Normen

Fachtagung Technik & Normung

Ausbau und Entsorgung alter Fenster

Mit Anstieg der Aufträge aus dem Bereich Sanierung hat bei Fenster- und Türbauern das Thema Schadstoffe wieder mehr relevanz. Bei der Demontage von Elementen im Bestand wird immer wieder Asbest, Blei, PCB, PCP, Lindan und KMF gefunden. Architekt Rainer Rutsch widmete sich bei der VFF-Tagung Normung und Technik dem Thema, das – wie er betonte – alle Rahmenmaterialien betrifft. Auf Seite 42 finden Sie Hinweise zur Betriebshaftpflicht.

Bei Berufskrankheiten ist Asbest die häufigste Todesursache. In den vergangenen zehn Jahren sind 3.376 Versicherte der BG BAU infolge einer asbestbedingten Berufserkrankung gestorben, allein im Jahr 2022 waren es 320. Die Zahl der Neuerkrankungen nahm im vergangenen Jahr zu. So wurden der BG BAU 2022 insgesamt 2.414 neue Verdachtsfälle asbestbedingter Berufserkrankungen gemeldet.

Norbert Kluger, Leiter der Abteilung Stoffliche Gefährdungen der BG BAU: „Asbest ist ein nach wie vor aktuelles Problem, denn wir müssen bei Bestandsbauten immer davon ausgehen, dass Asbest enthalten sein kann. Sollen Arbeiten im Bestand stattfinden, ist vorab eine genaue Recherche und möglicherweise eine Materialanalyse unerlässlich. Danach müssen entsprechende Schutzmaßnahmen ergriffen werden.“

Wenngleich Asbest seit 1993 verboten ist, geht die BAuA davon aus, dass immer noch über 37 Mio. Tonnen asbesthaltiges Material verbaut sind. Risikobereiche für die Schadstoffe Asbest, Blei, PCB, PCP, Lindan und KMF sind Fensterkitt, Fensterbänke, Putz- und Spachtelmasse, Fliesenkleber, Parkettkleber, Bodenbeläge, Dämmstoffe, Dichtungsschnüre, Estrich, Fassadenplatten und Abdichtungen von Flachdächern.

Asbest wurde hierzulande bis einschließlich 1992 verbaut, Bleiweiß, Titandioxid und Zinkweiß bis einschließlich 1960, Bleisikkative, PCP, PCB und Lindan bis einschließlich 1989 und KMF wurde ab dem Jahr 2000 nicht mehr zur Herstellung von Mineralwollplatten eingesetzt. Liegen wegen des Baujahrs für Modernisierungsobjekte Schadstoffrisiken vor, sollte dazu im Vertrag eine Klausel berücksichtigt werden.

VFF-Referent Rainer Rutsch konstatierte: „Liegt ein Auftrag für einen Fenstertausch in einem Bestandsbau vor 1993 vor, sollte der Fensterbauer vorab auf Probeentnahmen durch einen sachkundigen Mitarbeiter bestehen.“ Im Fall der Fälle müssen alle Fenstersysteme beprobt werden. Ist der Bauherr dazu nicht bereit, sollte der Betrieb den Auftrag ablehnen. Für die Probeentnahme sind je nach Schadstoffverdacht folgende Nachweise erforderlich: TRGS 519 mit bundesweiter Gültigkeit (zwei Schulungstage) für Asbest, TRGS 521 für KMF (eintägige Online-Schulung), TRGS 524 (zwei Schulungstage) für Blei und Arbeiten im kontaminierten Bereich. Gibt es strittige Fragen sei es für alle Beteiligten sicherer, einen Schadstoffgutachter einzuschalten. „Ein falscher Umgang mit Schadstoffen könne aufwändige Arbeiten nach sich ziehen. Man stelle sich vor, eine Schule muss vollständig gereinigt werden, weil mit dem Putz auch Asbest aufgefräst wurde und die Räume dann mit Millionen von Asbestfasern kontaminiert sind. Diese Baustelle muss möglicherweise mehrere Monate unterbrochen werden. Hat der Fensterbauer sich nicht an die Vorgaben eingehalten, muss er mit Schadenszahlungen in Millionenhöhe rechnen. Eine Deckungssumme von 150.000 Euro ist für Schadensfälle durch Schadstoffe nicht angemessen (siehe Fachartikel Betriebshaftpflicht/ Teil 6 S. 42).

Bevor Mitarbeiter mit Schadstoffen in Kontakt kommen, sollte der Geschäftsführer eines Fensterbaubetriebs an folgende sechs Punkte gedacht haben:

Benennen einer sachkundigen Person; in jedem Fensterbaubetrieb sollte es Mitarbeiter mit einem sogenannten kleinen Asbestschein geben (TRGS 519).

Eine Gefährdungsbeurteilung sollte vorliegen.

Eine Betriebsanweisung für den Umgang mit Blei, Asbest usw. sollte es geben.

Eine Unterweisung für den Umgang mit Schadstoffen sollte durchgeführt und protokolliert sein.

Die Baustelle mit Baujahr vor 1993 sollte bei der Arbeitsschutzbehörde angezeigt werden.

Protokolle über den jährlichen Gesundheitscheck der Mitarbeiter sollten vorliegen.

Rutsch weist darauf hin, dass beim Ausbau und der Entsorgung z.B. von asbesthaltigem Fensterkitt Vorgaben einzuhalten und Nachweispflichten zu erfüllen sind. „Sollten diese nicht mit lückenlosen Dokumentationen belegt sein, könnten Schadensfälle kostspielig bis hin zu existenzbedrohend werden.“

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