Hochuli Metallbau

Frank Hochuli, Geschäftsführer

Der Familienbetrieb in Wigoltingen (Ostschweiz Nähe Bodensee) bietet strategisch vier Produkte: vorgefertigte Balkone, Türen/Eingänge, ­Verglasungen und Dächer/Überdachungen.

„Als Kunden wünschen wir uns Totalunternehmer, kleinere GUs, das Baumanagement, Immobilienverwalter und –besitzer. Alles Partner, mit denen wir den gemeinsamen Weg der Auftragsphase auf Augenhöhe miteinander gehen können. Ohne wesentliche Abnehmermacht und ohne Strukturen, die explizit auf Unnahbarkeit aufgebaut sind. Wegen dem heterogene Wertesysteme sind wir weniger im Bereich der Wettbewerbsarchitektur und für Großprojekte tätig.

Der Markt

Als Marktteilnehmer sehen wir ‚nur‘ das Spotlicht unseres Marktes. Meine Beurteilung fällt also subjektiv aus. Allgemein haben wir den Eindruck, die Erneuerung und Auffrischung von Bestandsbauten gewann im vergangenen Jahr wieder an Wichtigkeit.

Öffentliche Bauherrschaft: Wir nehmen die Bautätigkeit der öffentlichen Hand für Schulhäuser und Infrastruktur als konstant oder eher verstärkt wahr.

Wohnungsbau: Gebäude, die bei Start der Pandemie real im Bau waren, werden fertiggestellt. Kunden klagten vorübergehend über schleppende Erstvermietung oder schleppenden Verkauf. Das scheint sich jedoch gelegt zu haben. Die tiefen Zinsen für die Finanzierung sind geblieben und vermutlich mussten nur wenige Bauherren wegen Corona um ihre Existenz bangen.

Bürobau: Die Verunsicherung über den Marktbedarf an Büroflächen ist allgegenwärtig. Wie viel Homeoffice wird bleiben? Welche Stimmungen und Strömungen sind wichtig und maßgebend? Ein großer Auftrag wurde uns storniert, weil das Nutzungskonzept und das Raumprogramm während der Bauphase komplett überarbeitet wurde! Leer gewordene Büroflächen werden auf jeden Fall aufgefrischt und den neuesten Anforderungen angepasst. Hierbei bieten zum Beispiel Brandabschnitte und Fluchtwege Chancen für den Metallbauer.

EFH: Wir sind zu wenig in diesem Markt für eine fundierte Aussage, haben jedoch das Gefühl, in der Schweiz nimmt mit dem politischen Willen zum ‚verdichtetem Bauen‘ dieser Bereich eher ab. Oder verlagert sich in eher abgelegene Siedlungsgebiete.

Lieferengpässe & Preise

Lieferengpässe können wir bislang abfedern, indem wir das gleiche Produkt bei verschiedenen Lieferanten bestellen – das gilt vor allem für Stahl und Beschläge. Am problematischsten sind Beschläge und Schlösser, dann extrudierte Aluminium-Systemprofile: Stahlprofile und Wärmeschutzgläser sind weniger problematisch.

Der Umgang mit Preissteigerungen ist sehr anspruchsvoll, gingen und gehen wir doch immer mittelfristige Werkverträge mit Preisbindung ein. Die richtige Beurteilung der Preissituation für die Auftragsverhandlung und den späteren Materialeinkauf ist nicht einfach. Welche Vorprodukte befinden sich preistechnisch in welchem Reifegrad? Tendenziell können die Preise nicht in der nötigen Geschwindigkeit angepasst werden.

Betriebsmanagement

Explizit produzieren wir in einer langen eigenen Wertschöpfungskette, damit wir in unseren sehr heterogenen und kleinen Auftragslosen agil und mit engen Terminen operieren können. Im magischen Dreieck von Preis—Termin—-Qualität ist Terminqualität je länger desto wichtiger. Terminangaben sollen nicht nur eine erste Verhandlungsbasis sein, sondern ein verlässlicher Wertbeitrag. Dank zweier Metallbau-Ingenieure gehören vor allem Stabstatik, Glasstatik und Bauphysik zu den intern geführten Nachweisen.

Eine wichtige Umstellung im vergangenen Jahr betraf die Telefonanlage auf eine reine digitale Form mit allen modernen Möglichkeiten von Videotelefonie, Cloud-Dienstleistungen usw. Die Telefonzentrale als Gerät gibt es nicht mehr. Nur: Unsere Kunden fühlen sich mit dem digitalen Kontakt nicht wohl und fordern von uns noch immer reale Meetings bei ihnen im Büro.

Die Pandemie

Im Herbst 2020 spürten wir eine Verunsicherung des Marktes – erstmals waren ‚alle‘ Angebote in unserer Kalkulationsabteilung abgearbeitet. Kurzarbeit im Winter 2021 war die Folge. Erstmals in der einer über 50-jährigen Firmengeschichte und – eine schlechte Erfahrung: Auf einen Schlag geht es nicht mehr darum, Kundenwünsche zu erfüllen, sondern die Auflagen des Entschädigungszahlers. Firmen werden zu Vasallen des Staates, obwohl die Grundidee des Gesetzgebers wohlwollend gemeint ist. Zum Glück konnten wir nach wenigen Wochen zum Alltagsgeschäft zurückkehren. Wir haben uns damit getröstet, dass eine solche Pandemie ein äußerst seltenes Phänomen ist und deshalb seltene Lösungen erfordert.

Mitarbeiter wurden von Covid-19 zu grundlegenden Gedanken über ihr Berufsleben angestoßen. So hatten wir seltene und teils überraschende Abgänge aus unserem stabilen Team und unerwartete und bereichernde Zugänge.

Die unentschlossene Meinung der Volkswirte und Zentralbanken zum Thema Inflation verwirrt den „Schlosser vom Land“. Auf jeden Fall hatten unsere Väter noch nie drei Dekaden, in denen hintereinander keine Inflation oder Rezession stattfand. Ob das übergeordnet ein Vorteil ist oder am Schluss mit einem großen Knall quittiert wird, wird sich zeigen. Eine geeignete Eigenfinanzierung in der Firmenbilanz erscheint uns angebracht.

Ausblick auf 2022

Für das neue Jahr haben wir uns zwei große Projekte vorgenommen: Wir investieren in eine Pulverbeschichtung für explizit große und schwere Werkstücke. Kombi mit Nasslack und Swippanlage. Beheizt durch eine Gasturbine, die 65 kW Strom produziert, und einer Wärmekaskade der Abgase, die die Beschichtungsanlage beheizt.

Priorisiert beheizen die Abgase den Einbrennofen, dann den Haftwassertrockner, gefolgt von den Kabinen, Chemietanks, der Werkhalle und am Ende der Kette steht unser Büro. Ein phänomenaler Wirkungsgrad von etwa 90 % hilft, das Optimum für die Entlastung der Umwelt zu tun. Der Staat fördert solche Anlagen, um im Winter drohende Stromlücken zu schließen und unsere Beschichtungsleistung von ca. 20.000 m2/y steigt auf ca. 45.000 m2/y. Gleichzeitig reduzieren wir flüchtige Lösungsmittel und verdoppeln unsere Produktionsfläche für die Verarbeitung von Aluminiumprofilen.

Für ein spezielles „Grünes Projekt“ haben wir die Firma Hochuli Advanced gegründet. Inzwischen sind zwei Mitarbeiter mit der Herstellung von extrudierten Composite-Profilen aus alten Trinkflaschen beschäftigt.“

www.hochuli-advanced.ch

www.hochuli-metallbau.ch

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