„Empfehle wasserlösliche Lacke“

Im Gespräch mit dem Gutachter Bernhard Köberlein

Viele Metallbauer haben sich einen Lackierraum oder eine Spritzkabine eingerichtet, um selbst schnell ein paar Metallteile lackieren zu können. Gerade hier lauern Explosionsgefahren, die gern unterschätzt werden. Ulrike Hensel befragte den Sachverständigen Dipl.-Ing. Bernhard Köberlein zu den Gefahrstoffen und zur Arbeitssicherheit in Lackierbereichen. Er ist bei ias health & safety in München als Fachlicher Leiter Arbeitssicherheit  — Sicherheitstechnik beschäftigt.

metallbau: Worauf muss ein Metallbauer bei der Einrichtung seines Lackierbereiches achten?

Bernhard Köberlein: Es gibt Vorschriften für den Raum, für die Lagerung der Lacke und für die Geräte und Anlagen, die er benutzt. Dabei hat er Regelwerke wie das Arbeitsschutzgesetz, die Betriebssicherheitsverordnung, Vorschriften der Berufsgenossenschaft und bei größeren Anlagen auch das Bundesimmissionsschutzgesetz BImSchG einzuhalten. Für die Ausstattung und baulichen Erfordernisse des Spritzraumes gibt es die berufsgenossenschaftliche Information BGI 740, u.a. von der Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd. Sie gibt Hinweise und Vorschriften für Lackierräume und -einrichtungen, für flüssige Beschichtungsstoffe, für deren bauliche Einrichtung, den Brand- und Explosionsschutz und den Betrieb.

metallbau: Wie müssen die Lacke gelagert werden?

Köberlein: Technische Regeln für Betriebssicherheit (TRBS), Technische Regeln für brennbare Flüssigkeiten (TRbF), Richtlinien zum Explosionsschutz sowie weitere Normen und Vorschriften regeln den Umgang und die Lagerung von explosionsfähigen und brennbaren Stoffen, beispielsweise von lösemittelhaltigen Lacken. Diese müssen abhängig von Raumgröße, Luftwechsel im Raum, Menge und Behälterart in einem geschlossenen und separaten Raum mit spezieller Ausstattung gelagert werden. Außerdem muss die elektrische Installation explosionsgeschützt ausgeführt sein. Dies betrifft insbesondere die Beleuchtung und die elektrischen Betriebsmittel. Weiterhin ist der Raum zu belüften, entweder auf natürliche Weise mittels zweier Wandöffnungen zur Querlüftung oder mit künstlicher Lüftung durch Ventilatoren. Fenster reichen nicht aus. Einrichtungen aus Metall wie Regale oder Türen müssen in den Potenzialausgleich eingebunden sein. Zusätzlich sind elektrostatische Aufladungen zu verhindern. Wird nicht nur gelagert, sondern auch abgefüllt, sind die Anforderungen an den Explosionsschutz höher.

metallbau: Wohin gehören die Werkzeuge?

Köberlein: Für Spritzpistolen und andere Hilfsmittel gibt es diese Vorschriften nicht. Sie können im Spritzraum verbleiben. Weil die Farbreste meistens eintrocknen oder in so geringer Menge vorhanden sind, dass sie keine explosive Atmosphäre mehr erzeugen, geht davon keine besondere Gefahr aus. Grundsätzlich besser sind jedoch gereinigte Werkzeuge, leere Lackbehältnisse sowie Ordnung und Sauberkeit im Spritzraum.

metallbau: Werden die Vorschriften gehalten?

Köberlein: Meine Erfahrung zeigt, dass sich vor allem kleinere und mittlere Metallbauer damit schwer tun. Da wird mal schnell etwas lackiert, nach dem Motto: Es wird schon gut gehen, es ist ja sonst auch immer gut gegangen. Die Gefahr einer explosiven Atmosphäre ist permanent vorhanden und kann auch sehr schnell zum Unfall führen. Da ich auch Unfallgutachter bin, werde ich oft mit der Frage konfrontiert: War es fahrlässig oder grob fahrlässig?

metallbau: Wer weist auf eine unsachgemäße Installation hin?

Köberlein: Gewerbeaufsichtsamt oder die Arbeitsschutzbehörden stellen häufig bei Routinebegehungen Mängel fest. Die Aufsichtsbeamten listen im Begehungsbericht die Unzulänglichkeiten auf und erteilen entsprechende Auflagen, zur Umsetzung werden meist keine Angaben gemacht.

metallbau: Wie werden die Mängel abgestellt?

Köberlein: In jedem Betrieb gibt es eine gesetzlich geforderte Sicherheitsfachkraft, die sich mit der Arbeitssicherheit und den berufsgenossenschaftlichen Vorschriften auskennen sollte. Bei sehr kleinen Firmen übernimmt das meist der Chef. Er trägt auch letztlich die Verantwortung. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Dieser macht eine Bestandsaufnahme vor Ort, bewertet die Situation und gibt eine schriftliche Stellungnahme ab, was zu tun ist.

metallbau: Was empfehlen Sie Metallbauern für die Zukunft?

Köberlein: Denken Sie darüber nach, wie viele lösemittelhaltige Gefahrstoffe notwendig sind. Es gibt viele Alternativen auf wasserlöslicher Basis, die auch wesentlich umweltfreundlicher sind. Damit ist die Forderung nach Explosionsschutz hinfällig.

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