ZDH zum Thema Nachfolge

Unterstützung von Kammern & Verbänden

Wie finde ich einen Nachfolger? Wo lasse ich mich beraten? Diese und andere Fragen hat Fachautor Philipp Peters mit Rolf Papenfuß, Referatsleiter Beratung beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), besprochen.

metallbau: Herr Papenfuß, jeder fünfte Handwerker braucht innerhalb der nächsten fünf Jahre einen Nachfolger. Ist das viel oder eine ganz normale Quote?

Rolf Papenfuß: Wir gehen davon aus, dass in den nächsten fünf Jahren bei rund 100.000 Betrieben ein Eigentümerwechsel stattfinden wird. Diese Zahl bleibt über die Jahre relativ konstant. Auch im Corona-Jahr hat sich daran wenig verändert, das betrifft auch das Aufkommen an Anfragen von interessierten Übernehmern bei unseren Handwerksorganisationen.

metallbau: Gibt es Branchen, die sich besonders schwertun, einen Nachfolger zu finden?

Papenfuß: Es gibt Branchen, bei denen sich der Prozess etwas aufwendiger gestaltet. Ein Metallbetrieb mit seinen Maschinen und Anlagen hat allein schon deswegen einen höheren Substanzwert. Das führt zu einem höheren Kaufpreis. Der kann zur Hürde für potenzielle Nachfolger werden, die oft nur wenig Kapital mitbringen.

metallbau: Und wenn der Nachfolger kein Geld hat?

Papenfuß: Es gibt Möglichkeiten, wie man die Finanzierungsfrage lösen kann. Man könnte zum Beispiel bei Mitarbeitern, die eine Übernahme im Betrieb anstreben, durch Lohnverzicht Eigenkapital aufbauen. Sie verzichten also auf Gehalt und werden dafür Stück für Stück an der Firma beteiligt.

metallbau: Wann lohnt sich denn eine Übernahme? Was sind die Kriterien?

Papenfuß: Eine gewisse Betriebsgröße macht immer Sinn. Ein-Mann-Unternehmen sind zumindest oft weniger interessant für eine Übernahme. Wichtiger aber ist die Ertragsstärke eines Unternehmens. Leider erleben wir immer wieder, dass Alt-Unternehmer die Ertragskraft und damit den Wert des Unternehmens überschätzen. Ist die Ertragskraft des Betriebes gering, bleibt nur der Substanzwert − also der Wert der vorhandenen Maschinen und sonstiger Vermögensgegenstände. Aber: veraltete Maschinen müssen möglicherweise bald erneuert werden. Dann wird es schwierig, Nachfolger zu finden.

metallbau: In welchem Alter wird die Nachfolge zum Thema?

Papenfuß: Allgemein sprechen wir davon, dass man sich spätestens ab 55 Jahren konkrete Gedanken über die Nachfolgeregelung machen und entsprechende Vorkehrungen treffen sollte.

metallbau: Das sind zehn Jahre vor dem Rentenalter.

Papenfuß: Das ist nicht viel Zeit, wenn man bedenkt, dass Altunternehmer diese Zeit oft brauchen, um sich  vor allem persönlich mit der anstehenden Loslösung vom Unternehmen abzufinden. Sonst läuft er oder sie möglicherweise in der Rente noch über den Hof und regt sich auf, weil der Gabelstapler falsch geparkt wurde. Das haben wir alles schon erlebt. Außerdem sollte man auch Kunden und Lieferanten auf die Übergabe vorbereiten. Im Handwerk sind diese Beziehungen oft stark persönlich geprägt. Und natürlich braucht es Zeit, um den passenden Nachfolger zu finden und einzuarbeiten. Im Idealfall führt ein Nachfolger für einen besseren Übergang den Betrieb noch eine Zeit lang gemeinsam mit seinem Vorgänger, bis dieser sich verabschiedet.

metallbau: Ist die gute Chemie zwischen Vorgänger und Nachfolger das Wichtigste von allem?

Papenfuß: Schwierig wird es, wenn die Spannungen erst nach der Übergabe auftreten. Dann lässt sich das Rad nicht mehr zurückdrehen. Wir haben in der Handwerksorganisation Mediatoren, die sich genau darauf spezialisiert haben, beide Seiten wieder zusammenzubringen.

metallbau: Wie lang dauert der eigentliche, formelle Prozess der Übergabe?

