf Herz und Nieren geprüft. So ist sichergestellt, dass die Technik auch die Leistung abliefert, für die sie eingekauft wurde. Der Staubsammelbehälter wird wöchentlich geleert. Internes Personal prüft einmal im Monat, ob noch alles funktioniert. Dafür wurden vorab spezielle Schulungen absolviert.

Bleibt die Frage, wie der partikelfeine Staub aus der Saugmaschine entsorgt wird. Manche Hersteller bieten mittlerweile ein System von Kartuschen. Andere arbeiten mit Säcken, die unter die Maschine gespannt und dort dann auch versiegelt werden. „Es bringt ja nichts, wenn man den Staub beim Wechseln der Filter oder Ausleeren des Behälters dann in der Fabrik verteilt“, so Lenfers. Kemper setzt auf Kartuschen. Diese sind außen an der Saugmaschine angebracht und mit wenigen Handgriffen ausgewechselt. „Früher hat man hier eigentlich in Schutzmontur arbeiten müssen. Heute geht es in wenigen ­Minuten.“

Fazit
Verbesserungsvorschläge bringt Michael Martin keine mit. „Die Anlage funktioniert gut und zuverlässig.“ Nur Marion Welkener hat eine kleine Anregung: „Man könnte sicher bessere Abluft-Schalldämpfer konzipieren“, sagt sie. Die Lüftung sei doch etwas laut.

Auch Rainer Bach von Conferdo ist sehr zufrieden: „Wir haben ein System erhalten, dass perfekt aufeinander abgestimmt und bestens auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten ist. Darüber hinaus wies es auch noch das beste Preis-Leistungsverhältnis auf.“

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