Korrosion Geländer & Balkone

Feuerverzinken plus Pulverbeschichten

Um den optimalen Korrosionsschutz für Geländer und Balkone aus Stahl zu erhalten, setzen Metallbauer auf eine Kombination zweier bewährter Verfahren: das Feuerverzinken plus Pulverbeschichtung. Worauf kommt es an, damit die Qualität stimmt? Zwei Metallbauer berichten.

Benda Metalltechnik aus Wiener Neustadt – rund 50 Kilometer südlich von Wien – fertigt Geländer und Balkone für private Hausbesitzer in Niederösterreich. Das Gros der Geländer ist aus Stahl und wird in der Regel verzinkt und pulverbeschichtet. Werden Geländer im Innenbereich verbaut, genügt es, sie zu lackieren. „Dann bringen wir eine Rostschutzgrundierung auf und lassen sie vom Maler lackieren“, berichtet Geschäftsführer Mathias Benda.

Dass der Korrosionsschutz im Innenbereich weniger relevant ist, bestätigt auch Rudolf Stögmüller, Geschäftsführer der gleichnamigen Firma in Eichendorf. Die meisten Gebäude hätten mittlerweile ein gutes Raumklima mit geringer Luftfeuchtigkeit. Ganz anders sieht es im Außenbereich aus. Regen, Sonne, Sauerstoff – all diese Einflüsse würden den Stahl zum Rosten bringen. Auch die meisten Geländer und Balkone, die Rudolf Stögmüller Stahl- und Metallbau fertigt, sind aus Stahl. Ob die Metallbaufirma die Bauteile nach dem Feuerverzinken noch zum Pulverbeschichten gibt, hängt vom Auftraggeber ab. „Die Pulverbeschichtung ist eine Budgetfrage und daher abhängig vom Bauherrn. Die meisten Architekten wünschen sich,  dass die Oberfläche wegen des Erscheinungsbilds zusätzlich farbbeschichtet wird. Eigentlich wären die Geländer rein durch das Feuerverzinken ausreichend korrosionsgeschützt“, erläutert der Geschäftsführer. Durch die Pulverbeschichtung oder eine Nasslackierung wird aber der Stahl zusätzlich geschützt. Dass aus Gründen der Optik zuerst feuerverzinkt und dann beschichtet wird, bestätigt auch Philipp Himmel, Vertriebsleiter von Wiegel Eching Feuerverzinken. „Wenn die atmosphärische Belastung nicht so groß ist, reichen auch einfache Beschichtungen aus“, so Himmel. Das Unternehmen, das feuerverzinkt, sollte immer über den Verwendungszweck informiert werden. „Wenn Balkone oder Geländer zum Beispiel an der Küste aufgestellt werden, empfehlen wir, sie zusätzlich beschichten zu lassen“, so der Vertriebsleiter und betont, dass die Beratungs- und Planungsphase ein entscheidender Faktor ist, um optimale Ergebnisse zu erzielen.

Rudolf Stögmüller Stahl- und Metallbau lässt seine Werkstücke ausschließlich bei Wiegel feuerverzinken – entweder im Werk in Plattling, das näher bei Eichendorf liegt, oder in Eching im Norden von München. Stögmüller: „Wenn wir längere Bauteile haben, lassen wir sie in Eching feuerverzinken. Jedes Werk hat eine andere Größe der Bäder; je nachdem, welche Maße das Bauteil hat, muss man das ‚richtige‘ Wiegel-Werk auswählen. Eching verfügt über eine der größten und modernsten Anlagen und hat eben das längere Tauchbecken. Die Zusammenarbeit hat sich über viele Jahre hinweg gut eingespielt.“

Das Metallbauunternehmen aus Niederbayern mit 90 Mitarbeitern ist hauptsächlich im Großraum München tätig und realisiert im Schnitt 20 bis 25 Projekte pro Jahr, bei denen Balkone, Geländer und Treppen hergestellt werden; darunter sind dann häufig größere Projekte wie zum Beispiel Schulen oder Wohnanlagen. Ein Stammkunde ist der Flughafen München, für den das Unternehmen seit 25 Jahren tätig ist. „Wir sind dort nahezu täglich mit drei bis fünf Monteuren vor Ort“, erzählt Stögmüller und ergänzt: „Wenn man sich im Terminal 1 und 2 umsieht, gibt es nahezu kein Ganzglasgeländer, das nicht von uns stammt.“ Der Jahresumsatz des niederbayerischen Metallbaubetriebs liegt bei 7,5 bis 8 Millionen Euro.

Bei Benda Metalltechnik wird der Stahl montagefertig zum Verzinken geschickt – zwischen 300 und 500 Kilo in der Woche. Der österreichische Betrieb arbeitet mit zwei Feuerverzinkern und zwei Beschichtungsunternehmen zusammen. Die Entscheidung, welches Unternehmen beauftragt wird, hängt vom Preis und der Lieferzeit ab. In letzter Zeit häufen sich aber die Reklamationen bei dem Unternehmen, das schneller liefert. „Teile kommen auch mal verbogen oder verzogen zurück oder die Stäbe sind herausgebrochen“, sagt Benda. Dann wird das per Fotodokumentation reklamiert. Mathias Benda: „Der Prozess ist durchaus verbesserungswürdig, da wir immer ziemlich unter Zeitdruck stehen. Da ist es wichtig, dass Termine gut eingehalten werden. Aber die Qualität sollte eben auch stimmen.“

