Metallbautag 2016

150 Teilnehmer in Wien

Wir berichten auszugsweise von den Vorträgen und der Podiumsdiskussion (siehe Infokasten). Dipl.-Ing. Heinz Ferk arbeitet sein Referat für metallbau als Manuskript aus. Über „Das Gebäudeklima und sein Einfluss auf die Kondensatbildung an Fenster- und Glaskonstruktionen“ schreibt Ferk als Fachautor für die Ausgabe vom Juni.

Die Haken der „Kleinen Novelle 2016“
An den parlamentarischen Beschluss des neuen Vergaberechts hat die Metallbaubranche zahlreiche Hoffnungen geknüpft. Doch inwiefern sich diese erfüllen, ist eher ungewiss. Eine klare Regel des neuen Vergaberechts lautet: Die öffentliche Hand ist künftig bei Aufträgen von mehr als einer Million Euro stärker verpflichtet, auf Qualitätskriterien und Folgekosten zu achten. Zumindest diese Regelung, die alle Lose und gemischte Aufträge, z.B. mit Planung, erfasst, ist ein politischer Erfolg der AMFT Initiative Bestbieterprinzip.
Ende 2015 wurde das neue Vergaberecht im Parlament beschlossen, seit März ist es in Kraft. Die Änderungen zielen darauf, Lohn- und Sozialdumping zu bekämpfen, Transparenz bei Subvergaben zu garantieren und die Qualität auf dem Bau zu verbessern. Der Mehraufwand auf Seiten der Behörden wird gegengerechnet mit langfristigen finanziellen Einsparungen.
Doch die Haken und Ösen der sogenannten Kleinen Novelle sind vielfältig. Nach Ansicht von Dr. Matthias Öhler birgt sie ein „erhöhtes Anfechtungsrisiko“ und ein „erhöhtes Kostenrisiko“. Vordergründig gehe es bei dem Vergaberecht gewiss um mehr Qualität, hintergründig besteche die „Kleine Novelle 2016“ aber vor allem mit Komplexität. Summa summarum gebe es einige Hundert neue Vergabeparagrafen zu beachten. Die Umsetzung in neuem BVergG erwartet der Rechtsanwalt  frühestens im Herbst 2016. Dann müssten sich Bieter auch auf neue Bewertungsziele einstellen wie etwa die Aufnahme von Auszubildenden oder Angaben zur Ausbildung und Berufserfahrung des Schlüsselpersonals.
Eine Erleichterung bringt die Reform für Metallbauer hinsichtlich der Genehmigung von Subunternehmen, die aus allen Nationen der EU stammen können. Sind die Unterlagen, die die Eignung des Subunternehmens nachweisen sollen, eingereicht und der AG meldet sich drei Wochen lang nicht dazu, ist das Subunternehmen automatisch akzeptiert.

Änderungen durch die EN 16034
Über die CE-Kennzeichnung für Feuer- und Rauchschutzabschlüsse durch die EN 16034 berichtete Mag. Ing. Robert Brenner vom Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung (IBS) in Linz. Die EN 16034 löst die ÖNORM B 385(0)-(3) zum Ende der Koexistenzphase am 1. September 2019 ab. Ein wesentlicher Unterschied in der Gegenüberstellung österreichisches ÜA-Zeichen und CE-Zeichen ist die schriftliche Festlegung, welcher Mitarbeiter für die WPK verantwortlich ist. Bislang ist es noch möglich, den Verantwortlichen für die sogenannte Eigenüberwachung gegenüber dem IBS mündlich bekanntzugeben. Des Weiteren wird mit Zertifizierung nach EN 16034 wird die WPK dann jährlich überwacht.
Neben dem heute schon notwendigen Klassifizierungsbericht, der die Kenngrößen des Produktes sowie den zulässigen Variantenbereich des Systems beschreibt und Grundlage für die Leistungserklärung des CE-Kennzeichens ist, kommt bei der EN 16034 noch der EXAP-Bericht über den erweiterten Anwendungsbereich hinzu. In diesem werden die Verwendung weiterer Prüfberichte, die Übertragbarkeit von Größen sowie die Austauschbarkeit von Beschlägen, Materialien und Konstruktionsdetails geregelt. Der Austausch von Beschlägen und Zubehör ist dabei besonders wichtig.

