Fassade & Denkmalschutz

Hochhaus am Plärrer in Nürnberg

Über 1.000 Schwingflügelfenster saniert

Zu seiner Einweihung 1953 war das 15-stöckige Hochhaus am Plärrer in Nürnberg das höchste Gebäude Bayerns. Geprägt ist der Komplex von rund 1.060 Schwingflügelfenstern, die von MTZ Metalltechnik Zitzmann aus Oerlenbach im Sinne der Denkmalpflege saniert wurden und nun Anforderungen wie Wärmeschutz und Langlebigkeit erfüllen.

Im fast vollkommen zerstörten Nürnberg wurde 1953 nach Plänen von Wilhelm Schlegtendal das Hochhaus am Plärrer fertiggestellt. Neben dem Hochhaus gehört zu dem damals entstandenen Ensemble der Städtischen Werke Nürnberg noch ein dreigeschossiger Gebäuderiegel. 1.060 Schwingflügelfenster charakterisierten diese beiden Bauteile. Wegen der Einfachverglasung und entsprechend schlechten Wärmedämmung wurden jedoch alle Fenster in den 1980er-Jahren durch besser gedämmte, schlichte Drehkippflügelfenster ersetzt. Seit 1988 steht das Hochhaus als klassischer Bau der 1950-er- Jahre unter Denkmalschutz.

Originaltreue Schwingflügel

Als ehemals höchster Bau des Freistaats stand und steht das Hochhaus am Plärrer unter einem „besonders wachen Auge der Denkmalpflege“. Dies erläutert Gunnar Sellien, projektleitender Architekt im Büro Knerer und Lang, das mit der Sanierung beauftragt war. Bei diesem 2016 gestarteten Projekt ging es aber um mehr, als den gesamten Gebäudekomplex an die geforderten Normen hinsichtlich des Brand-, Wärme- und Schallschutzes anzupassen.
„Vorgabe war auch, das ursprüngliche Erscheinungsbild der klassischen Fassade aus den 1950-er-Jahren wiederherzustellen, das seit 1988 unter Denkmalschutz steht“, erklärt Sellin.  So musste auf die Fassade, bestehend aus Fensterbrüstungen aus Bimsstein und einer Sichtbetonkonstruktion, nachträglich ein Wärmedämmverbundsystem aufgebracht werden.
Eine weitere Herausforderung bestand in der originalgetreuen Wiederherstellung der filigranen Schwingflügelfenster, die das Erscheinungsbild des Hauses charakterisieren. Ausgeschrieben wurde ein „Schwing-Verbundfenster mit integriertem Sonnenschutz und innen liegendem Drehflügel für Revisions- und Reinigungsarbeiten bei geschlossener Schwingfunktion“. Jürg Egli, Leiter Objektmanagement bei Forster, erklärt, dass diese sperrige Fachbezeichnung anschaulich die Komplexität der entwicklungstechnischen Herausforderung beschreibt.

Über eine europaweite Ausschreibung aufmerksam geworden, entwickelte Forster Profilsysteme als möglicher Systemgeber  mit den Architekten einen Prototyp. Sellien betont, wie beeindruckt er vom Schweizer Unternehmen war, weil es bereit war, einen prüffähigen Prototypen zu entwickeln. Damit war es nicht nur möglich, dem Bauherrn von der N-ERGIE Aktiengesellschaft ein funktionierendes Fensterelement vorzustellen, sondern auch die geforderten Nachweise hinsichtlich mechanischer Beanspruchung, Dauerfunktion, Stoßfestigkeit, Schalldämmung und Tauwasserverhalten zu erbringen.

Schwergewichtige Flügel

Die Schwingflügel aller Fenster kann man sich als ein 16 cm starkes Kasten-Verbundfenster mit integriertem Sonnenschutz vorstellen. An diesen wie auch an die Glasscheiben gelangt man zu Revisions- und Reinigungszwecken über einen innenseitigen Drehflügel, der mit einem Steckgriff entriegelt wird. Während die außenliegende Prallscheibe aus gehärtetem VSG-Glas besteht, erfolgt die Wärmedämmung über die Dreifachisolierverglasung, die im inneren Revisionsflügel sitzt. Alle Gläser sind ungetönt, der Sonnenschutz erfolgt mit elektrischen Raffstorelamellen.