Vorbereitung: Konstruktion mit Löchern

Was können die Metallbauer tun, damit der Prozess beim Feuerverzinker gut klappt? Rudolf Stögmüller: „Vollmaterial ist weniger problematisch. Aber Rohre benötigen sogenannte Entlüftungsbohrungen; alle Werkstücke müssen so konstruiert sein, dass der Zink wieder ablaufen kann.“ Nicht immer wissen die Metallbauer genau, wie sie die Werkstücke anliefern müssen, weiß Philipp Himmel. Die Mitarbeiter bei Wiegel beraten die Kunden, welche konstruktiven Anforderungen erfüllt sein müssen. Er berichtet: „Seitens der Planer sind Bohrungen und Öffnungen oft nicht gern gesehen; doch solche Löcher in Hohlkörperkonstruktionen sind wichtig. Die Luft muss aus dem Werkstück entweichen können, sonst geht es im Zinkbad nicht unter und wird dann logischerweise nicht verzinkt.“

Für tragende Bauteile – zu denen auch Geländer und Balkone zählen – gibt es die Richtlinie DASt 022 des deutschen Ausschusses für Stahlbau. Alles, was in Deutschland verbaut wird, fällt unter diese Richtlinie. Sie regelt, welche Stahlgüte verwendet werden sollte, welche Vertrauenszone gilt und welche Prüfungen stattfinden müssen. Himmel fasst zusammen, wie bei Wiegel die Qualität der Verzinkung sichergestellt wird: Bei der Sichtprüfung werden die Schweißnähte überprüft, ob zum Beispiel Risse vorhanden sind. Bei höherfesten Stählen wird eine Magnetpulverprüfung durchgeführt. Mittels einer Suspension werden die Bauteile auf mögliche Risse geprüft. Himmel betont: „Wir hier im Werk haben die technische Ausrüstung, die Zulassung und auch das geschulte Personal, um die Prüfungen wie gefordert durchzuführen.“

Nacharbeit: Zinkspitzen abfeilen

Eine Nachbehandlung, wenn die Werkstücke zurück beim Metallbauunternehmen sind, bleibt nicht aus. „Dort, wo der Zink abtropft, entstehen an den Unterstellen Zinkspitzen“, so Benda. Stögmüller bestätigt: „Nach der Verzinkung sind Werkstücke nicht eben. Grobe Nasen, Zinkspitzen oder ‚Pickel‘ müssen mechanisch abgeschliffen werden. Erst danach geben wir das Werkstück an den Pulverbeschichter.“ Während Benda manchmal die Arbeit der Feuerverzinker reklamieren muss, bemängelt Stögmüller eher die Qualität der Arbeit der Pulverbeschichter. Das Pulver müsse langfristig am Untergrund haften. Wenn schon auf der Baustelle die Beschichtung anfängt, abzublättern, ist etwas schiefgelaufen.

Der Prozess bei der Pulverbeschichtung erfolgt in mehreren Stufen. Zunächst wird das verzinkte Bauteil zum Sweepen gebracht, um die Oberfläche aufzurauen. Dazu werden Glasperlen oder Stahlkorund verwendet. Danach wird die Oberfläche entfettet. Erst jetzt wird das Pulver mit einem feinen Sprühnebel aufgebracht. Dann wird das Bauteil im Ofen bei 200 bis 250 Grad gebacken. Jetzt verschmelzen die Pigmente miteinander und gehen eine Verbindung mit dem Stahl ein.

Wettlauf gegen die Zeit

Stögmüller: „Das Problem ist, dass die Haftung zwischen Zink und Pulverbeschichtung nicht immer perfekt ist, wenn bei der Vorbereitung etwas falsch gemacht wurde. Leider stellt man das erst zu spät fest: Dann, wenn man auf der Baustelle ist oder teilweise auch erst nach Jahren.“ Wenn die Mitarbeiter von Stögmüller bemerken, dass die Farbe bereits auf der Baustelle abblättert, wird das reklamiert und das Bauteil geht zurück zur Beschichtungsfirma. Für die Metallbauer ist das immer ein Wettlauf gegen die Zeit, denn so eine Verzögerung kann den Baufortschritt gefährden. Doch den Lieferanten zu wechseln, ist für den Betrieb keine Option. Man müsse auch noch nach drei Jahren nachvollziehen können, wer was gemacht hat, und je mehr Zulieferer man habe, desto schwieriger sei das. „Auch wenn sich die Beanstandungen in letzter Zeit gehäuft haben, bislang hat doch alles noch rechtzeitig geklappt“, sagt der Geschäftsführer.

Enviral statt Verzinken

Für den Metallbaubetrieb in Wiener Neustadt ist das zweistufige Duplex-System – zuerst feuerverzinken, dann pulverbeschichten – die Regel, aber dieser Prozess ist wegen der gestiegenen Energiepreise kostenintensiv. Kürzlich wurde eine neu entwickelte Methode von Enviral (Fachartikel metallbau 2022/6) ausprobiert. „Die Smart-Corr-Beschichtung ergibt eine schöne Oberfläche. Wenn dann noch der Korrosionsschutz gegeben ist, wäre das natürlich ein optimales Verfahren, um Kosten, Zeit und Energie einzusparen“, so Benda. Bei zwei Bauvorhaben hat das Unternehmen die Beschichtung von Enviral „ausprobiert, weil es ein interessantes Produkt ist“ – bei einem Carport und einer Terrassenüberdachung. Was Geländer im Außenbereich angeht, ist er noch vorsichtig. Der Grund: „Wenn Sie ein 400 Meter langes Geländer haben, und es fängt nach zwei Jahren an zu rosten, ist es schwierig, das wieder abzumontieren.“ Doch er ist sich sicher, dass sie das neue Verfahren bei weiteren Projekten einsetzen werden. „Nur bei Geländern und Balkonen eher noch nicht.“

www.stoegmueller-stahlbau.com

www.metalltechnik-benda.at

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