ÖsterreichSpezial

Die Zwillinge Franz und Johannes

„Wir legen uns jetzt nicht in die Sonne!“

Corona-bedingt wurden aus den WorldSkills 2021 die WorldSkills 2022 in Shanghai. Die auf unbestimmte Zeit verschobenen Euroskills 2020 in Graz sollen hingegen diesen Herbst stattfinden. Wir haben mit den Zwillingen Franz und Johannes Kalß gesprochen, die hintereinander 2017 und 2019 in der Sparte Metallbau für Österreich die Silbermedaille nach Hause holen konnten. 2017 Franz und im Jahr 2019 Zwillingsbruder Johannes.

metallbau: Wie ist es Euch seit Euren beiden Medaillengewinnen bei den WorldSkills ergangen?

Johannes: Unsere Erfolge wurden von unserem Unternehmen sehr stark honoriert. Seitdem geht es für uns steil bergauf. Wir waren damals noch Lehrlinge in der Firma und haben jetzt bereits Vorarbeiterposten.

Franz: Wir sind für sehr viele Aufgaben verantwortlich und dürfen inzwischen selbst Mitarbeiter anweisen. Wir finden es großartig, dass wir die Möglichkeit haben, uns in unserem Ausbildungsbetrieb hinaufarbeiten zu können. Oft wird einem gesagt, du must irgendwas studieren oder eine akademische Laufbahn hinlegen, aber man kann, wie man sieht, auch mit einer Lehre sehr erfolgreich sein. Man muss es nur wollen.

Johannes: Auch von der Unterstützung durch unsere Sponsoren haben wir nachhaltig profitiert, da wir einiges an Werkzeugen und Materialen günstig erstehen konnten. Natürlich war das viel Arbeit. Ich habe während der Vorbereitungszeit ca. 800 Stunden neben meinem Job gearbeitet und mein Bruder, der etwas länger Zeit hatte, sogar 1.000 Stunden, aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt.

metallbau: Der hohe Aufwand ist mitunter ein Grund, warum Deutschland gar keinen Teilnehmer in der Berufssparte Metallbau entsendet. In Österreich steht man den WorldSkills etwas positiver gegenüber, richtig?

Franz: Ja, das stimmt. Auch in anderen Berufen ist Deutschland nicht so stark vertreten. Bei mir in Abu Dhabi war Österreich mit 40 Teilnehmern in 37 Berufen vertreten, während aus Deutschland nur 20 mit dabei waren. Natürlich ist es ein extrem hoher Aufwand, auch im Hintergrund. Neben den Teilnehmern wird den Leuten dahinter, etwa den Trainern einiges abverlangt. Allein die Logistik, die Maschinentransporte usw., ist eine große Herausforderung, die nur durch die Unterstützung von Großsponsoren und Wirtschaftskammer zu bewältigen ist.

Johannes: Man kann sagen, dass die WorldSkills-Teilnehmer aus Österreich schon sehr gut unterstützt werden. Es gibt aber auch Länder, die noch weniger Kosten und Mühen scheuen. Teilnehmer aus Korea etwa arbeiten drei Jahre auf den Wettbewerb hin und schneiden entsprechend gut ab. In unserem Beruf hat nun das 6. oder 7. Jahr in Folge ein Teilnehmer aus Korea die Goldmedaille gewonnen. Allerdings haben deren Fertigkeiten oft gar nichts mehr mit dem realen Berufsbild zu tun, da man sich bei der Vorbereitung ganz auf die beim Wettbewerb erforderlichen Fähigkeiten konzentriert.

metallbau: Was war Euer Erfolgsrezept, oder liegen Euch die Metallbauskills vielleicht einfach in den Genen?

Franz: Die KandidatInnen werden im sogenannten „Team Austria“ von Experten betreut, die allesamt selbst Erfahrung mit den WorldSkills haben, und wissen, was dort abläuft. Darüber hinaus wurden uns auch Mentaltrainer zur Seite gestellt, die uns dabei unterstützt haben unsere mentale Stärke zu trainieren. Wie im Skisport muss man nämlich mit dem Kopf voll da sein und dem Druck standhalten können, sonst bringt alles Fachwissen nichts. Ich würde sagen, es war das Gesamtpaket an technischem und mentalem Training, das uns bestmöglich auf den Wettbewerb vorbereitet hat. Und natürlich der Rückhalt der Familie.

Johannes: Es spielen viele kleine Puzzleteile zusammen. Wir haben eine super Ausbildung genossen. Schon im Polytechnikum hatten wir Schnuppertage, jede Woche einen Tag. Alle sechs Wochen konnte man den Betrieb wechseln. So konnte man sich die Berufe Tischler, Zimmerer, Metallbauer usw. anschauen. Und für uns war das Metall einfach das Nonplusultra. Die Möglichkeit schon in der Ausbildung seiner Leidenschaft nachzugehen, führt dazu, dass man Fertigkeiten perfektioniert. Unser Lehrmeister war sehr gut darin, uns zu motivieren. Fehler waren stets ein Anlass, nach einer Lösung zu suchen. Diese Einstellung hat mir bei den WorldSkills geholfen, wo ich auch Fehler gemacht habe, aber es ist mir aufgrund dieser Erfahrung gelungen, unter Zeitdruck Probleme zu lösen.

metallbau: Spielt das Handwerk bei Euch in der Familie keine Rolle?

