Loslassen und Talente fördern

Bei der Familiennachfolge sind Emotionen im Spiel

Doch Günter Schmitz, Geschäftsführer der Coplaning Akademie Denkhouse, setzt bereits viel früher an. Er verweist darauf, dass die heutige junge Generation oftmals  großen Wert auf Work-Life-Balance legt: „Eltern haben Vorbildfunktion. Wenn Kinder ihre Eltern immer nur arbeiten sehen und wenn während des gesamten Familienlebens immer der Betrieb im Mittelpunkt steht, ist es fraglich, ob der Nachwuchs auch solch ein Leben führen möchte.“ Hier kann man frühzeitig die entsprechenden Signale senden oder zumindest darüber sprechen, dass die Juniorchefs vielleicht manches anders regeln möchten und mehr Wert auf die Vereinbarkeit von Firma, Freizeit und Familie legen.

Eigenes Ego steht nicht im ­Vordergrund

Ein weiterer Knackpunkt bei der Familiennachfolge ist, dass Seniorchefs oftmals nicht loslassen können. Viele sind misstrauisch und denken, ohne sie würde gar nichts laufen, verdeutlicht Schmitz und appelliert: „Ohne das erforderliche Vertrauen in den Nachwuchs ist der Übergabeprozess oft sehr konfliktbehaftet. Denn solange den Senioren ihr Ego wichtiger ist als die erfolgreiche Zukunft der Kinder, sprich des Unternehmens, ist dies meist zum Scheitern verurteilt.“ Deshalb empfiehlt der Geschäftsführer ganz klare abgegrenzte Kompetenzen, vor allem, wenn der Seniorchef auch nach der Übergabe weiter im Betrieb mitarbeitet: „Das geht schon bei der Weisungsbefugnis für die Mitarbeiter los. Insbesondere gegenüber den Angestellten sollte der Senior ganz klar zu verstehen geben, dass der Junior nun das Sagen hat“, so Schmitz: „Manche Mitarbeiter kennen ihre Juniorchefs noch als Kinder. Da kann es schon sein, dass diese dann – vor allem bei Unklarheiten – nicht so ganz ernst genommen werden.“ Eine fatale Entwicklung, die sich demotivierend auf das ganze Team auswirken kann, Produktionsprozesse stört und richtig viel Geld kosten kann, mahnt der Geschäftsführer. Auch bei Änderungen im Betrieb ist es wichtig, dass die Gründerväter den neuen Weg mitgehen.

Riss im Familienfrieden

Stehen mehrere Kinder zur Betriebsübernahme bereit, empfiehlt es sich, frühzeitig klärende Gespräche zu führen: „Man sollte in diesen Fällen gründlich prüfen, ob es Sinn macht, alle Kinder gleichberechtigt einzusetzen. Nicht jedes hat die gleichen Talente sowie Interessen, um als gleichberechtigter Geschäftsführer zu bestehen. Vor allem sollte man versuchen, insbesondere auf Gesellschafterebene Pattsituationen zu vermeiden. Denn das kann für ein Unternehmen existenzbedrohend sein und einen tiefen Riss im Familienfrieden hinterlassen.“

Da bei der Familiennachfolge nicht nur die rechtliche Konstruktion, sondern auch die emotionalen Aspekte nicht zu vernachlässigen sind, rät Schmitz: „Um gewissen Konflikten vorzubeugen, macht es oft Sinn, einen externen Mediator oder Berater vor der Weichenstellung mit einzubeziehen. Diese beherrschen die richtige Fragetechnik, wissen worauf es ankommt und sind vor allem neutral in der Gesprächsführung. So können auch etwas heiklere Punkte in Ruhe und mit deutlich weniger Emotionen thematisiert werden.“

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