EuroBlech in Hannover

Zu wenige Metallbauer und Handwerker

Der EuroBlech ist mit 1.300 Ausstellern (2018: 1.500) und ca. 38.000 Besuchern (2018: 56.000) der Anschluss an den Messetermin vor der Corona-Pause gelungen. Die Fachbesucher kamen vor allem aus Europa und nach Umfragen des Veranstalters Mack-Brooks hatte fast jeder Zweite konkrete Pläne zu investieren.

Die Aussteller machten ein Publikum mit hoher Entscheidungskompetenz (80%) aus. In der neuen Presentation Area wurden während der vier Messetage 27 Fachvorträge gehalten. Wir haben einige Aussteller um eine Bilanz gebeten.

Jens Gauder ist Vertriebsleiter von Lorch in Auenwald

„Die EuroBlech hat unsere Erwartungen deutlich übertroffen: Wir haben signifikant mehr Messekontakte erfasst, als wir uns vor der Messe zum Ziel gesetzt hatten. Die Leads sind sehr hochwertig mit einem vielversprechenden Potenzial. Viele Anfragen befinden sich in der Bearbeitung, einige Kontakte konnten wir bereits als Kunden gewinnen. Wir haben nach der Messe alle Hände voll zu tun, was uns in der Entscheidung bestätigt, trotz anspruchsvoller Zeiten an der EuroBlech teilzunehmen. Über unseren Stand hinaus war unser Eindruck, der auch von unseren Besuchern bestätigt wurde, dass es einige Messehallen gab, in denen die Gänge deutlich leerer waren und einige Flächen frei geblieben sind. Im Vergleich zu vor der Corona-Pause war das Publikum deutlich internationaler; wir hatten Interessenten mit langer Anreise aus Israel oder den Vereinigten Arabischen Emiraten am Stand.

Dass unser Stand um 30% kleiner ausfiel als zum Messetermin 2018, lag an den Buchungen für 2020/2021, die für 2022 übernommen wurden. Was das Standpersonal betrifft, hatten wir zunächst die Befürchtung, zu viel Personal geordert zu haben. Die Interessen waren bereit gestreut – von manuellen Stromquellen, über Arbeitsschutz in Form unseres Helms, bis hin zu unserem Publikumsmagneten, der Lorch Cobot Welding World, mit der man sich live von den Vorteilen und neuesten Funktionen überzeugen konnte.

Wir sind überzeugt davon, dass das Live-Erlebnis jede digitale Plattform in den Schatten stellt. Wer Interesse an Schweißgeräten hat, will sie vor Ort performen sehen und mit Experten sprechen, die verlässlich beraten können. Das wurde uns in den vergangenen Monaten mehrfach von unseren Partnern und Kunden zurückgespiegelt. Digitale Plattformen haben auch Vorteile und uns über die schwierigen Corona-Monate hinweggeholfen – wir bei Lorch setzen jedoch auf den persönlichen Austausch face-to-face.

Mit unserem Ausstellungsschwerpunkt Automatisierung wollten wir vor allem Kunden erreichen, die über eine Automatisierungslösung nachdenken. Das ist uns branchenübergreifend sehr gut gelungen. Die zweite Zielgruppe, die wir sehr gut erreicht haben, sind die Experten für den Schweißprozess selbst. Durch unsere zentral positionierte Demokabine konnten wir mit unseren Live-Demos der Schweißprozesse auch diese Zielgruppe hervorragend erreichen.“

Achim Müller, Vertriebsleiter von Behringer in Kirchardt

„Wir würden an die Euroblech die Schulnote 3 vergeben. Wir konnten auf der Messe sehr interessante Gespräche führen und die Kunden waren froh, nach den Absagen durch die Pandemie, wieder eine Messe besuchen zu können. Insgesamt hatten wir am Stand aber besonders aus dem Ausland weniger Besucher als auf der letzten EuroBlech 2018. Die Profilstahlhersteller und -verarbeiter konnten wir mit dieser Messe gut erreichen. Ebenfalls die Stahlerzeuger. Kleinere Metallbauer und Handwerksbetriebe waren nicht auf der Messe zu sehen, wahrscheinlich weil sie an den vier Messetagen nicht die Zeit hatten, die Messe zu besuchen. Aufgrund des großen Aufwandes, den man treibt, wäre es sinnvoll, die Messe von Montag bis Freitag zu terminieren. Eine parallellaufende digitale Plattform würde die Besucherzahlen auf der Messe wahrscheinlich noch weiter reduzieren. Wir hatten die Größe unseres Messestands um ca. 20 % reduziert.

