Wenn Schlosser und Kaufmann ...

„Es war einmal …“, beginnt Norbert Rumpel seine Rede zum 40-jährigen Jubiläum, über 400 Gäste sind im April anlässlich der Feier ins Haus des Gastes nach Hofheim gekommen. Über sein Erfolgsmärchen — von einer Doppelgarage auf 16.000 m² Produktionsfläche — werden sie mucksmäuschenstill. Es ist nicht der Abend, um über hemdsärmelige Maloche zu reden. Kaufmann Rumpel erzählt, als ob er das Unternehmen mit seinem Kompagnon groß geträumt hat: „Zusammen mit Christian Häpp bin ich oft nach Feierabend auf den Eichelsdorfer Hügeln gesessen, wir haben auf Hofheim geschaut und uns vorgestellt, dass rund um das Gewerbegebiet HAGA Produktionshallen wie Pilze aus dem Boden schießen.“  Und so ähnlich wie im Traum kam es dann auch: Rund um den ehemaligen Hofheimer BayWa Turm, aus dem inzwischen der HAGA Turm geworden ist, und der gewiss von den Anhöhen rund um Hofheim weithin zu sehen ist, hat sich das Betriebsgelände über die Jahre erweitert. Insgesamt hat das Unternehmen mit der Zentrale in Hofheim an vier weiteren Standorten auf 65.000 Quadratmeter Fläche expandiert: Fuchsstadt, Römhild, Lichtenau-Chemnitz und Wackersdorf. An allen Standorten wird produziert, alle fünf sind über IT miteinander vernetzt.

Aber auch wenn Rumpel seinen Erfolg schier unglaublich wie ein Märchen erlebt, steht der 62- Jährige mit beiden Beinen auf dem Boden. Seine Devise: „Keine Yachten, keine Hubschrauber, die Gewinne werden ins Unternehmen investiert.“ Rumpel hat öfters zugeschaut, wie Unternehmer­kollegen in die Pleite schlitterten. Nicht zuletzt gründete er die Standorte Römhild, Fuchsstadt und Wackersdorf mit dem Aufkauf insolventer Metallbaubetriebe.

Eines der jüngsten Bauprojekte ist der Ausbau des Technik Campus mit Schulungsraum und Cafeteria in Hofheim. In dem Bürogebäude haben 45 Systemplaner, Techniker und Ingenieure ihre Schreibtische. Sie planen komplexe Fassaden beispielsweise für The Cube in Birmingham mit einem Auftragsvolumen von ca. 17 Millionen Euro, für die Deutschlandzentrale von Microsoft in München mit 11 Millionen Euro oder für die Realschule in Gerolzhofen mit einem ­Volumen von 1,1 Millionen Euro. „Ob ein Großobjekt im Nahen Osten oder eine Haustüre für ein Wohnhaus in Eichelsdorf, egal wo – wir sind für alle Metallbauarbeiten ansprechbar“, sagt Rumpel.

40 eigene Montagetrupps sorgen auf den Baustellen dafür, dass die qualitativ hochwertige Fertigung auch beim Einbau umgesetzt wird. Die Vielseitigkeit verschafft dem Unternehmen ca. 600 Auf­träge im Jahr, mit denen 2015 ca. 45 Millionen Euro erwirtschaftet wurden.

Viel größer als vorgestellt

Bis zur Jubiläumsparty ist noch eine Stunde hin, Zeit genug für eine Führung durch den Betrieb. Norbert Rumpel öffnet die Türe zur Werkshalle, die 1979 gebaut wurde. Bis dahin hatte er mit seinem Kompagnon Christian Häpp in einer Doppelgarage Fenster, Türen, Balkone und Wintergärten gebaut.

„Damals bin ich hier gestanden und hab gedacht, hoffentlich können wir die Halle bezahlen“, erinnert er sich. Der Schritt Richtung industrieorientierte Fertigung erwies sich als richtig. Das Geschäft lief erfolgreich, 1980 beschäftigte HAGA bereits 15 Mitarbeiter.

