Unternehmensporträt

Thomas Hürner

In seiner Werkstatt lebt die Tradition

In der Werkstatt von Thomas Hürner wird gespitzt, gestaucht, gestreckt, genietet – so, wie man das Eisen schon vor Hunderten von Jahren bearbeitet hat. Andererseits nutzt er Lufthammer und digitalgesteuerte Maschinen — je nachdem, was das Werkstück fordert.

Gelernt hat der Schmied das Handwerk bei seinem Vater Matthias Hürner, der die Kunst- und Bauschlosserei 1964 auf dem familieneigenen Hof gegründet hat. Sieben Jahre nach Thomas‘ Meisterabschluss, 1996, wird die Firma an den Junior vermacht. 2007 legt Thomas Hürner die staatliche Prüfung zum Restaurator im Schmiedehandwerk ab. Zu seinem festen Team gehören heute ein langjähriger Werkstattmeister, drei Gesellen und eine Gesellin, die jetzt den Meister macht.

Die Geschäfte leitet Thomas Hürner zusammen mit Claudia Hürner, seiner Frau. Sie ist diejenige, die bei der Büroorganisation und auch sonst den Überblick behält: „Wir sind ein Kleinbetrieb, der im klassischen Schmiedehandwerk verhaftet ist. Während Thomas‘ Vater aber noch zum Teil im Konstruktiven gefertigt hat, haben wir uns in den vergangenen Jahren ganz auf die Metallgestaltung konzentriert. Da wir auch in der Denkmalpflege tätig sind, stellen wir sehr viele klassische Produktformen her.“

Denkmalschutz

Die Aufträge erhält der Kunstschmied und Restaurator von staatlichen Stellen wie etwa dem Hochbauamt in Nürnberg oder der Schlösser- und Seenverwaltung in München, aber auch von Privatpersonen, die ihre Altbau-Immobilie instand setzen lassen und dafür Hürners fachmännische Unterstützung brauchen.

Für die St. Paul Kirche in Fürth restaurierte der Kunstschlosser die Toranlage mit Trenngitter – ein kunstvolles, reich verziertes Werk. Restauriert werden in der Cadolzburger Werkstatt aber auch gusseiserne Treppengeländer oder Balkone, die nach traditioneller Art genietet sind. Thomas Hürner erzählt: „Im Denkmalschutz sieht man nicht nur das eigene Gewerk, sondern auch den historischen Kontext. Man hält ein Schmiedewerk in der Hand, das vielleicht 150 Jahre alt ist. Daran ablesen zu können, welche Techniken damals angewendet wurden, wo man alles gesteckt, vernietet, überplattet und die Arbeit ohne Schweißgerät bewerkstelligt hat, das fasziniert mich.“ Dem kann seine Frau nur zustimmen: „Im Denkmalschutz muss man sich in die alten Techniken hineindenken, manchmal auch ein wenig tüfteln, bis das Ergebnis stimmt. Das ist es, was meinem Mann an solchen Aufgaben gefällt.“

Reparatur und Neuanfertigung

Zu Hürners Aufträgen zählen auch kleinere Projekte, die nicht unbedingt im Denkmalschutz angesiedelt sind. Der Schmied sagt: „Wir leben in einer ländlichen Gegend. Da ruft uns auch mal der Landwirt, weil an seinem Traktor ein Metallstück gerichtet werden muss. Und neulich hatte ich eine Schlossöffnung an einer alten Truhe, eine recht komplizierte Angelegenheit! Das hat ein bisschen gedauert, weil man ja nicht weiß, wie es innen ausschaut.“

Besonders schätzt der Schmiedemeister, wie er sagt, die Vielschichtigkeit seiner Aufgaben und die Metallbearbeitung an sich, die Möglichkeiten der Oberflächengestaltung und die Materialvielfalt, zumal er nicht nur in Metall, sondern auch in Messing oder Kupfer produziert.

Das Museum in der Burg seines Heimatorts stattete er beispielsweise mit einem Tastmodell aus Schmiedebronze aus. Ein örtlicher Verein, der sich in der Vergangenheit für die Belange der Cadolzburger engagierte, hatte die Idee dazu und sponserte die Anfertigung. Für die Burgkapelle gestaltete der Schmiedemeister ein Altarkreuz, das in Auftrag gegeben wurde, um Gottesdienste auch im Burghof abhalten zu können.

Skulpturen und Designobjekt

Kreativität und künstlerisches Talent erkennt man aber auch in folgender Referenz: So hatte man den Schmied mit einer Toranlage beauftragt, für deren Entwurf er sich von einer Drahtspule inspirieren ließ. Für einen weiteren privaten Bauherrn entwarf Hürner eine stählerne Treppe: Die Stufen fertigte er aus gewinkelten Blechen, die in ein Wandregal übergehen. Das Objekt ist auf das minimal Notwendige reduziert.

