jost metallbau

Selbständigkeit lohnt

Willi Jost löst gerne konstruktive Probleme von Architekten, die ihre einzigartigen Entwürfe realisieren möchten. „Zeichnungen auf dem Papier in funktionierende Bauteile umzusetzen, ist mir Freude und Motivation zugleich“, sagt der 51-Jährige. Eine Sonderanfertigung in Kooperation mit einem Architekten war beispielsweise ein Vorhang aus Metallgewebe von Metall Pfister für einen Treppenaufgang. „Bei dieser speziellen Absturzsicherung haben wir ein Gewebe aus Edelstahl wie einen Vorhang auf eine Rundstange (Ø 16 mm) aufgezogen.“
Als Halterung am Boden und an der Decke wurden Stahlleisten mit Augenschrauben gesetzt, die Leisten wurden mit einem pulverbeschichteten Alublech passend zu den Fensterrahmen verkleidet. Das Auftragsvolumen betrug ca. 150.000 Euro, ein ausgefallener Kundenwunsch aus dem Privatsegment.
Weitere attraktive Aufträge bietet der Kreativbereich. Gerne lässt sich Jost von Künstlern fordern, ihre Ideen zu verwirklichen. „Ein Illusionskünstler, Sandro Del Prete, wollte mit Steinplatten einen Weg über einen Wasserteich bauen. Wir haben ihm dafür die Unterkonstruktion gefertigt, mit der er die Steine im Wasser befestigen konnte – natürlich ohne dass diese für den Spaziergänger sichtbar ist“, erzählt Jost. Er zeigt auf den Werkstattmeister, der an einem Stahlrahmen schweißt. „Milos Zivkovic findet für jeden Entwurf die geeignete technische Konstruktion. So ein handwerklicher Alleskönner ist wichtig für eine Schlosserei.“

Kleiner aber feiner Betrieb
Jost arbeitet längst nicht mehr in der Werkstatt, die Aufgaben für den Vertrieb, die Beratung und Planung halten ihn in Schach. Der Weg von der Schlosserei ins Büro war kurz. „Bereits nach den ersten zwei Jahren waren die Auftragsbücher derart gefüllt, dass ich zwei Metallbauer anstellen musste.“ Grund für den schnellen Aufbau des Betriebs war der Kontakt zu treuen Kunden, den Jost teilweise beim ehemaligen Arbeitgeber, stebler glashaus ag Metallbau heute in Oensingen, aufgebaut hatte und die ihm gefolgt sind. Eine weitere Quelle für Stammkunden ist ein Netzwerk unterschiedlicher Gewerke – von Elektrikern über Schreiner bis hin zu Installateuren. „Das Angebot einer Gesamtlösung für Baumaßnahmen überzeugt viele Kunden, die Abläufe werden Hand in Hand organisiert. Es funktioniert alles reibungslos“, berichtet Jost.
Die Belegschaft hat sich inzwischen auf elf Mitarbeiter erweitert, die jährlich einen Umsatz von ca. zwei Millionen Schweizer Franken erwirtschaften. Weiter expandieren möchte der Unternehmer nicht. „Mit zehn Mitarbeitern bleibt der Betrieb überschaubar, im Fall der Fälle kann ich selbst noch intervenieren“, stellt er fest.

Automatisierung uninteressant
In der Verarbeitung hat sich Jost auf Stahl festgelegt und ist nach EN 1090 EXC 1 und 2 zertifiziert. „Etwa ein Drittel der Aufträge machen Geländer, Treppen und allgemeine Bauschlosserei aus. Fenster, Türen, Verglasungen und Wintergärten summieren sich zu einem weiteren Drittel.“
Für Aufträge aus Aluminium greift Jost auf Fertigelemente zurück, auch bei Aluminiumtüren oder -fenstern für den Brandschutz. Anders wenn die Brandschutzelemente aus Stahl gefertigt werden: „Die Produktion findet dann bei uns statt, weil wir so stärker Einfluss auf die Liefertermine haben“, erklärt er.
Vom traditionellen Handwerk, das ohne Profilbearbeitungszentrum auskommt und ohne EDV-vernetzten Workflow rückt Jost nicht ab. Allein die Vorstellung, mit digitalen Plänen zu arbeiten, ist für ihn absurd. Im Büro fallen der Großformatdrucker und der große Stehtisch für die Auslage von Plänen sofort ins Auge.
Die Automatisierung der Produktion ist für ihn kein Thema. „Warum soll ich mich mit der Anschaffung eines PBZ unter Kapazitätsdruck setzen? Diese Arbeiten können Systemlieferanten übernehmen, sie haben in den vergangenen Jahren ihre Servicedienstleistungen für Metallbauer ausgebaut.“
Der vergleichsweise bescheidene Maschinenpark mit der Priorität auf handwerkliche Leistungen erklärt sich mit dem Profil seiner Kunden. Zur Hälfte bedient Jost Privatkunden, etwa zu 30 % stammen die Aufträge von gewerblichen Bauherren und nur zu 20 % von der öffentlichen Hand. „Dank dieser Kundenstruktur spielt der massive Preiswettbewerb wie er im öffentlichen Bereich herrscht, eine wesentlich kleinere Rolle. Nichtsdestotrotz optimieren wir lieber Arbeitsabläufe, anstatt Preise anzuheben“, so Jost. Für Privatkunden sind zum Glück eher Qualität, fachkundige Beratung und Service entscheidend. In diese Richtung lässt er auch seine Metallbauer weiterbilden.
Bei der jüngsten Inhouse-Schulung ging es um das Verhalten gegenüber Kunden. „Service, sauberes Auftreten, eine zweite Garderobe im Auto, für solche Selbstverständlichkeiten brauchen wir im Handwerk immer noch Mitarbeiterschulungen.“


Engagement für Azubis
Vier Auszubildende auf zehn Mitarbeiter – die Azubiquote ist vergleichsweise hoch. Aber der Nachwuchs ist Jost ein Anliegen, insbesondere weil er in seiner Region in Zusammenarbeit mit der SMU Gesellenprüfungen abnimmt. „Für die Prüfungen in der Region Bern-Mittelland sind im Sommer ca. 80 Auszubildende angemeldet, es könnten ruhig ein paar mehr sein“, sagt er. Ursache dafür ist seiner Ansicht nach die Gesellschaft. Die Eltern forcieren zu stark die akademische Ausbildung ihrer Kinder. „Und dann liegt es auch an der Branche, der Öffentlichkeit zu präsentieren, was wir herstellen, wie wir arbeiten und welche Chancen der Beruf bietet“, findet er. Der Metallbau braucht Schulabsolventen mit mathematischen Grundkenntnissen, räumlichem Vorstellungsvermögen und Freude am Handwerk. Der Verdienst – selbst im Vergleich der Schweizer Löhne – ist offensichtlich ganz ansehnlich. „Ich habe in meiner Lohnbuchhaltung sehr wenige Mitarbeiter, deren Gehalt unter 5.000 Schweizer Franken liegt.“

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