Sachverständige im Metallbau

Fehler erkennen und vermeiden

Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige im Metallbau sind Experten bei der Beurteilung von Schäden und Baumängeln. Sie erstellen nicht nur Gutachten, sondern können auch dabei helfen, Fehler in der Planungsphase zu vermeiden.

Ein Metallbauer erhält von einem Kunden einen Auftrag und führt diesen aus. Der Auftraggeber nimmt die Arbeit ab und bezahlt die Leistung – so glatt läuft es leider nicht immer ab. Es kann vorkommen, dass beide Seiten unterschiedliche Vorstellungen von der zu erbringenden Leistung haben, oder dass Mängel oder Schäden auftreten. Die Beurteilung ist dann meist Aufgabe von Sachverständigen. Diese nehmen im Streitfall oder bei Schadensfeststellung die Fakten auf und gleichen Soll- und Istzustände ab. Sie begleiten Abnahmen von ausgeführten Arbeiten, stellen Mängel fest und ermitteln die ortsüblichen Preise von Bauteilen oder die Lohnhöhe. Im Schadensfall gilt es festzustellen, ob ein Material- oder Planungsfehler vorliegt, oder ob Schäden durch falsche Bedienung entstanden sind. „Grundsätzlich ist zu unterscheiden, ob der Schaden, die Schlechtleistung oder der Streitfall bereits eingetreten ist, oder ob sich die Parteien noch im Dialog befinden“, erläutert Josef Faßbender, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger im Metallbau. Er ist Metallbaumeister, Internationaler Schweißfachmann und IHK-geprüfter Projektleiter und hat sowohl als Angestellter als auch als Inhaber eines eigenen Betriebs umfangreiche Erfahrung in der Branche gesammelt. „Sind die Fronten noch nicht verhärtet, kann der Sachverständige als Mediator tätig werden und Lösungsvorschläge vermitteln, die für beide Parteien zufriedenstellend sind.“ Alternativ können die Parteien den Sachverständigen als Schiedsgutachter benennen. In diesem Fall ist das Gutachten dann für beide Parteien bindend. Rechtliche Fragen bewertet der Sachverständige nicht. Ist der Sachverständige gerichtlich bestellt, ist es seine Aufgabe, die im Beweisschluss vom Gericht gestellten Fragen zu beantworten.

„Gerade hatte ich ein Gutachten über ein Geländer erstellt“, berichtet Dirk Velte, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger im Metallbau, aus der Praxis. „Im Leistungsverzeichnis stand, dass die Verarbeitung ‚sehr hochwertig und ordentlich‘ zu erfolgen habe. Nach solchen schwammigen Aussagen kann kein Metallbauer arbeiten. Das tat er aber doch und hat nun ein großes Problem. Man sollte als Auftragnehmer sehr genau prüfen und gegebenenfalls rückfragen.“ Velte ist Meister, Schweißfachmann, Betriebswirt des Handwerks, hat die Ausbildung zum Euro-Schweißfachmann absolviert und führt den Familienbetrieb mit rund 17 Mitarbeitern.

Öffentlich bestellt und vereidigt. Der Begriff „Sachverständiger“ ist in Deutschland nicht geschützt, sodass theoretisch jeder diese Bezeichnung verwenden kann. Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige müssen dagegen Sachkunde und Qualifikation nachweisen können und werden von den regionalen Handwerkskammern bestellt. Voraussetzung dafür sind ausreichende Lebens- und Berufserfahrung, die persönliche Eignung, erheblich über dem Durchschnitt liegende Fachkenntnisse und Fertigkeiten und die Gewähr für Unparteilichkeit und Unabhängigkeit. „Die Bewerber müssen in die Handwerksrolle als Inhaber oder als Gesellschafter einer Personengesellschaft bzw. Geschäftsführer oder Vorstand einer juristischen Person eingetragen sein und dabei die Eintragungsvoraussetzungen erfüllen oder als Betriebsleiter verzeichnet sein“, erklärt Bernd Müller, Rechtsberater der Handwerkskammer Region Stuttgart.

Im Rahmen des Bestellungsverfahrens müssen die angehenden Sachverständigen Grundlagenseminare, fachliche bzw. technische Seminare absolvieren und in einer Prüfung und einem Mustergutachten ihre besondere Sachkunde unter Beweis stellen. Für viele Handwerkskammern führt der Bundesverband Metall diese Prüfung durch. Die für die Beurteilung notwendige Sachkenntnis beziehen die Experten neben der langjährigen Erfahrung auch aus den DIN-Normen, vom Fachregelwerk Metall des Fachverbands Metall und über Weiterbildungen der Handwerkskammern, der Hersteller und des Fachverbands.