Die Schwingflügelfenster (H 1.853 mm × B 1.310 mm) sind mit einem Gewicht von 250 kg ausgesprochen schwer, hinzu kommt der Außenrahmen mit weiteren 50 kg. „Statt wie davor die ca. 300 kg schweren Einheiten auf den Bimssteinbrüstungen zu platzieren, ruhen sie jetzt auf stählernen U-Profilen, die wir zwischen die Fassadenstützen eingezogen haben“, erklärt Architekt Gunnar Sellien.

Konstruktion sichert Langlebigkeit

Der Bauherr maß der Langlebigkeit der Fensterrahmen eine große Bedeutung bei; sie sollte den üblichen Lebenszyklus von 25 bis 30 Jahren weit übertreffen. Drei sorgfältig geplante Details tragen wesentlich zur geforderten Langlebigkeit der Lösung bei: das Drehlager, der Isolator und der geringe Ausdehnungskoeffizient der Stahlrahmen. Bei dem Drehlager handelt es sich um einen dickwandigen Hohlbolzen mit 15 mm Durchmesser, durch dessen Inneres die Sonnenschutzverkabelung verläuft. Da die Schwingfenster nur um rund 12 cm geöffnet werden müssen, beträgt der Scherwinkel gerade einmal 7,5 Grad, was eine geringe Torsion für das im Drehlager integrierte Schwachstromkabel bedeutet.

Die Schwingrahmen bauen auf dem Profil forster unico auf. Forster setzt nicht auf Kunststoffisolatoren, die zwischen dem inneren und dem äußeren bandverzinkten Stahlrahmen sitzen, sondern auf ein hochwertiges Edelstahl-Gitterwerk. Der große Vorteil von Edelstahl ist, dass er nicht wie Kunststoff mit den Jahren versprödet und brüchig wird. Darüber hinaus reduziert dieser Isolator auch die Brandlast. Im Brandfall ist der Isolator kein Brandbeschleuniger und bildet auch keine Giftgase. Herunterfallende Fensterhalbschalen, infolge brennender Isolatoren, kann es bei diesem Hochhaus nicht geben.

Im Stahlfensterbau sind die Rahmenecken nicht auf Gehrung gestoßen, sondern zu einer Einheit verschweißt. So gibt es keine Stoßfugen, durch die Feuchtigkeit in die Rahmen eindringen kann. Deren Oberflächen wurden in der Korrosivitätskategorie C4 veredelt und mit einem UV-beständigen hellen Farbton überzogen.

Verschlossen werden die Schwingfenster mittels vierseitigen Beschlagteilen, die sich umlaufend in ihren Außenrahmen verriegeln und allseitig festziehen. Nur so konnte eine für das Hochhaus ausreichende Windsog- und Wasserdichtigkeit sowie die Schallschutzanforderung von 47 dB erreicht werden.

Als Nachweis seiner Langlebigkeit hat Forster Profilsysteme das Schwingflügelfenster einer Dauerfunktionsprüfung unterzogen. Dabei wurden die üblichen Testreihen, die zwischen 5.000 und 20.000 Zyklen liegen um den Faktor 10 übertroffen: Für diese speziellen Schwingfenster wurde der Nachweis von 200.000 Zyklen erbracht.

Gläserne Ecken auf dem Dach

Außer den Schwingfenstern des Hochhauses und des dreigeschossigen Werkstatttraktes musste auch die Festverglasung des obersten Staffelgeschosses erneuert werden. Dafür wurde das Pfosten-Riegel-Fassadensystem forster thermfix vario Hi verwendet. Es weist eine Ansichtsbreite von lediglich 45 mm auf und besitzt einen Uf-Wert von 0,49 W/m²K. Damit war es kein Problem, bei einer zeitgemäßen Wärmedämmung den ursprünglichen Charakter zu wahren: Dem Original entsprechend wurde die Glasfassade nach innen geneigt. Zudem zeigen die äußeren Profilleisten weiterhin die Köpfe der Schrauben, die das Glas in der Unterkonstruktion halten. Die umlaufende Verglasung weist Glasecken auf, die durch ein schmales Profil kaschiert sind. Neu eingefügt sind zwei Fluchtfenster, ausgeführt im System forster unico. Sie ermöglichen im Brandfall eine Rettung auf die Dachterrasse.

Nach knapp vierjähriger Sanierung präsentieren sich die Fenster des Hochhauses am Plärrer wieder so wie 1953. „Die ursprüngliche Formensprache ist wieder sichtbar. Es war die beste verfügbare technische Lösung, die Forster Profilsysteme angeboten hat“, ist Gunnar Sellien überzeugt. ⇥red ◊

www.mtz-metalltechnik.de

www.forster-profile.ch

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