Fassadenelement kopfüber vom Himmel gefallen

Konstruktiver Glasbau

Der österreichische Baukonzern Strabag hat den ersten Bauabschnitt seiner neuen Zentrale im slowakischen Bratislava fertiggestellt. Eine der Besonderheiten des Gebäudes ist das „House Attack“, ein Meisterstück des Wiener Künstlers Erwin Wurm.
 
Es ist ein Haus, das verkehrt herum auf dem Dach des Konzernzentrums installiert ist – wie kopfüber vom Himmel gefallen.
Ungefähr eine Autostunde von Wien entfernt liegt die slowakische Hauptstadt Bratislava. Überragt von der Pressburg, präsentiert sie eine schöne Altstadt und traditionelle Baukunst. Östlich davon wird eine neue Konzernzentrale gebaut, die sich zwei Unternehmen teilen: Die Zipp GmbH, ein Entwickler von Betonfertigteilen, und eine Niederlassung des Baukonzerns Strabag SE, der seinen Hauptsitz in Wien hat. Beide haben Anfang des Jahres 2009 den ersten Bauabschnitt bezogen, ein weiterer Gebäudesteil soll an ein drittes Unternehmen vermietet werden.
 
Zweckbau mit Pfiff. Das Wiener Planungsbüro MHM architects hat ein Gebäude entworfen, das sich im Endausbau mäanderförmig über ein etwa 1,5 Hektar großes, rechteckiges Grundstück schlängelt. Im bereits fertigen ersten Teil des Komplexes befindet sich der Haupteingang, der von 7,75 Meter hohen, versetzt angeordneten Säulenreihen gestützt wird. Ein Blickfang in der sonst eher einfach gehaltenen Eingangshalle ist ein weißes, neun Meter langes Pult, das wie eine Skulptur wirkt. Der Empfang liegt fast in der Mitte des Grundrisses. Besprechungsräume und Aufenthaltszonen unterbrechen die ansonsten praktische Aufbaustruktur der Büros. Im obersten Geschoss sind Dachgärten angelegt, von denen man einen eindrucksvollen Ausblick auf Pressburg hat. Das Gebäude ist eher schmucklos gestaltet und bildet den schlichten Rahmen für die umfangreiche Kunstsammlung der beiden Firmen.
Schon von weitem sieht ein Besucher den Hinweis auf den Bauunternehmer Strabag. Wie kopfüber vom Himmel gefallen liegt ein Einfamilien-Haus auf der Dachkante des Hauptgebäudes. Das Kunstwerk „House Attack“ stammt vom Wiener Erwin Wurm. Die Wohnung ist schlüsselfertig mit Türen, Fenstern, Dachrinne und Fallrohr, sogar Blumenkästen und Briefkasten sind vorhanden. Zuvor war dieses Kuriosum auf dem Dach des Museums der Modernen Kunst (Mumok) in Wien installiert, nun bringt es die Besucher der Unternehmen in Bratislava zum Schmunzeln.
 
Daten. Ein Hochhaus mit 16 Etagen überragt die langgezogenen, überwiegend sechsgeschossigen Baukörper. Die Gebäude sind zu großen Teilen aufgeständert, der obere Abschluss ist bei manchen leicht abgeschrägt.
Gläser und Verglasungen fertigte die Petschenig glastec GmbH, ein Gesellschafter der Uniglas GmbH & Co. KG aus Leopoldsdorf/Österreich, der seit 2005 in Bratislava Einscheiben-Sicherheitsglas nach dem neuesten Stand der Glasbearbeitungs- und Vorspanntechnologie herstellt.
 
Konstruktives. Wie ein Netz überspannt die Pfosten-Riegel-Konstruktion aus Aluminium-Profilen die Außenfassade. Transparente Glaselemente, die zum Teil auch als Klappfenster integriert sind, wechseln sich mit undurchsichtigen „shadowboxes“ ab, die im Bereich der Fensterstürze angeordnet sind. Bei der Kastenkonstruktion dieser „shadowboxes“ sind die oberen Ebenen aus Alu-Fassadenplatten um mehrere Zentimeter hinter die transparenten Isolierglaseinheiten verschoben und in drei Grüntönen eingefärbt.
Bei der Montage des Zentrums kommen vor allem Schalldämmisolierglas Uniphon sowie Sonnenschutzisolierglas Unisun zum Einsatz. red $
 
