ArcelorMittal Langstahl

Optimiert: Produktion & Services

Die wire & Tube im Zweijahresturnus gilt als internationaler Treffpunkt der Stahlbaubranche. Mit ca. 71.500 Besuchern an fünf Tagen sind die Erwartungen der Messe Düsseldorf erfüllt worden. ArcelorMittal Europe nahm die Veranstaltung für eine Standortbestimmung zum Anlass und lud zur Pressekonferenz.

Für den Geschäftsbereich Long Products Europe sind ca. 10.700 Mitarbeiter tätig. 23 Werke in 10 Ländern liefern jährlich rund 12 Mio. Tonnen Stahl. „Der Sektor Bau macht ca. 34 % des Geschäfts aus, ca. 14% der Wohnbau“, berichtet Amit Sengupta, Chief Marketing Officer (CMO). Populäre Referenzen sind das Klimahaus in Bremerhaven, der Kö-Bogen in Düsseldorf oder die Dachkonstruktion des Velodroms in Berlin.

„Der offene europäische Markt bietet für die Entwicklung der Langprodukte gute Chancen“, stellt Sengupta fest. Wegen der guten Aussichten wurden einige Großinvestitionen getätigt. Dazu gehören u.a. die Modernisierung der Stranggießanlagen am Standort Duisburg, insbesondere das neue 320 x 320 mm-Vorblockformat. Eine weitere Ausgabe in Deutschland betrifft die Umrüstung von ArcelorMittal Hamburg auf zwei Tonnen Coils. Dem schnell wachsenden Bausegment in Bosnien-Herzegowina möchte man mit Inbetriebnahme der Bewehrungsstab-Coil-Anlage Rechnung tragen. 5 Mio. Euro wurden dort in eine direkte Inline- und vollautomatische Bewehrungsstab-Coil-Anlage investiert.

Stahlträger und Spundwände

Die Standorte Belval und Differdingen sind traditionelle Walzwerke des Konzerns. Belval für warmgewalzte Stahlspundwände, Differdingen für schwere Profile. Die Endbearbeitungsanlagen des Grey-Walzwerks durchlaufen ebenfalls eine Modernisierung. Im Oktober 2017 wurde eine neue Knebelpresse von Röcher in Betrieb genommen, im zweiten Quartal dieses Jahres wird eine Richtmaschine mit neun Rollen von Danieli in den Produktionsablauf integriert. Der Investitionsetat von ca. 35 Mio. Euro umfasst zudem einen Markierungsroboter von Ronmas und eine Kaltsäge.

Die Kunden sollen von einem schnelleren Versand profitieren sowie einer besseren Gleichmäßigkeit von Geradheit und geometrischen Toleranzen. Neben den Produkten ist auch der Bearbeitungsservice im Blick. Beim Eurostructures Beam Finishing Centre in Luxemburg wurde in die Ausstattung für Strahlschneiden, Kappen, Bohren und Schaftfräsen investiert.

Über die Produktion in Differdingen hinaus umfasst das Geschäftssegment Profile und Stabstahl neun Werke in Europa. Im Schwerpunkt werden die Profile im Nicht-Wohnungsbau sowie im Hoch- und Tiefbau eingesetzt, in erster Linie für Hallen/Fabrikgebäude und Gebäuderahmen (mehrgeschossig), Büros, Geschäfte, Parkhäuser sowie öffentliche Infrastrukturen. Im Hoch- und Tiefbau finden sie hauptsächlich für kurz- und mittelspannende Brücken bis hin zu Straßen und Schienen und bei Fundamentarbeiten Verwendung.

Um kostengünstigere und leichtere Konstruktionslösungen zu entwickeln, welche die Kriterien hinsichtlich Sicherheit, Leistung und Nachhaltigkeit erfüllen, sucht der Konzern zunehmend die Zusammenarbeit mit Produkt- und Projektplanern. Sengupta weist hin: „Um die Vorteile für das Bauen mit Stahl zu kommunizieren, stärkt der Konzern seine weltweiten technischen Beratungsdienstleistungen und unterstützt alle, die an Planung, Bearbeitung und Installation von Profilen beteiligt sind.“ Die Kooperationen betreffen Statiker, Hersteller/Auftragnehmer, Architekten, Bau-/Projektleiter, Immobilienentwickler/Eigentümer, Behörden, Vorschriften erlassende Instanzen, Baukonstruktionssoftwarefirmen, Akademiker und deren Studenten.

Das „Orange Book“ informiert umfassend über moderne Stahlkonstruktionen für Gebäude und allgemeine Strukturen. Es enthält Tabellen mit Bauteilwiderständen für Profile in den Güten S355/Histar355 und S460/Histar460. Eine Referenz für Histar 460 aus Differdingen ist das Lakhta Center in St. Petersburg. Die Außenarbeiten der Baustelle des höchsten Turms in Europa werden rechtzeitig zur Fußball-Weltmeisterschaft abgeschlossen (siehe Objektbericht ab S. 10).

