Interview

Marc Holz, IFO Institut

„Beschichtungsqualität verlangt mehr Zuverlässigkeit.“

Korrosionsschutz und Optik sind die wichtigsten Kriterien, die Oberflächenbeschichtungen zu erfüllen haben. Wenn aber Energiekosten steigen, Farben und Rohstoffe knapp werden sowie Lieferketten unsicher sind, steht auch die Qualität auf dem Spiel. Marc Holz (45), Geschäftsführer des IFO Institut für Oberflächentechnik, erläutert die aktuellen Herausforderungen.

metallbau: Korrosionsschutz ist ein komplexes Thema. Worauf kommt es an?

Marc Holz: Die Anforderungen an eine Beschichtung steigen stetig. Einerseits muss Korrosion zuverlässig vermieden werden, andererseits steigen die optischen Anforderungen. Kunden akzeptieren immer weniger Ungleichmäßigkeiten in der Beschichtung durch Einschlüsse oder Unebenheiten im Grundmaterial. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollte man Merkblätter und Empfehlungen nutzen, wie sie z.B. der Verband der Fenster- und Fassadenhersteller (VFF) in Frankfurt veröffentlicht hat.

 

metallbau: Welche Beschichtungsverfahren sind für Aluminium und Stahl up-to-date?

Holz: Im Aluminiumbereich sind die Gelbchromatierungen in Europa wesentlich durch Cr(VI)-freie Passivierungsverfahren ersetzt und werden mittlerweile auch durch zunehmende Automatisierung der Badüberwachung beherrscht. Im Stahlbereich kommt die Pulverlackierung in Kombination mit anderen Korrosionsschutzvarianten verstärkt zum Einsatz. Aktuell entwickeln sich Qualitätstandards sowie eine DIN-Norm zur Kombination einer kathodischen Tauchlackierung mit einer Pulverlackierung. Auch Powder-in-Powder-Technologien sind auf dem Vormarsch. Hier werden Grundierung und Decklack einer zweischichtigen Pulverlackierung übereinander appliziert und anschließend gemeinsam eingebrannt. Dies ermöglicht eine schnellere Beschichtung von Großbauteilen sowie wesentliche Energieeinsparungen.

 

metallbau: Zum Stichwort Energie eine Frage! Besonders für Pulverlackierer könnte die instabile Energieversorgung zum Problem werden?

Holz: Ja, definitiv. Steigende Energiekosten und auch die Befürchtung fehlender Gasversorgung sind sehr problematisch. Hier sind die Pulverlackierbetriebe klar im Nachteil. Hinzu kommt, dass die Hersteller von Beschichtungsmaterialien mit Rohstoffknappheit und längeren Lieferzeiten zu kämpfen haben. Sich hierauf einzustellen, bedeutet eine Erhöhung des Lagerbestands oder den ständigen Wechsel von Bezugsquellen, was wiederum Kosten und Unsicherheiten verursacht.

metallbau: Wenn es um Beschichtungsqualität geht. Was sollten Metall- und Stahlbauer besonders beachten?

Holz: Vor allem ist Kontinuität ratsam. Das fängt bei der Auswahl des geeigneten Beschichtungssystems an. Denn nicht alle sind gut zu applizieren, zeigen dieselbe Haftung zum Untergrund oder haben gleiche Trocknungseigenschaften. Auch sind derselbe Farbenhersteller sowie geschultes, erfahrenes Personal wichtig, das den Umgang mit den Werkstücken und dem Beschichtungssystem beherrscht. Die Vorgaben des Produktdatenblattes des Farbenherstellers sind zu beachten und der Beschichtungsprozess zu dokumentieren. Nur dann ist in Gewährleistungsfällen der Nachweis einer richtigen Verarbeitung gegeben. Nützlich sind Fortbildungen zum DIN-geprüften Beschichtungsinspektor, die z.B. die IFO Academy anbietet.

 

metallbau: Wie bewerten Sie die bestehenden Normen und Gesetzesvorgaben in Deutschland und der EU?

Holz: Die DIN überprüft jede Norm alle fünf Jahre auf die Notwendigkeit einer Überarbeitung. Generell finde ich es wichtig, dass eine Harmonisierung aller Korrosionsschutznormen auf europäischer Ebene angestrebt wird, sich also DIN-Normen zu EN-Normen entwickeln. Das ist leider noch nicht für alle Normen der Fall. Beispielsweise ist die DIN 55634 für dünnwandige Bauteile nach wie vor ausschließlich als DIN-Norm publiziert. Und auch die Korrosionsschutznormen geben bisher zu wenig optische Kriterien vor, obwohl der Endkunde hiernach verlangt.

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