Info + Kontakte
 
Uniglas GmbH & Co. KG
Robert-Bosch-Straße 10
56410 Montabaur
Tel. +49 (0)2602/94929-0
Fax +49 (0)2602/94929-29


www.uniglas.de
 

Alu König Stahl GmbH
Goldschlagstraße 87-89
1150 Wien
Tel. +43 (0)1/98130-0
Fax +43 (0)1/98130-64


www.alukoenigstahl.com
 

Petschenik glastec GmbH
Raasdorferstraße 22
2285 Leopoldsdorf
Tel. +43 (0)2216/2266-0
Fax +43 (0)2216/2266-44


www.petschenik.com
 

Strabag SE
Donau-City-Straße 9
A-1220 Wien
Tel. +43 (0)1/22422-0
Fax +43 (0)1/224222-226


www.strabag.at


Live beim Bau dabei

Jedes Teil zur richtigen Zeit
 
metallbau-Redaktionsmitglied Susanne Elgaß sprach mit Jürgen Melchus, dem Bauleiter, der in Bratislava vom ersten Tag an vor Ort war.
 
? Herr Melchus, wie soll das Objekt im Endausbau eigentlich aussehen?
Jürgen Melchus: Es gibt drei geplante Gebäude. Die Konzernzentrale von Strabag hat den bereits fertiggestellten Bauteil mit einer Elementfassade mit grünen Shadowboxen bezogen. Bei den folgenden Bauabschnitten sind die Farben der Fassade in Gelb und Rot vorgesehen. Zum Bau der anderen Abschnitte ist mir im Moment aber noch kein Termin bekannt.
 
? Wie sind Sie zu dem Projekt gekommen, und ab wann waren Sie live dabei?
Jürgen Melchus: Ich war Bauleiter bei der ausführenden Metallbaufirma BUG-Alutechnik mit Sitz in Wien. Das Unternehmen gehört seit 2005 zum Baukonzern Strabag. Das heißt, ich war bei dem Projekt von Anfang an dabei.
 
? Was war die schwerste Hürde, die Sie zu bewältigen hatten?
Jürgen Melchus: Wir hatten ein vorgegebenes Tagespensum, mindestens 25 bis 40 Elemente pro Tag von den circa 1000 vorgesehenen Fassadenelementen zu versetzen. Durch die unterschiedlichen Shadowboxen ist jedes Element ein Einzelstück, das mit einer eigenen Nummer gekennzeichnet wurde. Wir mussten also darauf achten, jedes Element mittels eines Produktions-, Liefer- und Montageplans zum vorgesehenen Zeitpunkt einzusetzen. Meiner Meinung nach waren die Entwicklung des Profilsystems und die zeitlichen Abläufe die größten Herausforderungen.
 
? Können Sie mir etwas zu den Pfosten-Riegelsystemen aus Aluminium erzählen? Jürgen Melchus: Das Gebäude besitzt eine 700 Quadratmeter große Pfosten-Riegel-Fassade. Vor der südlichen Fassade über dem Haupteingang wurden 500 mm breite starre Sonnenschutzlamellen vorgesehen, in die das Strabag-Logo eingepasst ist. Die Shadowboxen können die Schwachstelle der Fassaden bilden. Der Abstand hinter dem Glas beträgt acht Zentimeter. Dahinter befindet sich ein farbiges Blechpanel, das die Tiefenwirkung hervorruft. Wegen des thermischen Druckes muss die Shadowbox permanent belüftet werden. Die äußeren Gläser sind aus Sicherheitsglas, um den Druckausgleich standzuhalten. Außerdem arbeiten die Gläser hoch schalldämmend, um die Mitarbeiter bestmöglich von Lärm zu schützen. Die Senkklappflügel wurden bündig in das Profilsystem integriert, sodass sie im geschlossenen Zustand von außen nicht zu erkennen sind.
 
? Sind das Ihre eigenen Systeme, oder wurden sie von beteiligten Unternehmen gefertigt?
Jürgen Melchus: Die Sonderprofile wurden mit Unterstützung von Fa. Alukönig Stahl mit Hauptsitz in Wien von der BUG-Alutechnik entwickelt und gefertigt. Sie sind A6/C0 eloxiert.
 
? Was ist das Besondere an diesen Glasfassaden?
Jürgen Melchus: Die Besonderheit sehe ich in dem in das Profilsystem integrierten Senkklappflügel sowie in den Shadowboxen.
 
Herr Melchus, vielen Dank für das Gespräch.

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