Nach der Bestellung und Vereidigung dürfen die Sachverständigen deutschlandweit und auch innerhalb der anderen EU-Staaten tätig werden, solange dem nicht einzelstaatliche Vorschriften entgegenstehen. „Ideal ist es, wenn der Sachverständige nicht im eigenen Innungsbereich bzw. Landkreis tätig wird“, betont Dirk Velte, der selbst schon in verschiedenen Bundesländern Gutachten erstellt hat. Auch Josef Faßbender war schon im gesamten Bundesgebiet und darüber hinaus für deutsche Auftraggeber in Belgien und Luxemburg tätig: „Im nächsten Jahr strebe ich die Personenzertifizierung nach EN ISO/IEC 17024 an, die europaweit bzw. weltweit anerkannt ist. So hoffe ich weitere Märkte zu erschließen.“ Die Norm regelt EU-weit die Zertifizierung von Sachverständigen.

Erstellung eines Gutachtens. Der erste Schritt bei der Erstellung eines Gutachtens ist zunächst die Festlegung der zu klärenden Fragen. Bei Gerichtsgutachten gibt es häufig bereits vom Richter im Beweisbeschluss vorgegebene Fragestellungen. In der Regel wird anschließend ein Ortstermin angesetzt. „Bei Gerichtsverfahren hat dann jede Partei auch die Möglichkeit, auf Besonderheiten hinzuweisen. Diese dürfen aber nur in Zusammenhang mit den gestellten Fragen stehen“, erläutert Faßbender. Ortstermine sind für ihn unerlässlich, um die Tatsachen und den Gesamteindruck mit eigenen Augen zu erfassen.

Bei Privatgutachten sind die Bedingungen weniger streng, in manchen Fällen ist nur der Auftraggeber bei dem Termin dabei. „Je nachdem wie die Parteien zueinander stehen, muss man als Sachverständiger Ortstermine mit viel Fingerspitzengefühl angehen“, berichtet Faßbender. Abhängig von der Art der Fragestellung können die vor Ort durchzuführenden Maßnahmen sehr umfangreich ausfallen. Dirk Velte: „Vor kurzem hatte ich den Auftrag, die Verarbeitung und Stababstände an 325 lfdm Geländer zu prüfen. Da waren rund 2.400 Messungen mit Protokoll und Auswertung zu erstellen.“

Basierend auf den so gewonnenen Informationen erstellen die Sachverständigen das schriftliche Gutachten. Wenn im Rahmen des Gutachtens noch vertiefende Fragen, beispielsweise im Bereich Statik, Brandmeldetechnik oder Heiztechnik zu beantworten sind, wird häufig noch die Einschätzung von Sachverständigen aus diesen Bereichen eingeholt.

„Beim Gutachten ist besonders zu beachten, dass man nur eine Tatsachenfeststellung abgibt und die gestellten Fragen sehr genau beantwortet“, erläutert Faßbender. „Schließlich hat man dabei meist mit Juristen zu tun, die mit Widersprüchen in der Beantwortung oder Ungenauigkeiten in den Angaben Argumente für ihre Partei in der Hand haben.“ Grundsätzlich dürfen Sachverständige in ihrem Gutachten kein Urteil abgeben oder Rechtsfragen beantworten.

Gutachten werden besonders häufig in den Bereichen Türen und Tore mit der damit verbundenen Technik sowie bei Wintergärten und Fassaden gefordert, hat Faßbender festgestellt. Einen weiteren Schwerpunkt sieht Dirk Velte in Bereichen mit hohem Preisdruck, u.a. bei Projekten in öffentlich-privater Partnerschaft. „Dort kauft ein privater Investor zu Mindestkonditionen ein und lokale Betriebe kommen fast nie zum Zug“, berichtet Velte. „In solchen Fällen zählt nur der Preis, Qualifikationen werden nicht ordentlich abgefragt und geprüft, Nacharbeiten nicht sauber oder gar nicht mehr erledigt.“

Planen mit Sachverstand. Sachverständige sind nicht nur Experten zur Beurteilung von Schäden und Fehlern. Mängel an einem Objekt lassen sich in vielen Fällen schon durch sorgfältige Planung vermeiden. Daher kann es sinnvoll sein, bereits in der Planungsphase Sachverständige zu konsultieren. Faßbender: „Einen Sachverständigen im Vorfeld als Berater hinzuzuziehen, kann für Architekten, Bauherren und ausführende Betriebe weitaus preiswerter sein, als eine für alle Beteiligten unbefriedigende Situation zu schaffen, einen Baustopp oder gar Folgeschäden zu riskieren.“ Sachverständige kennen die kritischen Punkte bei den Planungen aus eigener Erfahrung und können dabei helfen, sie bereits in der Planung zu vermeiden. „Ein Anruf mit einer kurzen telefonischen Beratung kann hier schon weiterhelfen“, weiß Faßbender.

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