BIM wandelt den Metallbau

Straffe Planung, Fertigung und Ausführung

Die Baubranche steht immer wieder vor Herausforderungen, wenn es um Produktivität, Qualität und pünktliche Lieferung geht. Noch heute werden auf dem Bau rund zehn Prozent der Materialien verschwendet, 30 Prozent der Ausführungen sind Änderungen, 40 Prozent der Arbeiten auf der Baustelle sind unproduktiv sowie über Budget und rund 90 Prozent der Projekte sind zeitlich im Verzug. BIM optimiert die Arbeiten, beseitigt die Misswirtschaft.

In den letzten Jahrzehnten hat der Einsatz von 3D-Modellen den Bau auf ein neues Leistungsniveau gehoben. Heute bieten exakte, detaillierte Gebäudemodelle eine Fülle an Informationen, um unterschiedlichste Aspekte von Bauprojekten zu optimieren — von der Fertigung, über Arbeitsabläufe bis hin zum Material- und Personaleinsatz. So können Unternehmen Aufträge schneller, effizienter und in höchster Qualität ausführen. Projekte werden pünktlich und im Rahmen des Budgets fertiggestellt, die Profitabilität steigt und Fehler werden minimiert. Dank 3D-Modellierung ist es einfacher denn je, die Wünsche des Kunden zu realisieren.

Die Umstellung von CAD auf BIM

Das rechnerunterstütze Konstruieren (CAD) ist aus der Baubranche nicht mehr wegzudenken. Die Umstellung damals — weg vom Zeichenbrett, hin zu CAD — war hart und vollzog sich über Jahre hinweg. Nun steht die Baubranche vor ihrem zweiten, weitreichenden Wandel. Beim Umstieg von CAD zu BIM (Building Information Modeling) bedarf es eines kompletten Umdenkens in Bezug auf die Zusammenarbeit mit Projektpartnern sowie bei der Abstimmung und dem Austausch von Informationen. Alle mit BIM erfassten Daten können systematisch gesammelt, genutzt und nachverfolgt werden. Dies steht im Kontrast zur konventionellen Planung, bei der beispielsweise veraltete 2D-Pläne direkt in die Tonne geworfen wurden.

Drei Tipps für den Umstieg:

Frühzeitiges Pilotprojekt: An einem Pilotprojekt mit einer wenig komplexen Baustruktur lassen sich neue Methoden einfach testen. Warten Sie nicht, bis ein Projekt ansteht, das BIM zwingend erforderlich macht.

Schrittweiser Aufbau: Durch eine schrittweise Einführung und Ausweitung auf weitere Leistungsbereiche können Sie Ihre Kompetenzen systematisch aufbauen und weiterentwickeln.

Das Team ist der Schlüssel: Motivation, Koordination und Kooperation der Mitarbeiter sind die wichtigste Voraussetzung. Beziehen Sie Ihr Team mit ein und begeistern Sie es für die neuen Möglichkeiten. Ein BIM Manager oder designierter Mitarbeiter kann helfen, die Anforderungen aller Mitarbeiter zu bündeln und BIM sicher in die Arbeitsprozesse zu etablieren.

Vorreiterrolle des Stahlbaus

Der konstruktive Stahlbau ist mit seiner integrierten Planung eine der ersten Branchen gewesen, die BIM praktiziert haben. Bereits vor 30 Jahren wurde der Austausch zwischen den CAD-Programmen des technischen Büros mit Statiksystemen sowie mit Daten- und Steuerungssystemen für Einkauf und Fertigung standardisiert. Später wurde mit der Produktschnittstelle Stahlbau (PSS) ein weiterer Standard entwickelt. Manchner Stahlbauer sagt heute: „Wir sind BIM ready, unsere Architekten weniger.“

Diverse Schnittstellen

Der Stahlbau hat seine zentrale Rolle in einem Bauprojekt bereits früh erkannt und Formate, wie die sogenannten DSTV-Schnittstellen für die Anbindungen an ERP/PPS- und Statik-Systeme sowie zur Fertigung entwickelt. Dennoch sind auch heute noch geschlossene, herstellerspezifische Datenaustauschformate, wie beispielsweise DXF, DWG oder DGN, sehr häufig anzutreffen. Dies sind Formate, die ausschließlich Geometrien übergeben und damit einen Mehraufwand bei der Kontrolle mit sich bringen. Eine ausführungsreife, BIM-basierte Planung fordert noch mehr Informationen: Der Stahlbauer profitiert davon, wenn er Informationen zum Querschnitt, zu Material, Schweißnähten, Schrauben und der Bauteilstruktur bekommt und übergeben kann. Zu den wichtigsten Informationen zählt aber auch die GUID (Global Unique Identifier), durch welche die Objekte eines digitalen Gebäudemodells eindeutig identifiziert und damit Änderungen im Planungsprozess verlässlich nachverfolgt werden können.

