Metallbaumeister tritt Lawine los

Mängel an Olympia-Schanze
 

Für öffentliche Aufregung sorgt Metallbau-Sachverständiger Günter Dolezel rund um die Garmischer Schanz-Anlage. Zufällig fand er dort im Urlaub Mängel, über die viele Medien berichten.
 

Aussagen wie „Eigentlich müsste man alles abbauen und neu machen“ oder „Millionenschaden“ sorgen für Wirbel um die große Olympia-Schanze in der bayrischen Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen (GAP). Günter Dolezel, Sachverständiger für Metallbau aus Germering bei München, wurde zu diesem Thema in verschiedenen Zeitungen zitiert.
„Bei einem Spaziergang riss ich mir am Geländer der Garmischer Schanz-Anlage die Hand auf“, berichtet der gelernte Schlossermeister. Danach begutachtete er die Anlage der 2007 fertiggestellten olympischen Ski-Schanze genauer. Er entdeckte Mängel wie weißen Rost an feuerverzinkten Stahlträgern, unentgrateten Kanten und verrosteten Schrauben am Kampfrichterturm. In Presseberichten heißt es: Nach Dolezels Einschätzung wurde bei verschiedenen Nachbesserungen in das feuerverzinkte Metall gebohrt und somit der Korrosionsschutz zerstört. „Das Bauwerk ist meiner Meinung nach ein großartiges Projekt“, stellt Dolezel klar. „Allerdings finde ich, dass solche Mängel nach nur vier Jahren und den hohen Kosten nicht da sein sollten.“ Ursprünglich gingen der Marktgemeinderat und das zuständige Bauamt von rund neun Millionen Euro aus. Letztendlich kostete das gesamte Projekt über 17 Millionen Euro.
Mit Fotos von den beanstandeten Stellen  löste Dolezel eine Lawine an öffentlichen Berichten und Schlagzeilen aus. Nachdem er im Rathaus keinen zuständigen Ansprechpartner erreichte, wandte er sich an Elisabeth Koch, die Fraktionsvorsitzende der CSU im Marktgemeinderat. Schließlich wurde auch die Tagespresse aufmerksam, es erschienen zahlreiche Berichte über dieses Thema, z.B. im Münchner Merkur. Darin waren Schlagzeilen zu lesen wie „Ist die Schanze schon Schrott?“ oder „Garmischer Schanze rostet schon“.

Öffentlich. Gemeinsam besichtigten Markus Gehrle-Neff, der zuständige Mitarbeiter im Bauamt der Marktgemeinde, Günter Dolezel und ein Fernsehteam des Bayrischen Rundfunks die Schanzen-Anlage im Januar 2012. In der TV-Reportage legten beide Parteien ihre Ansichten dar. Gehrle-Neff bestätigte dabei, dass dem Bauherrn bereits Mängel bekannt sind. „Ich frage mich, warum diese dann nicht beseitigt wurden, wenn sie schon länger bekannt sind“, stellte Dolezel bei der Besichtigung in den Raum. Gehrle-Neff antwortete, dass in Kürze eine Begehung mit dem zuständigen Stahlbau-Unternehmen geplant sei, um alle bereits vorliegenden Beanstandungen festzustellen und auszumerzen. Als Problem dabei könnten sich nach Ansicht von Dolezel Gewährleistungsfristen herausstellen. „Letztendlich zählt, was vertraglich festgelegt wurde“, weiß der Sachverständige. „Das Thema ist noch nicht ausgestanden.“

Daten. Die große Olympia-Schanze liegt am Gudiberg, südlich des Ortsteils Partenkirchen. Neue Anforderungen im Reglement des Internationalen Ski Verbandes (FIS), Oberhofen (Schweiz), machten im Jahr 2006 einen Neubau der Schanzenanlage notwendig. Im Rahmen eines ausgelobten Architektenwettbewerbes konnte sich das Büro terrain:loenhart&mayr in Zusammenarbeit mit Mayr + Ludescher, Partner und Sieber + Renn Architekten durchsetzen. Ausführendes Stahlbau-Unternehmen war die Bitschnau GmbH, Nenzing (Österreich). Nach der Sprengung im April 2007 der alten Schanze, im Volksmund gerne als „alte Dame“ bezeichnet, wurde die neue Olympia-Schanze im Rahmen des Continental Cups im Dezember 2007 eingeweiht.
   
Info + Kontakte
 
Markt Garmisch-Partenkirchen
Rathausplatz 1
82467 Garmisch-Partenkirchen
Tel. +49 (0)8821/910-0
Fax +49 (0)8821/910-9000


www.gapa.de  

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