Barrierefrei nach Norm

Seminare informieren über Grundsätzliches

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„Für zehn Prozent der Bevölkerung ist Barrierefreiheit erforderlich, für 40 Prozent ist sie empfehlenswert – aber für 100 Prozent ist sie komfortabel“ stellte Marcus Sauer von der Deutschen Gesellschaft für Gerontotechnik GGT fest. Den Experten zum barrierefreien Bauen hatte Gretsch-Unitas anlässlich des Architektenseminars eingeladen. Quintessenz seines Referats war, barrierefreies Bauen macht für alle Menschen Sinn.

Der Begriff „barrierefreies Gebäude“ ist geschützt und garantiert nach einem Grundsatzurteil des Oberlandesgerichts Koblenz den Käufern einer Immobilie Barrierefreiheit nach DIN 18040. Die Norm beschreibt Schutzziele, gibt wesentliche Maße und Lösungswege vor. Mit welchen konkreten Technologien die Anforderungen erfüllt werden, dafür bleibt Planern und ausführenden Betrieben Spielraum.

Mit Ausnahme Nordrhein-Westfalens haben alle Bundesländer über die Landesbauordnungen die Norm öffentlich-rechtlich eingeführt, die Umsetzung soll anhand der Musterliste des Deutschen Instituts für Bautechnik erfolgen. Die DIN 18040 gliedert sich in drei Teile:

  • DIN 18040 Teil 1 bezieht sich auf barrierefreies Bauen für öffentlich zugängliche Gebäude
  • DIN 18040 Teil 2 bezieht sich auf barrierefreies Bauen für Wohnungen
  • DIN 18040 Teil 3 beinhaltet den öffentlichen Verkehrs- und Freiraum

Während also mit der Bezeichnung „barrierefrei“ Baumaßnahmen verknüpft sind, die von der DIN 18040 vorgegeben werden, werden Begriffe wie „seniorengerecht“ oder „barrierearm“ von Baubeteiligten unverbindlich kommuniziert. „Die beiden letzteren Begriffe stehen lediglich dafür, dass beispielsweise ein rollstuhlgerechter Eingang vorhanden ist oder die Nutzung einiger Fenster und Türen mithilfe gezielter Maßnahmen erleichtert wird“, erläuterte Sauer. Die Norm hingegen definiert entscheidende Parameter in eindeutiger Weise. Über den Begriff „Infrastruktur“ erfasst sie Zugangs- und Eingangsbereiche, Aufzüge, Flure und Treppen. Laut Definition von der öffentlichen Verkehrsfläche aus bis zum Ort der vorgesehenen Nutzung im Gebäude bzw. bis zum Eingang der barrierefreien Wohnung.

In den Schutzzielen heißt es weiter: Verkehrs- und Bewegungsflächen müssen für die Personen, die je nach Situation den größten Flächenbedarf haben, in der Regel Nutzer von Rollstühlen oder Gehhilfen, so bemessen sein, dass die Infrastruktur des Gebäudes barrierefrei erreichbar und nutzbar ist. Die Bewegungsfläche muss ausreichend groß für die gradlinige Fortbewegung, den Begegnungsfall sowie für den Richtungswechsel sein. Es wird explizit formuliert: Die uneingeschränkte Nutzung mit dem Rollstuhl ist grundsätzlich bei der Infrastruktur zu berücksichtigen. Angaben zu den Maßen beispielsweise zu Bewegungsflächen, Rampen, Türen, Brüstungshöhen etc. gewährleisten die Bedienbarkeit der Elemente für die Menschen mit Handicaps.

„Der vergleichsweise neue Markt betrifft vor allem die Gruppe 55plus“, berichtete Sauer. Ihr gehören 73 % aller schwerbehinderten Menschen an, zugleich besitzen in dieser Gruppe 62 % eine Immobilie, 60 % sind Selbstnutzer. Beachtenswert ist zudem, dass nach dem 55. Lebensjahr 50 % der Miethaushalte noch einmal umziehen, meist wegen der besseren Infrastruktur, und 20 % der Eigentümerhaushalte. Prinzipiell betrifft barrierefreies Wohnen fast alle Menschen. Sauer hob hervor: „Es verlängert das selbständige Leben im Alter und erleichtert eine Pflege in der häuslichen Umgebung.“ ⇥red ◊

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