Es gilt daher, stahlbauspezifische Datenstandards konsequent weiterzudenken und offene, projektübergreifende Formate aufzubauen. Unabhängige Formate wie IFC (Industry Foundation Classes) des buildingSMART, dem Dachverein für offene, herstellerneutrale Schnittstellen, ermöglichen einen Austausch von Daten zwischen verschiedenen proprietären Software-Anwendungen. Diese umfassen Informationen aller am Bauprojekt mitwirkenden Disziplinen von der Planung bis hin zu Fertigung, Montage und Gebäudebetrieb. Das offene und neutrale Datenschema ermöglicht einen Planungs- und Bauprozess, in dem alle Partner die für ihr Gewerk optimale Lösung einsetzen und die Planungsdaten für alle Beteiligten les- und interpretierbar übergeben können. Ein solcher Datenaustausch basierend auf Open BIM bietet den bestmöglichen wirtschaftlichen und technischen Nutzen für alle Projektbeteiligten.

Veränderte Abläufe: CAD versus BIM

Der Stahlbau kann mit BIM wesentlich von der Übernahme von Partnerinformationen profitieren. Beispielsweise lässt sich die Evaluierung der Unterlagen automatisieren. Musste vorher eine Zeichnung analysiert werden, kann mit BIM ein IFC Modell eingelesen und automatisch analysiert werden. So lässt sich ganz einfach feststellen, ob jedes Bauteil ein Fertigungsdatum besitzt. Auch die Kommunikation nimmt einen neuen Stellenwert ein, da direkt anhand des Modells kommuniziert werden kann. Für die Fertigung sind die Veränderungen am offensichtlichsten: Dank BIM kann der Stahlbauer bedarfsgerechter produzieren – ohne Über- und Ausschuss. Ebenso steigt der Grad der Automatisierung, da Daten direkt vom Modell an die Fertigung übergeben werden können.

Ablauf eines integralen Planungsprozesses

Die finnische Tochter des Technologiekonzerns Trimble entwickelt eine der modernsten BIM Software-Lösungen. Die Basis von Tekla Structures ist eine moderne, relationale Datenbank, welche die Fülle an Informationen in einem schlanken Modell bündelt. Der Speicherbedarf bleibt relativ gering. Dadurch gelingt der Datenaustausch innerhalb der Tekla Structures — Landschaft und Anwenderschaft — einfach und schnell. Ein Zugriff beliebig vieler Konstrukteure auf das zentrale Modell, auch über das Internet, wird so erst möglich und attraktiv. Mehr als 30 lokalisierte Software-Umgebungen und eine Übersetzung des User Interface in 15 Sprachen ermöglichen eine internationale Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Kollegen.

Das explizite Modellieren, das heißt das manuelle Konstruieren von Details und Anschlüssen, ist problemlos möglich, eine effiziente Planung erfordert allerdings moderne Änderungsmechanismen. Wirklich schnell im Konstruieren werden Anwender erst, wenn sie auf möglichst viele fertige Detail- und Anschlusslösungen zurückgreifen können. In Tekla Structures existiert eine Vielzahl sogenannter Komponenten für Details und Anschlüsse. Diese sind in der Regel immer parametrisch, sodass nachträgliche Änderungen von Abmessungen oder das Zufügen und Entfernen von Elementen kein Problem darstellen (Parametrierung).

1. Vom Architekturmodell zu Tekla Structures

In der Regel liefert der Architekt eine Entwurfsplanung. Wird ein 3D-System wie beispielsweise von Revit oder ArchiCAD verwendet, filtert Tekla Structures aus den gesamten Informationen jene heraus, die tatsächlich eine Beschreibung hinsichtlich des Tragwerkes enthalten und wandelt diese in native Objekte. Gestalterische Elemente wie Fenster, Türen und leichte Trennwände bleiben unberücksichtigt.

In größeren Projekten kommen meist mehrere Fachplanungen zusammen, die unter Umständen die Festlegung des Tragwerks beeinflussen. Bei der technischen Gebäudeausrüstung können frühzeitig Leitungsführungen geklärt werden. Bei Planungen im Bestand können Informationen von Vermessungsbüros (z.B. Laserscans) hinzukommen.