Johannes: Ein bisschen hat vielleicht auch unser Opa zu unserem Erfolg beigetragen, in dessen Werkstatt wir schon als Kinder das ein oder andere Mal die Flex zur Hand nehmen durften. Schließlich muss einen schon vor der Ausbildung jemand an ein Handwerk heranführen, damit man überhaupt auf die Idee kommt, dieses zu lernen. Und ja, ein Stück weit haben wir es vielleicht tatsächlich einfach in unseren Genen.

metallbau: Könntet ihr Euch vorstellen, als Teil des „Teams Austria“ bei einer der nächsten Ausgaben der WorldSkills selbst einen Kandidaten als Experten zu coachen?

Franz: Interesse daran ist auf jeden Fall vorhanden. Wenn man die Sache ernst nimmt, braucht es allerdings viel Zeit, einerseits für die Vorbereitung und andererseits für den Wettbewerb selbst, was momentan schwierig wäre. Aber wer weiß, vielleicht in ein paar Jahren.

Johannes: Wir hatten einerseits einen Experten, der mit uns zum Wettbewerb geflogen ist, und andererseits einen Trainer, der uns im heimischen Betrieb Fertigkeiten gezeigt hat. Das zweite könnte ich mir eventuell schon vorstellen.

metallbau: Corona-bedingt wurden die Worldskills in Shanghai um ein Jahr verschoben. Die zuerst abgesagten bzw. auf unbestimmte Zeit verschobenen Euroskills sollen hingegen im Herbst stattfinden. Was sagt Ihr dazu?

Franz: Es ist eine große Ungewissheit für die KollegInnen und Kollegen, die bei den diesjährigen EuroSkills antreten. Man trainiert auf einen Termin hin, dann wird dieser abgesagt, es wird ein neuer festgelegt und wieder verschoben. Man muss sich die Vorbereitung schließlich sowohl privat einteilen, als auch mit seinem Betrieb eine Vereinbarung treffen. Auch psychisch ist das sehr belastend. Man denkt als Teilnehmer tagtäglich an den Wettbewerb und ist 24 Stunden am Tag damit beschäftigt, wenn man es ernst meint. Ich hoffe deshalb sehr für alle Teilnehmer, dass das Ganze heuer noch durchführbar ist.

metallbau: Wie hat sich die Pandemie auf eure berufliche Tätigkeit ausgewirkt und was hört Ihr von Branchenkollegen?

Johannes: Wir haben die Corona-Krise zwar gespürt, aber unser Betrieb hat sie recht gut überstanden. Es musste niemand in Kurzarbeit gehen. Es war zwar ein leichtes Auf und Ab spürbar, welches aber gut abgefangen werden konnte, und schön langsam scheint sich alles wieder zu stabilisieren. Spätestens wenn die Gastronomie und Hotellerie jetzt wieder öffnet, sollte sich alles wieder einpendeln.

Franz: Unternehmen, die Halbzeuge herstellen, welche in Möbel verbaut werden, Blum etwa, oder Industrien, die für Holzbearbeitungs- und Baumaschinen produzieren, haben durch den Bauboom sogar einen regelrechten Aufschwung erlebt. Bestimmt gibt es Unternehmen in der Metallbaubranche, die Probleme hatten, etwa wenn diese auf eine bestimmte Produktnische gesetzt hatten, die aufgrund von Corona keinen Absatz mehr gefunden hat, oder Unternehmen, die kein eigenständiges Produkt haben und nur für Fremdfirmen produzieren. Aber wir kennen bei uns in der Region tatsächlich niemanden aus unserer Branche, den es schwer getroffen hat.

metallbau: Metalltechniker sind sehr gefragte Fachkräfte und wie man immer wieder hört, gibt es davon viel zu wenige. Stimmt das mit den aktuellen Löhnen für Metalltechniker Eurer Meinung nach zusammen?

Johannes:  Unserer Meinung nach, sollte bei der Entscheidung für ein Handwerk bzw. eine Lehre nicht das Geld ausschlaggebend sein, sondern die Leidenschaft für den Beruf. Wir haben Glück, dass uns von allen Möglichkeiten die Metalltechnik am meisten interessiert hat, wo die Honorierung doch recht gut ist. Klagen hören wir eher von Kollegen, die sich für ein anderes Handwerk entschieden haben. Sich wegen des Geldes für den Metallbau zu entscheiden ist allerdings sicher keine gute Idee. Denn wenn man keine Leidenschaft für seinen Beruf hat, wird man darin nicht erfolgreich sein.

metallbau: Was sind Eure nächsten großen Ziele? Ihr seid inzwischen 23 Jahre alt.

Franz: Das nächste große Ziel sind wir eigentlich schon 2018, noch während der Vorbereitung von Johannes auf die WorldSkills 2019 angegangen. Unser Vater hat uns ein Haus vererbt, das wir in den vergangenen Jahren renoviert haben. Natürlich haben wir dabei vieles eigenhändig in Metallbauweise umgesetzt. Etwa eine selbst geplante Stiegenkonstruktion mit Zwischenpodesten von ca. sieben Tonnen sowie das Geländer. Nachdem wir bei uns in der Firma hauptsächlich Blechfertigung machen, war dieses Projekt eine willkommene Abwechslung und schöne Herausforderung für uns.

Johannes: Corona-bedingt konnten wir das Haus, das wir als Ferienhaus vermieten wollen, noch nicht eröffnen. Mitte Mai sollte es aber endlich losgehen. Für heuer machen wir dann erstmal Pause, bevor wir nächstes Jahr weitere Ausbildungen im Bereich Metalltechnik und Kältetechnik angehen wollen. Ganz bestimmt legen wir uns jetzt nicht in die Sonne und machen nichts. Wir wollen uns auf jeden Fall weiterbilden und neues Fachwissen in unseren Betrieb mit einbringen.

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