Einige Werke kann man auch auf dem Firmengelände sehen: Hinter einem eisernen Gartenpavillon lugt ein lebensgroßes Einhorn bzw. dessen geschmiedete Silhouette hervor, entworfen und gefertigt für die Ausstellung „Fantasien in Metall2“ in Bad Hall, Österreich. Überragt wird das stählerne Tier von einer vier Meter hohen Skulptur: Sie präsentiert einen Golfspieler, der in kraftvoller Geste zum Abschlag ausholt. Ein Golfclub nahe Frankfurt gab das Werk über einen befreundeten Kollegen in Auftrag, um den örtlichen Kreisverkehr zu gestalten. Später wird man dem stählernen Sportler erneut begegnen — im Büro des Chefs als kleine, aber nicht minder lebendig wirkende Figur.

Von der Skizze zum
fertigen Produkt

Wenn ein Auftrag in Aussicht steht, vereinbart der Meister einen Vorort-Termin und erstellt daraufhin zwei oder drei Entwurfsskizzen, denen er einen  Angebotspreis beilegt. Die endgültigen Pläne zeichnet er in CAD – „auch die der künstlerischen Werke, damit der Kunde jedes Maß kennt und weiß, wie das Produkt aussieht und was er erhält. Und wenn nötig, bauen wir ein Modell.“ Hürner und seine Frau achten darauf, dass der Kunde das Angebot innerhalb von zwei Wochen erhält; bis zum Ausführungstermin selbst vergehen nach Vergabe zwischen acht und zehn Wochen. Hürner sagt: „Unsere Arbeiten brauchen eine gewisse Zeit. Das gefällt nicht jedem. Ich finde es aber wichtig, keine falschen Versprechungen zu machen, was die Auftragsdauer angeht.“ Natürlich hänge es auch von der Dringlichkeit ab, wie schnell ein Auftrag abgewickelt werde, ergänzt seine Frau. Ein älteres Ehepaar etwa, das für ein Treppengeländer einen Handlauf brauche, ziehe man da schon mal den anderen Auftraggebern vor.

Obwohl in Hürners Werkstatt auch hochmoderne Maschinen zur Verfügung stehen, gibt es Kunden, die wünschen, dass der Auftrag ganz traditionell geschmiedet wird — selbst, wenn sich das im Preis niederschlägt. Andere wiederum kommen mit klar umrissenem Budget und Vorstellungen zu ihm. In diesem Fall wird versucht, die Vorarbeitskosten z.B. durch Laserschneiden, CNC-Fräsen, also Arbeiten, die von externen Dienstleistern ausgeführt werden, zu reduzieren. Hierdurch wird die Möglichkeit gegeben, dem Auftraggeber eine sowohl manuell bearbeitete als auch wirtschaftliche Lösung anzubieten.

Bei Hürner ausgebildet:
Beste Metallgestalterin 2018

In der Werkstatt entstehen mehrere Objekte parallel, wobei der Firmenchef viel Wert darauf legt, dass jedes Teammitglied möglichst nur an einem Projekt arbeitet. „Sonst leidet nämlich  das Produkt.“ Großen Raum nimmt in Hürners Arbeitsalltag die Lehrlingsausbildung ein. „Den einen muss man etwas an die Hand nehmen, andere sind von sich aus neugierig und probieren Neues aus. Dann geben wir ihnen den Freiraum.“ Diesen nutzt auch Jasmin Sauer, seine erste weibliche Gesellin überhaupt. 2018 gewann die 23-Jährige mit ihrem Gesellenstück, ein Schlüsselkasten aus einem Stück gefertigt, den Bundeswettbewerb der Metallgestalter am Bundesfachzentrum Metall und Technik.

Was sie an ihrer Arbeit motiviert, fasst sie in einem vom Bundesverband veröffentlichten Interview mit folgenden Worten zusammen: „Es macht mir großen Spaß, mich körperlich anzustrengen. Bei Hürner setzen wir nicht nur moderne Objekte um, sondern auch ganz verrückte, ausgefallene Sachen. Das Wichtigste ist, sich die Herangehensweise einfallen zu lassen. Man kann Kraft durch Technik ersetzen.“ — Ein Wink an alle, die immer noch überzeugt sind, dass der Schmiedeberuf nichts für Frauen ist.

Zukunftsfähig bleiben

Ob als Ausbilder, als Dozent am sozialpädagogischen Förderzentrum Cadolzburg oder als Mitglied im Prüfungsausschuss der Handwerkskammer für Mittelfranken – Thomas Hürner gibt sein Wissen und Können mit Begeisterung und sichtlichem Erfolg an die nächste Generation weiter.

Die Herausforderung, so der Firmeninhaber, bestehe allerdings darin, trotz zunehmender Reglementierungen und bürokratischer Hürden „schöne“ Produkte anzubieten, sich dabei aber nicht die Freude an der Arbeit nehmen zu lassen.

Um die moderne Technik ist er sehr froh, denn diese trägt dazu bei, Arbeitskosten im wirtschaftlichen Rahmen zu halten. So bleibt das Angebot des traditionellen Kunstschmieds für Kunden erschwinglich. Letztendlich geht es doch darum, dass einer der ältesten Berufe zukunftsfähig bleibt, findet der Kunstschmied.

www.schlosserei-huerner.de

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