2. Von Tekla Structures zur Statik und zurück

All diese Informationen führen dann zu einem Tragwerkskonzept, das an ein Statiksystem übergeben wird. Tekla Structures hält hierfür neben dem physischen Modell ein Statikmodell bereit. In diesem können unter anderem Lagerungsbedingungen sowie Stabeigenschaften definiert werden.

3. Detaillierung in Tekla Structures

Die weitere Detaillierung des Modells kann auf verschiedene Weise erfolgen. Dies hängt von der Anzahl der zu erwartenden ähnlichen Bauweisen ab.

Im Falle einer kleineren Anzahl von ähnlichen Bauweisen erfolgt die Detaillierung interaktiv. Hierbei geht der Konstrukteur Knoten für Knoten durch das Modell und erstellt die Anschlussdetails aus Blechen und Verbindungsmitteln. Trotz dieser interaktiven Arbeitsweise ist der Arbeitsaufwand bei nachträglichen Änderungen gering, da die Anschlüsse parametrisch sind. Ist ein hoher Wiederholungsfaktor zu erwarten, ist das Ablegen von Konstruktionsregeln sinnvoll (Autoconnection). Hierbei wird die räumliche Lage von Bauteilen im Modell zueinander betrachtet. Durch weitere Filterkriterien, wie Name, Querschnittsart oder -abmessungen wird die standardmäßige Wahl des Anschlusses vorbestimmt. Die vorgefundene Geometrie sorgt in Verbindung mit parametrisch aufbereiteten Anschlüssen für einen korrekten Anschluss. Neben einer verbesserten Schnelligkeit ist so bei regelmäßiger Geometrie immer die gleichartige Ausführung der Anschlüsse garantiert. Dies führt wiederum zu Vorteilen in der Fertigung, da diese Standards zu einem höheren Wiederholungsfaktor führen. Im Anschluss erfolgt eine Rückführung des Modells an den Architekturplaner via IFC. Dabei werden alle Anschlussdetails übernommen. Der Architekt kann seine Planungen überprüfen und mit weiteren Fachplanern, beispielsweise dem Trockenbau, abstimmen.


4.  Übergabe an die Fertigung

Die Fertigung kann von den zahlreichen Vorteilen von BIM in besonderem Maße profitieren: Daten können über die DSTV NC-Schnittstelle und ihre Weiterentwicklung, die Produktschnittstelle Stahlbau (PPS), aus dem Tekla Structures Modell direkt an die Fertigung übergeben werden. Auch hier ist das offene IFC-Format der aktuellste technologische Stand, um Daten für die Fertigung vollumfänglich herauszuschreiben oder auch den Bearbeitungsstatus in das Modell zurückzuführen. Vor allem manuelle Übertragungsfehler, die früher womöglich erst auf der Baustelle ans Licht gekommen wären, können durch die direkte Datenübertragung vermieden werden. Durch den erhöhten Automatisierungsgrad kann der Stahlbauer Präzision und Fertigungsgeschwindigkeit steigern und auch anspruchsvollste Konstruktionen wirtschaftlich realisieren.

5. Effizientere Montage mit BIM

Die zunehmende Automatisierung durch BIM setzt sich auch auf der Baustelle fort. Das ausführungsreife Tekla Structures Modell hilft, bereits während der Planung den Zusammenbau und die Montage im Blick zu haben und diese wesentlich effizienter zu gestalten. Mithilfe einer Trimble Totalstation können beispielsweise Kontrollpunkte festgelegt werden, um während der Montage kontinuierlich Abweichungen festzuhalten und diese wenn nötig bereits in der Werkstatt auszugleichen. Das BIM Modell unterstützt die Kommunikation zwischen Büro und Baustelle und sichert einen reibungslosen Projektablauf.

Vom Projektmanager zum BIM-Manager

In einem derartigen BIM-Projekt ist ein klares Projektmanagement von Vorteil. Prozesse und Verantwortlichkeiten müssen klar geregelt sein. Hier entstehen neue Aufgabenfelder wie die Rolle des BIM-Managers. Er hat einen entscheidenden Einfluss am Erfolg des Projekts. Denn auch die fortschrittlichsten Methoden können gutes Projektmanagement und qualifiziertes Personal nicht ersetzen. Heutzutage übernimmt der Stahlbauer diese zentrale Rolle in einem Bauprojekt, da er vielfach der einzige ist, der über ein 3D-Modell verfügt. Er holt sich Informationen von anderen Gewerken als 2D- oder 3D-Dateien und fügt diese in sein Modell ein. Mit zunehmender Einführung von BIM als bevorzugte Planungsmethode ist zu erwarten, dass sich die Funktion eines BIM-Managers fest etabliert und entsprechend honoriert wird.⇥red

www.tekla.com

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