Neue ÖNORM für Fenster- und Türeinbau
Für den Einbau von Fenstern und Türen in Wände wurde im vergangenen Jahr die ÖNORM B 5320:2015 eingeführt. Die Vorgaben beziehen sich auf Neubau, Sanierung und Fenstertausch. Der Anwendungsbereich wurde von Fenstern, Fenstertüren und Außentüren um außenliegende Anbauteile wie Sonnen- und Insektenschutzeinrichtungen und Lüftungseinrichtungen erweitert. Peter Schober von der Holz Forschung Austria informierte über die wesentlichen Vorgaben der ÖNORM B 5320:2015. Anlass für diese Norm, die nicht mehr als 20 Seiten umfasst, waren Untersuchungen zu Mängeln bei Bauobjekten: „Bei einem Bauvorhaben passieren 60 % der Mängel beim Einbau von Fenstern und Türen“, teilte Schober mit. Allemal Grund genug für eine neue Norm. Typische Mängel seien fehlerhafte Anschlüsse und Eckausbildungen. Verhindern lasse sich dies in erster Linie durch Fachwissen der Monteure und eine gewerkeübergreifende Kooperation. Komplexe Geometrien, hohe bauphysikalische Anforderungen und neue Materialien, die präzise verarbeitet werden müssen, erwiesen sich derzeit als Herausforderung.

Ziele für die neue Norm sind u.a.

  • technisch richtige Ausführung fordern
  • reine Anforderungsnorm
  • den Standard-Einbau festlegen
  • Gewerketrennung ermöglichen
  • objektspezifische Ausführungen zulassen
  • einheitliche Nachweisführung

Für Klarheit sorgt die ÖNORM B 5320:2015, indem sie Anforderungen festlegt, für die eine Planung vorliegen muss. Das ist beispielsweise der Fall bei Forderung eines objektspezifischen Wärmebrücken-Nachweises, etwa beim Bau eines Passivhauses, oder bei Schallschutzanforderungen an das bewertete Schalldämmmaß des Fensters (Rw), wenn:

  • Rw ≥ 38 dB bei Einbau in der Dämmebene vor dem tragenden Baukörper
  • Rw ≥ 42 dB bei Einbau in der Laibung des Wandbildners/tragenden Baukörpers.

Ebenfalls muss eine Planung bei Einbruchhemmung ab Widerstandsklasse WK 3 bzw. RC 3 vorliegen. Darüber hinaus gibt es sechs weitere Vorgaben für eine Planung. Damit die Bauabläufe künftig nachvollziehbar sind, ist der Monteur verpflichtet, alle Änderungen des Plans vorab mit dem Planer abzusprechen.

Vernetztes Denken auf dem Bau
Dipl.-Ing. Wolfgang Kradischnig von Delta zeigte in seinem Vortrag auf, dass im förderlichen Miteinander eine gute Chance liegt, um die Komplexität der Zusammenarbeit bei Bauprojekten zu reduzieren. Die aktuelle Situation im Bauwesen stelle fünf Herausforderungen: technische Fragestellungen, wirtschaftliche und rechtliche sowie kulturelle und soziale. Diese gelte es, in eine produktive Balance zu bringen. Den Firmen empfahl er einen Trendumkehr von der „Spirale des Misstrauens“, die unaufhaltsam nach unten führt, zur „Spirale des Vertrauens“, die nach oben zeigt. Als Beispiele für vertrauensbildende Sätze nannte er „Erfolg am Projekt ist wichtiger als Recht behalten“ oder „Wie befreiend ist es, wenn man Fehler eingestehen kann“. Misstrauen wird gestreut mit Sätzen wie „Fehler einzugestehen ist eine Schwäche“ oder „Wenn ich mein Gesicht nicht verlieren möchte, muss ich Recht behalten“.

Ausblick
Im Jahr 2017 pausiert der Metallbautag und lässt der BAU in München den Vortritt. Bei der nächsten Veranstaltung im Jahr 2018 darf die Branche gespannt sein auf die Bilanzen zur „Kleinen Novelle 2016“: Erweist sich die Übernahme einiger Bestbieterprinzipien als Farce für die Metallbauer oder ist es doch gelungen, den Weg für die Unternehmer freizuschaufeln, die sich selbst hohe Qualitätsmaßstäbe auferlegen.

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