Doppelfassade für HVB-Tower

Münchner Wahrzeichen wird modernisiert

Ist der 27-stöckige Tower mit der Element-Doppelfassade modernisiert, soll sich der Verbrauch der Wärmeenergie um die Hälfte reduzieren und der Stromverbrauch um ein Viertel. Die Planer ließen sich von den Vorgaben des Denkmalschutzes und der angestrebten LEED-Zertifikation herausfordern. Dobler Metallbau München führt die Fassade aus.

Schon seit Jahresbeginn 2013 sind die rund 1.200 Mitarbeiter des Hypo-Towers ausquartiert, das Gebäude ist in Händen der Bauarbeiter, Zäune riegeln das Grundstück ab. Wenn überhaupt – Zutritt ist nur über die Security möglich. Für Passanten ist von außen nicht viel zu sehen, einige Stockwerke sind ohne Fassadenverkleidung. Wer den Blick an dem Skyscraper hoch gleiten lässt, sieht aus den Treppentürmen zwei Kräne herausragen. An den Seilen hängen silbern glänzende Fassadenelemente. Monteure in Schutzausrüstung stehen in den offenen Geschossen und heben die neuen Elemente der Doppelfassade ein.
Trotz Baustelle, im Foyer des Towers sind Bildschirme aufgestellt, Filme zeigen die geplanten baulichen Veränderungen. Die Aufzüge funktionieren, beim Aussteigen im 12. Stockwerk ist es luftig. Die Aluminiumfassade ist demontiert, wer die direkte, freie Sicht auf die Stadt genießen möchte, sollte besser schwindelfrei sein.
Kein Problem für die Metallbauer von Dobler, die im vergangenen Jahr mit dem Tausch der alten Fassadenelemente gegen die neuen begonnen haben. Die Monteure arbeiten sich von den unteren Stockwerken nach oben vor. Über die Hälfte der Elemente waren bis zum Ende des vergangenen Jahres bereits demontiert, die Doppelfassade ist bis zum 10. Obergeschoss wieder eingebaut. Insgesamt sind es 2.100 Elemente, die die Metallbauer in den Dobler Werkstätten in Deggendorf vorfertigen. Diese werden unter Verwendung der alten, einbetonierten Stahlkonsolen auf Rohdeckenoberseite über Beschläge hängend an den Geschossdecken montiert.

Die Doppelfassade. Die neue Fassade besteht aus Kastenfenstern. Auch wenn die Technologie eine völlig andere ist als die der alten Fassade, die Vorschriften des Denkmalschutzes gaben ein gleiches Erscheinungsbild vor. Passanten bleibt das Wahrzeichen an der nördlichen Zufahrt zur Stadt erhalten: vor der Sanierung ist nach der Sanierung.
Herausforderung war die silberne Spiegelung der Scheiben. „Damit die Ansicht mit der Bestandsfassade vergleichbar ist, haben wir über eineinhalb Jahre lang ca. 20 Test-elemente verglichen“, berichtet Peter Weidenhöfer – Vorstand der HVB Immobilien. Die Außenschale ist nach Vorgabe des Denkmalschutzes millimetergetreu der Bestandsfassade nachempfunden.
Seit 2006 steht der Tower unter Denkmalschutz, das beauftragte Büro HENN Architekten sowie das Architektenbüro Betz als Entwurfverfasser haben sich bemüht, den optischen Charakter des 114 Meter hohen Gebäudes zu wahren und gleichzeitig mit moderner Technologie eine energieeffiziente, nachhaltige und gleichermaßen wirtschaftliche Bauweise zu realisieren.
Aus dem Hochhaus Baujahr 1981 soll ein Green Building werden. So werden beispielsweise demontierte Bestandselemente der Fassade zur sortenreinen Trennung ins Werk zu Dobler transportiert. „Die Bestandteile werden in verwertbare und nicht verwertbare Materialien getrennt“, erklärt Weidenhöfer. Glas und Profile können nicht umgenutzt werden, aber zum größten Teil recycelt. Die Außenschalen der Brüstungspaneele werden gereinigt, die Aluminiumkassetten 1:1 wiederverwendet und in die neuen Fassadenelemente eingesetzt.
Das Profilsystem der Kastenfenster ist kombiniert aus Teilen von Schüco und Dobler. 1.410 x 4.000 mm groß und ca. 310 mm tief, wiegt ein vorgefertigtes Element mit Dreifach-Isolierverglasung ca. 620 kg. Beim Glas der Innenschale handelt es sich um eine Low-ε-Beschichtung mit einem
Ug-Wert von 0,7 W/m2K, einem Lichttransmissionsgrad (LT) von 69 %, einem Gesamtenergiedurchlassgrad (g-Wert) von 0,48 % und einem Schalldämmwert von 35–43 dB. Die Farbe ist neutral, der Farbton der Außenscheibe hingegen ist silbern. „Der silberne Ton der Fensterscheiben wurde an die Aluminiumpaneele in der Fassadenbrüstung angeglichen“, erklärt Weidenhöfer. Beim Entwurf des Towers in den 1970er Jahren ging es den Architekten Betz darum, dass sich der Himmel in der Fassade spiegelt. Die Ansicht des Gebäudes am Arabellapark sollte sich mit dem Wechsel des Wetters und der Jahreszeit ändern und sich in lebendiger Weise in die Stadtlandschaft einfügen.
Für die Außenscheibe hat man sich mit einem Ug-Wert 5,0 W/m2K begnügt, der LT beträgt 48 %, der g-Wert 0,37 %. In Simulationsberechnungen wurden die Abstände zwischen den beiden Scheiben sowie die Ergiebigkeit der Lüftungsquerschnitte geprüft. Im Fassadenzwischenraum sind witterungsgeschützte Alu-Lamellenjalousien integriert, die sich zugleich als Blendschutz einsetzen lassen. „Aufgrund der hohen Windgeschwindigkeiten in den oberen Geschossen wäre ein außenliegender Sonnenschutz gar nicht möglich gewesen“, so Weidenhöfer.
Wie bei solchen Objekten üblich, wurden Fassadenmusterelemente im Prüfstand auf Luftdichtigkeit, Regendichtigkeit, Winddruck und Schallschutz getestet sowie die Thermodynamik mit kalorimetrischen Messungen geprüft. Bauphysiker haben mit zonalen Gebäudesimulations- programmen die Luftströme berechnet. Die bauphysikalischen Kennwerte der Fassadenkonstruktion waren schließlich Grundlage für Heiz- und Kühllastberechnungen.

