Deutscher Fassadentag
Nachhaltige Bauweisen im Vordergrund
Im Herbst trafen sich Vertreter der Fassadenbranche zum 20. Deutschen Fassadentag in Stuttgart. Der Fachverband für vorgehängte hinterlüftete Fassaden (FVHF) hatte mit dem Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK) der Universität Stuttgart eingeladen. Unter dem Motto „VHF – Wegbereiter der Klimawende“ wurde klar: Die Gebäudehülle wird in den kommenden Jahren zur zentralen Schnittstelle zwischen Bauwesen, Energiewirtschaft und Klimaschutz.
„Wir verstehen die Fassade nicht mehr nur als Schutz, sondern als aktives Bauteil der Gebäudetechnik", sagte Prof. Dr. Lucio Blandini. Der Leiter des ILEK stellte in Stuttgart das aktuelle Projekt Demonstrator-Hochhaus D1244 vor: Es reagiert dynamisch auf äußere Einflüsse und zeigt, wie Gebäude sich künftig aktiv an Klima und Nutzerbedürfnisse anpassen können. Ebenso richtete sich der Blick auf das Fassadensystem HydroSkin, das Regenwasser speichert und über Verdunstung abführt. Die Fassade wird damit zu einer aktiven Kühlfläche – ein Thema, das angesichts zunehmender Hitzeperioden an Bedeutung gewinnen dürfte.
Für das Metallhandwerk besteht die Aufgabe darin, solche Systeme in tragfähige und langlebige Konstruktionen zu überführen. Metallkonstruktionen können entscheidend dazu beitragen, Wasserführung, Kühlung und Wetterbeständigkeit in Einklang zu bringen.
Die Fassadenbegrünung wurde intensiv diskutiert. Pflanzen an der Hülle kühlen, binden Feinstaub und verbessern das Mikroklima. Für Metallbaubetriebe bedeutet das: Tragfähige und korrosionsbeständige Unterkonstruktionen sind gefragt, die Begrünungssysteme dauerhaft sicher halten. Gleichzeitig bleibt die Gestaltung nicht auf der Strecke: Metall erlaubt weiterhin Spielräume für kreative Lösungen, die Technik und Architektur verbinden.
Fassade als Energiequelle
Ein weiterer Themenschwerpunkt waren Wärmefassaden, die thermische Energie für Wärmepumpensysteme bereitstellen. Damit wandelt sich die Gebäudehülle von einer passiven Hülle zu einem aktiven Energiesammler. Metallische Bauteile übernehmen dabei die Rolle von Wärmetauschern oder Leitungsträgern. Für Metallbauer eröffnet sich ein neues Arbeitsfeld an der Schnittstelle von Gebäudehülle und Haustechnik – ein Bereich, in dem präzises Wissen um Materialeigenschaften und Verbindungstechnik gefragt ist.
Photovoltaik in der Fassade
Die gebäudeintegrierte Photovoltaik (BIPV) bringt die Themen Gestaltung und Energieerzeugung zusammen, indem PV-Module direkt in Fassadenplatten integriert werden. Metall spielt dabei eine Schlüsselrolle: Es sorgt für Stabilität, präzise Befestigung und leitet gleichzeitig Wärme ab. „BIPV ist mehr als Stromerzeugung – sie macht die Fassade zum aktiven Teil der Energiewende", so Fabian Flade, Mitglied des Vorstands (stellv. Vorstandsvorsitzender), Allianz BIPV e. V. Für das Metallhandwerk bedeutet das neue Chancen, sich als Partner von Architekten und Solartechnikern zu positionieren – mit Know-how sowohl im konstruktiven Metallbau als auch an den Schnittstellen zur Elektrotechnik.
Neue Generation von Funktionsfassaden
In mehreren Vorträgen wurde deutlich: Die Fassade der Zukunft ist multifunktional. Sie schützt nicht nur, sie kühlt, erzeugt Strom, reguliert Feuchtigkeit und trägt zur Kreislaufwirtschaft bei. Nachhaltigkeit und Wiederverwertbarkeit standen daher quer durch alle Beiträge im Mittelpunkt. Metalle mit hohem Recyclinganteil, modulare Konstruktionen und langlebige Systeme sind nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern werden zunehmend auch politisch gefordert.
Chancen für das Metallhandwerk
Der Deutsche Fassadentag machte klar: Ohne das Metallhandwerk sind die kommenden Herausforderungen nicht zu bewältigen. Ob Unterkonstruktionen für Photovoltaik, Systeme für Fassadenbegrünung oder adaptive Kühlflächen – überall ist metallbautechnische Kompetenz gefragt. Für Betriebe bietet sich die Chance, ihr Profil zu schärfen: durch Spezialisierung auf nachhaltige Materiallösungen, durch Kooperationen mit Solartechnik und Gebäudetechnik sowie durch innovative Fertigungs- und Montagetechniken.
Fazit: Der 20. Deutsche Fassadentag zeigte, wie vielfältig die Rolle der Fassade in Zukunft sein wird. Für das Metallhandwerk eröffnet sich ein neues Betätigungsfeld – als technischer Problemlöser, als Innovator und als Partner der Energiewende. Wer heute in Know-how und Netzwerke investiert, wird morgen zu den zentralen Gestaltern der klimafreundlichen Gebäudehülle zählen.