Ein nächster Meilenstein für die positive Entwicklung war die Übernahme von Scharf Metallbau in Wackersdorf. „2006 haben wir den insolventen Betrieb mit 70 Mitarbeitern erworben“, berichtet der Geschäftsführer. Mit modernen Durchlaufbearbeitungszentren ausgestattet, wurde der Standort vor allem für die Serienfertigung großer Fassadenobjekte ausgebaut und ist Sitz des zentralen Einkaufs.

„Als Systempartner für Aluminium haben wir uns auf Schüco und Wicona festgelegt. Wir verarbeiten jährlich über 1.000 Tonnen Aluminium. Im Segment Stahlbau sind es trotz schwieriger Marktlage sogar 4.000 Tonnen. Glas verbauen wir ca. 200.000 Quadratmeter jährlich.“

Regionales und internationales Schwergewicht:

HAGA Metallbau ist ein regionales Schwergewicht, auch Gäste aus der Politik mischen sich unter die Jubiläumsparty. Staatssekretär Gerhard Eck bezeichnet HAGA als „wunderbare Firma, die überregional Vertrauen genießt“. Landrat Wilhelm Schneider betont, dass harte Arbeit, Weitsicht und Zielstrebigkeit den guten Ruf ausmachen. Bürgermeister Wolfgang Borst bedankt sich für die Praktikumsplätze, die HAGA jüngst für Asylsuchende angeboten hat. Aber auch die 30 Ausbildungsplätze bescheren gesellschaftliche Anerkennung.

Die regionale Verbundenheit ist jedoch nur eine Seite der Medaille, auf der Kehrseite stehen die Umsätze, die im Ausland generiert werden. Inzwischen 25 % schätzt Rumpel – und mit zunehmender Tendenz. Der Dominanz der deutschen Generalunternehmer weicht HAGA gerne aus. Aber es ist kein Kinderspiel, in ausländischen Märkten Fuß zu fassen. Hartnäckigkeit und Glück müssen zusammenfallen, um sich zu positionieren. „In der Schweiz ist uns der Einstieg über die Praktika meines Sohnes gelungen“, erzählt Rumpel. Nach Abschluss seines Studiums des Wirtschaftsingenieurwesens, hatte HAGA einen Zugang zum Markt. „Inzwischen sind in der Schweiz acht Mit­arbeiter samt Montageleitung tätig.“

Aufträge für Fassadenprojekte in UK an Land zu ziehen, ist mit vielen Ups and Downs verbunden. Oft ergeben sich Aufträge im Ausland durch Kooperation mit einem GU in Deutschland. „Wenn die Zusammenarbeit hierzulande gut klappt, fragt der GU dann vielleicht für einen Auslandsauftrag an.“

„2008 hatten wir es in UK geschafft, uns zu positionieren, 2009 ist uns mit der Finanzkrise der Markt weggebrochen. Jetzt sind wir seit zwei Jahren wieder aktiv und haben mit The Cube natürlich eine klasse Referenz“, erzählt Rumpel. Die Engländer sind sehr angenehme und faiere Vertragspartner. Allerdings hat es einige Jahre gedauert, bis alle Hürden genommen wurden.

Fazit

HAGA Metallbau stützt sich auf zwei Unternehmerfamilien. Auf die Rumpels und Häpps. Inzwischen sind drei Söhne der beiden Gründer ins Unternehmen eingestiegen, Mario Häpp fungiert als technischer Geschäftsführer, Andreas Häpp managt den immer wichtigeren IT-Bereich im Unternehmen. Vater Christian hat sich kürzlich in die Rente verabschiedet. Die kaufmännischen Angelegenheiten führt Norbert Rumpel Hand in Hand mit dem Geschäftsführer Michael Karlein (s. Interview).

Die Gesellschafter machen sich nichts vor: „Der langfristige Erfolg ist nur dem Engagement und der Loyalität der Mitarbeiter - die HAGAjaner  genannt werden - geschuldet.“ Der Zusammenhalt der Belegschaft ist ihm einiges wert: Weihnachten etwa feiert die gesamte Belegschaft jedes Jahr an einem anderen Firmenstandort, und alle zwei Jahre findet ein Sommerfest mit Familienanhang statt. Betriebsbands organisieren immer wieder Benefizkonzerte für die Hofheimer. Das Engagement reicht weit über die Firma hinaus.

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