Ausbildung

Virtueller Leistungswettbewerb

Am PC statt an der Werkbank

Der jährliche Leistungswettbewerb der Bundesfinalisten zählt zu den Höhepunkten im Kalender des Bundesfachzentrum Metall (BFM) in Northeim. Doch wegen der Corona-Krise musste die Veranstaltung im Jahr 2020 gänzlich anders ausgetragen werden.

Wer beim Bundesleistungswettbewerb des BFM dabei sein darf, der hat – es verglichen mit dem Sport – ins Finalturnier geschafft. In ganz Deutschland sind zuvor junge Männer und Frauen aus verschiedenen Berufen auf Kammerebene angetreten – Metallbauer in den drei Sparten Konstruktionstechnik, Metallgestaltung und Nutzfahrzeugbau. Außerdem Feinwerktechniker, Zerspanungsmechaniker und Metallgießer. Die jeweils besten aus acht Kategorien können sich dann über die Landeswettbewerbe zum „Endspiel des Handwerks“ qualifizieren, wie BFM-Geschäftsführer Dieter Hils es nennt.

Normalerweise erstreckt sich diese Veranstaltung, zu der die Teilnehmer aus ganz Deutschland ins südniedersächsische Northeim kommen, über drei Tage. Anreise am Donnerstag, Freitag dann ab 8 Uhr Programm, praktischer Wettbewerb bis zum Nachmittag – im Anschluss tagt die Jury. Am Samstag gibt es dann eine Festveranstaltung in der Northeimer Stadthalle, zu der auch geladene Gäste, etwa Familien und Angehörige der Teilnehmer, anreisen. Im Jahr 2019 kamen 400 Gäste. So läuft das – normalerweise.

Doch was war schon normal im zurückliegenden Jahr 2020? Nach dem ersten Lockdown vom März herrschte auch am BFM lange Ausnahmezustand. Die Bildungsstätte wurde coronasicher gemacht. In den Fluren gab es nur Einbahnstraßen, das Personal und auch das Schulungsangebot vor Ort wurden reduziert. Nicht nur am BFM, sondern in ganz Deutschland nährte sich die Hoffnung, dass die Rückkehr zur Normalität schneller gehen würde. „Bis Oktober sind wir noch davon ausgegangen, dass wir die Veranstaltung in irgendeiner Form würden durchführen können“, erinnert sich Dieter Hils. Doch daraus wurde nichts.

Reiseverbot für führende Beteiligte

Als die Corona-Zahlen in ganz Deutschland wieder schlechter wurden, sank auch am BFM die Hoffnung, dass der Wettbewerb dieses Jahr wie üblich stattfinden könne. Allein der Festakt stand plötzlich unter dem Risiko, ein sogenanntes Superspreader-Event zu werden, also eine Veranstaltung die letztlich dadurch in Erinnerung bleiben würde, weil sich dort Menschen mit Corona infizierten. „Dieses Risiko konnten wir nicht eingehen“, sagt Hils. Hils selbst hätte übrigens gar nicht vor Ort in Northeim sein dürfe, wie Bildungsreferent Christian Krause erzählt: „Dieter Hils kommt wie ich aus Gelsenkirchen. Die Stadt war zu der Zeit Hochrisikogebiet. Wir durften also nicht nach Niedersachsen ausreisen.“

Also wurde umgeplant. Der finale Wettbewerb besteht normalerweise aus einer praktischen Übung. Die Teilnehmer bekommen eine präzise formulierte technische Aufgabe, die sie dann innerhalb der vorgegeben Zeit umsetzen müssen. Doch die jungen Menschen in die Werkstätte des BFM zu stellen, kam nicht mehr in Frage. So wurde aus dem großen Turnier quasi ein E-Sport-Event. Die Prüfung fand per Computer-Schalte statt. Die Finalisten wurden von Zweierteams aus der Jury befragt, wie sie die ihnen gestellte Aufgabe lösen würden. Jeder Finalist hatte eine halbe Stunde Zeit, um sein Vorgehen zu schildern und Fragen der Prüfer zu beantworten. Nur Theorie also, keine Praxis.

Doch ist damit ein gerechter Wettbewerb überhaupt möglich? Lebt ein Handwerk gerade nicht davon, dass man praktisch etwas macht – und nicht nur darüber spricht? Ganz so sei das nicht, findet Dieter Hils. „Ein erfahrener Prüfer merkt sehr wohl, ob ein Geselle weiß, wovon er spricht.“ Hinzu kommt auch, dass die Finalisten ihr handwerkliches Geschick ja bereits bewiesen haben. „Wer so weit gekommen ist, der hat was auf dem Kasten“, sagt Hils. Das dann auch theoretisch und verständlich zu belegen, sei ein wichtiger Qualitätsaspekt, der auch in den anderen Jahren immer eine Rolle gespielt habe. Es sei schon immer darum gegangen, zu erklären, wie man zum fertigen Werkstück gekommen sei. Dieses Jahr musste man, statt etwas zu tun, eben erklären, wie man es tun würde. Die Finalisten des BFM-Leistungswettbewerbs sind die Chefs von morgen. Sie sollen auch mal Azubis ausbilden. Theorie-Verständnis sei daher durchaus wichtig.

www.bfm-northeim.de

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