Kommentar

Torexperte Markus Macal

Zur Prüfung „mitfahrende Person“

Die Torhersteller haben sich auf die Forderung nach dem neuen Prüfstück (Kantenlänge 120 x120 mm) für Schiebetore immer noch nicht richtig eingestellt und vermarkten nach wie vor Tore, die der neuen DIN EN 12453 nicht gerecht werden. In der Regel fährt das Prüfstück in das Portal hinein, ohne dass eine Sicherheitsleiste reagiert und das Tor stoppt. Dieser Umstand kann im Zweifel zu schwersten Verletzungen führen.

Berücksichtigt man das Erscheinungsdatum 2017, so wäre genügend Zeit gewesen, sich der neuen Norm anzupassen und die Tore anders zu konzipieren. Leider geschieht das aber nicht. Einige Anbieter weisen darauf hin, dass die neue Norm bislang nicht harmonisiert wurde. Aber ist das wirklich entscheidend?

Die neue Norm stellt eindeutig den „anerkannten Stand der Sicherheits-Technik“ dar. Wir wissen inzwischen auch, dass es bei sicherheitstechnischen Mängeln keinen Bestandschutz gibt. So sieht es die aktuelle Rechtsprechung. Die Gerichte fragen grundsätzlich, ob man mit den Erkenntnissen und Regelwerken, die am Unfalltag vorlagen, den Unfall hätte vermeiden können.

Dem Gericht ist es völlig egal, ob eine Norm harmonisiert wurde. Dem Sachverständigen bleibt gleichfalls kein Spielraum. Wenn es um die Sicherheit eines Tores geht, kann er keine Norm aus dem Jahr 2001 heranziehen, sondern orientiert sich an den neuesten Vorschriften. In diesem Zusammenhang sei der Hinweis erlaubt, dass kraftbetätigte Schiebetore auch der Maschinenrichtlinie unterliegen. Die Maschinenrichtlinie verfolgt gleichfalls das Ziel, dass der Stand der Technik bewertet wird und demnach keine Norm, die über 20 Jahre alt ist.

Dass die Hersteller von Arealtoren solche Risiken eingehen, ist für mich äußerst bedenklich, zumal Lösungsvorschläge, die ohne weiteres umsetzbar wären, vorliegen. Eines steht fest, sollte es zu einem Unfall kommen, würde man zur Beurteilung die neue Norm heranziehen. Die daraus resultierenden Konsequenzen müsste der Hersteller übernehmen.

Auch unsere in Deutschland ansässigen Prüfstellen berücksichtigen diese neuen Umstände teilweise nicht. Es gibt durchaus Prüfstellen, die sich der neuen Version stellen, gleichfalls aber auch viele, die noch die alte Norm anwenden. Das Ergebnis ist ein nach Bauproduktenverordnung und DIN EN 13241 geprüftes und CE-gekennzeichnetes Tor, welches sicherheitstechnisch in Bezug auf die Problematik „Mitfahrende Person/Kind auf dem Schiebetor“ einen Mangel aufweist.

Prüfung „mitfahrende Person“

Zusätzlich zur funktionalen Sicherheit gibt es seit Ende 2017 weitere Sicherheitsaspekte, sowohl gemäß DIN EN 12453 als auch gemäß DIN EN 12604 (mechanische Aspekte), zu erfüllen. Beispielsweise das Prüfstück für Schiebetore, das eine mitfahrende Person simuliert. Hierbei handelt es sich um einen Prüfkörper mit den Kantenlängen 120 x 120 mm und einer Länge von 500 mm. Das Prüfstück soll eine mitfahrende Person auf einem Schiebetor simulieren. Der Prüfkörper muss senkrecht in der ungünstigsten Stellung auf dem Torblatt befestigt werden. Das Prüfstück muss dann, bevor es zu einer Gefährdung kommt, z.B. im Bereich des Portals, erkannt werden. Genau hier liegt das Problem. Die jetzigen Hersteller haben sich auf diese Forderung immer noch nicht richtig eingestellt und vermarkten nach wie vor Tore, die der neuen DIN EN 12453 nicht gerecht werden. In der Regel fährt das Prüfstück in das Portal hinein, ohne dass eine Sicherheitsleiste reagiert und das Tor stoppt. Bei dieser Normvorgabe gibt es nur die Frage, ob das Tor diese zusätzlichen Anforderungen erfüllt oder nicht. Bei Nichterfüllung muss umgerüstet werden oder das gesamte Tor ist zu erneuern. Siehe den folgenden Kommentar von Markus Macal.

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