Das Belüftungskonzept. Eine wesentliche Änderung bringt die Sanierung für das Lüftungssystem. Die ehemalige einschalige Fassade ließ sich nicht öffnen, Zu- und Abluft wurde ausschließlich über eine Klimaanlage geregelt. Die Demontage der Klimakonvektoren entlang der Fensterfronten in den Büros bot Platz, die zweischalige Fassade nach Innen zu entwickeln. Die neuen Fenster können die Mitarbeiter kippen. Die Flügel lassen sich sowohl automatisch bedienen und zentral ansteuern als auch von Hand mechanisch öffnen. „Wir wollen unseren Mitarbeitern den Wunsch erfüllen, dass sie in ihrem Büro auch in der 20. Etage das Fenster kippen und lüften können“, sagt Weidenhöfer.
Da es sich um keine vollflächige Glasfassade handelt, kann die Luft neben den Bereichen der geschlossenen Platten über kleine, auf die Distanz kaum wahrnehmbare Löcher zugeführt werden. Aufgrund der ohnehin gegliederten Fassade ergibt sich keine wahrnehmbare optische Beeinträchtigung der denkmalgeschützten Ansicht.
Der Zwischenraum des Kastenfensters wird zweifach durchlüftet: zum einen durch Perforation der Horizontalprofile und zum anderen durch unsichtbare Öffnungen in den seitlichen Elementfugen. Neben der natürlichen Belüftung der Büroflächen geht es dabei auch darum, eine Überhitzung des Fassadenzwischenraums zu vermeiden. Die Finessen des Belüftungskonzeptes erforderten eine aufwändige Planung. Mit CFD-Simulationen haben die Bauphysiker die Luftströmungen und Lufttemperaturen im Fassadenzwischenraum geprüft.

Brandschutz der Doppelfassade. Anforderungen an den Brandschutz gibt für den HVB-Tower die Muster-Hochhaus-Richtlinie (MHHR) in der Fassung vom April 2008 vor. Aufgrund dieser Vorlage ergaben sich folgende Maßnahmen: Brandschutztechnisches Abschotten in den Deckenanschlussbereichen soll im Ernstfall den Brandüberschlag über die Geschosse hinweg verhindern. Die eingesetzten Materialien sind nicht brennbar und in den Anschlussbereichen an die Treppentürme werden F90-Fassadenelemente eingebaut. Natürliche Rauch- und Wärmeabzugsgeräte (NRWG) wurden in der Innenschale als Drehflügelfenster installiert und bilden sich in der Außenschale als Parallelausstellfenster ab. Darüber hinaus wurde eine Treppenhausdruckbelüftung über die Fassade realisiert und somit im Fall der Fälle eine Druckentlastung geschaffen.

Ausblick. Die Modernisierung des Gebäudekomplexes ist mit rund 250 Mio. Euro kalkuliert und soll bis 2018 abgeschlossen sein. Nach Plan ist zu Beginn 2015 die rund 14.000 m² große Fassadenfläche des HVB-Towers erneuert. Dazu gehört auch die Reinigung der ca. 10.000 m² großen Aluminiumblech-Verkleidung der Treppentürme. Die angestrebte LEED-Zertifizierung  für den Tower resultiert aus der Selbstverpflichtung der UniCredit Bank zur Nachhaltigkeit.

Download der Fassadenschnitte

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