Papenfuß: Wenn man sich gut vorbereitet, kann dieser rein formale Prozess sehr schnell gehen. Dann braucht man lediglich ein paar Termine – etwa Steuerberater, Bank und Notar. In wenigen Monaten ist das erledigt. In der Praxis kommt es allerdings leider häufig zu Problemen, deren Lösungen Zeit beanspruchen.

metallbau: Viele sagen: „Wir regeln das im Haus, in der Familie.“ Sie sagen hingegen: „Ohne Beratung wird es sehr schwer.“

Papenfuß: Richtig. Es geht zum Beispiel nicht ohne Steuerberater. Abgesehen davon wird es schwieriger ohne Blick von außen. Handwerkskammern und unsere Fachverbände haben sehr gut geschulte Berater, die schon viele erfolgreiche Nachfolgen begleitet haben. Diese Beratung ist bei uns grundsätzlich kostenfrei. Und wir betreuen die Unternehmen vom ersten Gedanken bis weit nach der Übernahme.

metallbau: Gibt es einen Standard, was ein Nachfolgeberater können muss?

Papenfuß: Der Begriff ist nicht geschützt – Steuerberater einmal ausgenommen, kann sich also jeder Berater nennen. Die Berater in unseren Handwerksorganisationen bieten hingegen einen hohen einheitlichen Qualitätsstandard. Sie arbeiten mit weitgehend standardisierten Instrumenten und sind über ein spezielles Online-Portal untereinander vernetzt. Zudem werden sie fortlaufend weitergebildet. Unser Anspruch ist es, erster Ansprechpartner für das Unternehmen zu sein.

metallbau: Wenn ich keinen Nachfolger im Betrieb finde, muss ich extern suchen. Wie?

Papenfuß: Auch da hilft das Netzwerk unserer Beratungsstellen. Wir kennen mögliche Kandidaten, etwa aus den Gesellen- und Meisterkursen. Oft entstehen da schon wichtige Kontakte. Und dann gibt es natürlich die bundesweite Datenbank nexxt-change, die vom Bundeswirtschaftsministerium betrieben wird. Alle Handwerkskammern machen da mit.

metallbau: Wie präzise lassen sich Unternehmen über diese Datenbank identifizieren? Metallverarbeitung ist ja zum Beispiel ein sehr weites Feld.

Papenfuß: Wir empfehlen Unternehmen, möglichst präzise Angaben zu machen. Die Börse bietet die entsprechenden Möglichkeiten. Aber viele Inhaber wollen das nicht und bleiben absichtlich vage. Doch je mehr Informationen er oder sie preisgibt, desto eher findet sich ein passender Interessent. Auch hier lohnt es sich, mit Beratern der Handwerksorganisation zusammenzuarbeiten. Die Kammern sind als Regionalpartner auch als neutrale Kontaktstellen da.

metallbau: Was empfehlen Sie nach der Übergabe – in der Nähe zu bleiben, um Erfahrungen zu teilen, oder doch der klare Schnitt?

Papenfuß: Ideal ist: Begleitend übergeben und sich dann aus dem Tagesgeschäft konsequent zurückziehen. Wenn eine Frage auftaucht, können Altinhaber sofort helfen…

metallbau: …aber man sollte nicht weiter im Büro neben dem Eingang sitzen?

Papenfuß: Das sollte man bleiben lassen, richtig. Nachfolger sind nach der Übergabe Chef, Altunternehmer sind nur noch Ratgeber. Auf diese Rollen muss man sich festlegen, sonst klappt es nicht.

metallbau: Nachfolgen werden nicht im selben Rahmen gefördert wie Neugründungen. Warum?

Papenfuß: Wer eine berufliche Selbstständigkeit aufbaut, muss gleichwertig gefördert werden. Das haben wir inzwischen auch erreicht. Auch Nachfolger sind für uns gründende Unternehmer: Sie starten ihre Selbstständigkeit eben nicht in Form einer Neugründung, sondern als Betriebsnachfolger. Das braucht – neben fachlicher und unternehmerischer Qualifizierung – auch Mut, und der muss gefördert werden.

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