„Teils gravierende Schäden“

Im Gespräch: Frederik Karsten von der HWK Chemnitz

Beim Hochwasser im Sommer 2013 war u.a. das Gebiet der Handwerkskammer Chemnitz stark betroffen. Im Gespräch mit Magnus Hilger berichtet Hauptgeschäftsführer Frederik Karsten über die Folgen und Hilfsmaßnahmen für Handwerksbetriebe.

metallbau: Wie viele handwerkliche Unternehmen waren in Ihrer Region betroffen?

Frederik Karsten: Beim Juni-Hochwasser waren im Bezirk der Handwerkskammer Chemnitz (Chemnitz, Mittelsachsen, Erzgebirge, Vogtland, Zwickau) 198 Betriebe betroffen. Darunter waren auch zehn Metallbauer. Wir haben hierbei allerdings nur die Handwerksunternehmen erfasst, die sich auf unsere umfangreichen Kontaktanfragen und Hilfsangebote zurückgemeldet haben.

metallbau: Wie schlimm waren die Auswirkungen im Vergleich zu den vergangenen Jahren?

Karsten: Unter den Mitgliedsbetrieben der Handwerkskammer Chemnitz hat es im Vergleich zu 2002 nur halb so viele Betriebe betroffen. Das spiegelt sich allerdings nicht im Schadensbild wieder. Hier gehen wir von etwa der gleichen, evtl. sogar leicht höheren, Schadenssumme von rund 6,2 Millionen Euro aus. Eine abschließende Aussage dazu lässt sich nicht treffen, da die Begutachtung der Schäden durch die Sachverständigen noch nicht abgeschlossen ist.

metallbau: Welche Folgen hat die Flut für die betroffenen Betriebe?

Karsten: Für viele Betriebe führte das Hochwasser zu einem vollständigen Produktionsstopp. Manche sind immer noch nicht wieder arbeitsbereit, da die Schäden an Betriebsgebäuden und Maschinen so gravierend sind, dass sich die Aufnahme der regulären Betriebsstätigkeit weiter verzögern wird. Erschwerend kam für manche Betriebe hinzu, dass die Wasserstände, wie zum Beispiel in Penig, mit einer derartigen Geschwindigkeit anstiegen, dass oftmals nur wenig gerettet werden konnte.

metallbau: Gibt es Unterstützung für die betroffenen Betriebe?

Karsten: Die Handwerkskammer Chemnitz hat ihren Mitgliedern ein umfassendes Hilfsangebot zur Verfügung gestellt. Es beinhaltete ausführliche Informationen über die Hilfsprogramme des Landes und den direkten Kontakt unserer Berater mit den betroffenen Betrieben. Diese unterstützten die Unternehmer bei Anträgen auf Soforthilfe, Kurzarbeitergeld und gegenüber den Banken im Umgang mit den Verbindlichkeiten bei laufenden Darlehen und Krediten. Die Handwerkskammer hat auch ein Spendenkonto eingerichtet. Die eingegangenen Spenden wurden zwischenzeitlich nach Priorisierung an betroffene Betriebe übergeben. Das Land hat mit der raschen Erstellung der Richtlinie Hochwasserschäden 2013 die Basis geschaffen, den Betrieben schnell zu helfen und die Beseitigung der Schäden mit bis zu 80 % zu bezuschussen. Auch hier leisten die Berater der HWK Unterstützung beim Ausfüllen der Anträge oder bei der Erstellung von Gutachten zum Zeitwert von beschädigten Maschinen. Bezüglich der Unterstützung von Seiten der Versicherungen gibt es von den Betrieben, die über eine entsprechende Elementarversicherung verfügen, durchaus positive Rückmeldungen. Andererseits wurde vielen Betrieben, die bereits 2002 betroffen waren, diese Elementarversicherung gekündigt.

metallbau: Gibt es für die Betriebe Möglichkeiten, sich vor den Überflutungen zu schützen oder zumindest Schäden zu begrenzen?

Karsten: Viele Erfahrungen, die Betriebe bei Hochwasser in der Vergangenheit gesammelt hatten, wurden, oftmals in finanzieller Eigenleistung, umgesetzt. Bei diesen Betrieben fielen die Hochwasserschäden entsprechend auch geringer aus und die Aufnahme des Alltagsgeschäfts konnte schnell wieder vollzogen werden. Andere Betriebe, wie beispielsweise in Crimmitschau, waren dagegen unvorbereitet, da es bislang keine unmittelbare Gefährdung des Standorts gab. Schadensbegrenzung erfolgte bei allen Unternehmen, indem z.B. Maschinen und Anlagen ausgelagert wurden. Ein Problem dabei war aber oftmals die geringe Vorwarnzeit und ein nicht ausreichender Hochwasserschutz. Individuelle Möglichkeiten des Hochwasserschutzes gibt es, diese sind aber meistens sehr kostenintensiv. Es muss daher immer der Einzelfall und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betriebes betrachtet werden.

metallbau: Wie lange dauert es in der Regel, bis ein Betrieb wieder seine Arbeit aufnehmen kann?

Karsten: Eine prinzipielle Aussage ist aufgrund der sehr unterschiedlichen Schadensbilder nicht möglich. Die Zeitspannen reichen von wenigen Tagen für die Reinigung von Schlamm und Schmutz, bis hin zu mehreren Monaten, zum Beispiel bei statischen Problemen der Gebäude, die sogar zum Abriss führen können. Auch der Ausfall von Spezialmaschinen und Spezialwerkzeugen kann, gerade bei Metallbauern, eine längere Unterbrechung der Produktion zur Folge haben.

metallbau: Ergeben sich für die Betriebe durch die Flutschäden Aufträge?

Karsten: Die Bauhaupt- und Ausbaugewerbe sind intensiv in den Prozess des Wiederaufbaus eingebunden. Dieses betrifft insbesondere die Beseitigung von Gebäudeschäden. Hier wird es einen Zuwachs an Aufträgen geben. Auch trifft es auf Metallbauer zu, die sich  z.B. auf Türen, Tore, Geländer etc. spezialisiert haben. Zudem sind bei der Errichtung von Hochwasserschutzmaßnahmen zusätzliche Aufträge für Metallbauer denkbar.

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