Beim Standpersonal hatten wir keine Abstriche gegenüber 2018 vorgenommen, da wir für unsere Kunden und Interessenten entsprechend verfügbar sein wollten. In den Stoßzeiten war dies auch erforderlich. Auf der nächsten EuroBlech wollen wir auch wieder präsent sein, da es für uns im Bereich der Profilstahlbearbeitung die Leitmesse ist. Die Anreise mit Flugzeug und Bahn war vor der Corona-Pause besser. Kunden berichteten, dass es weniger Flüge nach Hannover direkt gab. Auch war die Bahnanbindung vom Flughafen zur Messe nur mit Umstieg am Hauptbahnhof möglich. Gerade für internationale Gäste könnte die Anreise reibungsloser ablaufen.“

Willi Stahl, Geschäftsführer von RAS Reinhardt Maschinenbau in Sindelfingen

„Vorab: Unsere bisherigen Erfahrungen mit digitalen Messeplattformen parallel zu einer Präsenzveranstaltung waren eher negativ. Wenn sich Kunden ernsthaft mit Investitionen beschäftigen, wollen sie den persönlichen Austausch und die Produkte erleben. Zum reinen Einholen von Informationen haben die meisten Hersteller gut gestaltete Webseiten. Wir sind mit Messen, die ausschließlich als Präsenzveranstaltungen umgesetzt werden, zufrieden.

Für die EuroBlech 2022 war das Besucherverhalten schwer einzuschätzen. Umso erfreuter waren wir über die vielen Kunden, die wir auf unserem Stand zum Thema Schwenkbiegen und zu unseren Softwarelösungen beraten durften. Großen Zuspruch fand die EuroBlech bei Industriekunden aus allen Branchensektoren. Der Besuch von Handwerkskunden war hingegen eher verhalten. Im Vergleich zu früheren Messeterminen ist in diesem Jahr aufgefallen, dass sehr wenige Kunden aus Asien und Südamerika anwesend waren. Aus Europa, aber auch aus Nordamerika haben sich viele Besucher über neueste Innovationen und Trends informiert. Auffällig war das zunehmende Interesse an automatisierten Lösungen. Das schließt jedoch nicht nur vollautomatisierte Biegezentren ein, sondern umfasst jegliche signifikante Lösung, die Produktivität und Produktqualität unabhängiger von Fachwissen der Beschäftigten macht. Das umfasst innovative Maschinenkonzepte genauso wie Softwarelösungen, die die Betriebsabläufe und die Programmierung der Maschinen vereinfachen und automatisieren. Wir haben die Standfläche im Jahr 2022 nicht reduziert und planen für 2024 einen ähnlichen Auftritt. Der vierte und letzte Messetag könnte aus unserer Sicht gerne um ein bis zwei Stunden gekürzt werden, da es viele Besucher am Freitagnachmittag nach Hause zieht.“

Johannes Pfluger, Geschäftsführer von Prima Power Neufahrn bei Freising

„Wir als Prima Power waren mit der EuroBlech in Hannover sehr zufrieden, sowohl mit der Qualität als auch mit der Quantität der Besucher. Wir haben alle unsere gesetzten Ziele erreicht und mit unseren favorisierten Zielgruppen sprechen können. Des Weiteren haben wir festgestellt, dass wir mit den Produkten an unserem Stand — wie energieeffizienten Maschinen, Automation und produktionsunterstützender und -steuernder Software den Nerv der Zeit getroffen haben.

Für die erste EuroBlech 2022 nach der Covid-19-Pause haben wir keine Reduzierung des Standpersonals und der Standgröße vorgenommen. Ich habe in den Gesprächen spüren können, dass die Kunden wieder den persönlichen Kontakt suchen und sich nach einem Austausch über Produkte, die vorgeführt und ausprobiert werden konnten, gesehnt haben. Unserer Ansicht nach sollte die Messe stärker auf dem Internationalen Markt vermarktet werden. Dort gibt es sicher noch Potenzial.“

Grüner Stahl

Auf der EuroBlech wurde unter den Stahlproduzenten, -händlern und -Service-Centern viel über „Grünen Stahl“ gesprochen. Das Interesse an „grünem Stahl“ ist hoch, fraglich ist allerdings noch, wie die Interessenten sich zuverlässig über den CO2-Footprint eines Stahlerzeugnisses informieren können. Das Unternehmen Stahlo hat auf der Messe anhand eines PCF-Demonstrators „SteelGate“ gezeigt, wie sich ein CO2-Tracking entlang der Lieferkette Stahl realisieren lässt. Grundidee dabei ist: „Jedem Stahlerzeugnis wird ein konkreter Datensatz zugeordnet, der bei jedem Produktionsschritt mit Informationen zu den jeweils angefallenen Emissionen angereichert und mit dem Erzeugnis weitergegeben wird. Der Verwender am Ende der Lieferkette verfügt dann über einen vollständigen Satz an Informationen zum Product Carbon Footprint des bestellten Stahls. Durch eine kryptografische Verkettung der Informationsblöcke soll sichergestellt werden, dass an keiner Stelle manipuliert werden kann. Stahlo versichert: Würde ein Datensatz einer einzelnen Instanz unerlaubt geändert, beispielsweise indem die bisher angefallenen Emissionen reduziert würden, würden das alle anderen verteilten Datensätze aufgrund der krypografischen Verknüpfungen automatisch registrieren.

www.stahlo.de

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