Noch neue Spundwand-Generation

Mit der Markteinführung im Jahr 2015 bot die Tube in Düsseldorf Gelegenheit, die Marktdurchdringung der AZ XL Spundwände voranzutreiben. Die vergleichsweise neue Lösung für maßgeschneiderte Fundamente und Pfahltechnik hat bereits mit dem Boston-Barriere-Gezeitenhochwasserschutz für rund 7.000 Tonnen AZ Spundwandprofile eine Referenz in Großbritannien. Das Projekt wird in den nächsten vier Jahren umgesetzt und soll für ca. 49.000 Häuser und Unternehmen Schutz vor Überschwemmungen bieten. Nach Information von ArcelorMittal hat die britische Umweltbehörde bis 2021 weitere Investitionen in Höhe von 2,8 Mrd. Euro für ca. 1.500 Hochwasserschutzmaßnahmen geplant.

Stahlspundwände werden für den Bau von Kais und Häfen, Schleusen und Wellenbrechern sowie zur Uferbefestigung bei Flüssen und Kanälen eingesetzt. Weitere Bereiche sind der Schutz von Aushubarbeiten an Land und im Wasser sowie Aushubarbeiten für Brückenwiderlager, Stützmauern, Fundament-Konstruktionen usw. Die Spundwände zeichnen sich durch gute Verhältnisse von Widerstandsmoment zu Gewicht und hohe Trägheitsmomente aus. Auch für diesen Leistungssektor bietet der Konzern maßgeschneiderte Unterstützung für alle, die an der Konstruktion, Spezifikation und Montage von Spundwänden und Tragpfählen beteiligt sind.

Digitalisierung

Die Fortschritte der digitalen Kommunikation sind dem CMO ein besonderes Anliegen.

ArcelorMittal Europe – Long Products hat an einem Digitalisierungsprogramm mitgewirkt. „Mit zusätzlichem Kundenservice möchten wir unser online-Geschäft stärken“, so Sengupta. Vor kurzem hat das Unternehmen Net Steel seine auf die Kunden zugeschnittene Webplattform mit u.a. folgenden Ergebnissen überarbeitet:

Überblick über die verfügbaren Bestände für seine Verkäufe aus dem Lagerprogramm

Blick auf die rollierende Planung

Auftragsstatus der offenen Aufträge

Abruf von Handelsdokumenten (Auftragsbestätigung, Auftragsbeantwortung, Versandanzeigen, Zertifikate und Rechnungen)

Alle Funktionen unterstützen die Maßanfertigung im Hinblick auf Benutzerpräferenzen, interaktive Anfragen und den On-Demand-Export in das xlsx-Format. Ebenso werden die EDI-Services zur Automatisierung von Datenströmen von und zu den Kunden entwickelt. Nachrichten zur Auftragserfassung, Auftragsbeantwortung, Versandanzeige, Zertifikat und Rechnung sind bereits implementiert und können über nahezu jedes Verbindungs- und Dateiformat ausgetauscht werden. Bei den Zertifikaten wird eine zweifache Lösung implementiert:

Kunden von Stäben und Stangen profitieren von der
EDI-Nachricht, die den gesamten Inhalt des Zertifikats weiterleitet.

Kunden von Profilen und Stabstahl wird eine maßgeschneiderte PDF-Verteilung vorgeschlagen.

Beide Lösungen ermöglichen ein automatisches Zertifikatsmanagement im ERP-System des Kunden.

Ausblick

Mit weltweit 1.400 Forschern, die im Jahr 2017 über einen Etat von 234 Mio. Euro zur Verfügung hatten, hat der Stahlproduzent Nummer eins sich gute Voraussetzungen geschaffen, auch künftig den Weltmarkt zu dominieren. Wegen der Selbstverpflichtung, die CO2-Bilanz kontinuierlich zu reduzieren, hat die Zusammenarbeit mit den Kunden zugunsten von leichteren und kostengünstigeren Produkten eine gewichtigere Bedeutung, wie Sengupta betont. Von den 6,2 Mio. Tonnen Stäben und Stangen, die im Jahr 2017 europaweit ausgeliefert wurden, wurden 20 Prozent des recycelten Stahls auf dem Weg über den Elektrolichtbogenofen verarbeitet.⇥ma ◊

Das Lakhta Center als Referenz von ArcelorMittal

Die warmgewalzten Profile der Luxemburgischen Werke in Belval & Differdingen konzentrieren sich auf Schwerprofile HL920X1377 der Sorte Histar 460 Russia. Für den Bau des Lakhta Centers wurde im Schwerpunkt dieses Profil in der Sorte Histar 460 Russia geliefert.

Die Stahlverarbeiter hatten ihre Standorte in Italien und Russland und wurden per Lkw und Schiff in drei Losen von je sechs bis acht Monaten beliefert. In den Jahren 2015 und 2016 waren es 13.000 Tonnen, bis Ende 2018 läuft noch eine Bestellung von 10.000 Tonnen. Die Anarbeitung der Profile betraf lediglich Ablängen, Richten und Oberflächenstrahlen.
Für das Tragwerk des Objekts wurde eine effizientere und kostengünstigere konzeptuelle Stahllösung von ArcelorMittal Sections Technical Advisory (Tecom) selbst entwickelt, um das Konstruktionsteam des Lakhta-Projekts und die involvierten Stakeholder zu überzeugen. Diese spezielle Lösung basiert auf sehr hochfestem Stahl und schwergewalzten Profilen, die zu kreuzförmigen Stützen verarbeitet wurden.-> zum Objektbericht

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