Brückenbau mit Stahl

Vorteile von Spundwänden

Wirtschaftlich für Spannweiten bis 50 m

Ca. 80 % der Brücken im europäischen Straßennetz haben eine kleine oder mittlere Spannweite von weniger als 50 m. Für diese Brücken scheinen auf den ersten Blick die Stahlbeton- und Spannbetonbauweisen die billigsten Lösungen zu sein. Stahl- und Stahlverbundbrücken werden oft nur bei großen Spannweiten, Bauhöhenbeschränkungen oder bei der Anforderung an kurze Bauzeiten eingesetzt [1]. Dass Verbundbrücken auch bei kürzeren Spannweiten ohne die genannten Voraussetzungen wirtschaftlich interessante Lösungen bieten, zeigen zahlreiche ausgeführte Beispiele.

Bei 2-feldrigen Straßenbrücken mittlerer Spannweite mit konventionellen Widerlagern werden für die Herstellung der Widerlager ohne Bedarf an Verbauten ca. 40 % der gesamten Herstellungskosten der Brücke aufgewendet, mit Bedarf an Verbauten hingegen ca. 55 % [2]. Hier können Widerlager mit Spundwänden eine wirtschaftliche Alternative zur konventionellen Bauweise sein. Denn die Spundwand kann beide Funktionen übernehmen und sowohl als Verbauwand als auch als bleibender, lastabtragender Bauwerksbestandteil dienen [3].

Spundwände sind immer dort besonders wirtschaftlich, wo zur Erstellung des eigentlichen Bauwerks ein zusätzlicher Baugrubenverbau benötigt wird. Dies ist der Fall, wenn ein Geländesprung während der Bauphase abzufangen ist, beim Bauen unterhalb des Grundwasserspiegels oder wenn die Widerlagerbaugrube gegen Hochwasser zu sichern ist. Des Weiteren kann die Ausführung von Spundwandwiderlagern, anstelle von Widerlagern mit temporärem Verbau, die Gesamtbauzeit um mindestens 10 % reduzieren [5].

Auch der Entwurf einer Brücke mit Überbauten aus Verbundquerschnitten mit Walzprofilen aus hochfestem Histar-Stahl bietet Vorteile. Um die Baustelleneinrichtung und -arbeitsschritte zu minimieren, können diese Verbundquerschnitte bereits im Werk mit einer dünnen Betonplatte vorgefertigt und als im Bau- und Endzustand tragendes Element angeliefert werden. Während kurzer, nächtlicher Sperrpausen der zu überquerenden Trasse werden die Verbundträger eingehoben und auf den Lagern gesichert, sodass der zu querende Verkehr morgens zur Hauptverkehrszeit wieder freigegeben werden kann und somit Verkehrsbehinderungen im Baubereich minimiert werden. Nachfolgende Arbeiten oberhalb der Fahrbahn können dann behinderungsfrei erfolgen.


Kosten durch Verkehrsbehinderung

Nicht nur die direkten Bauwerkskosten, sondern auch die volkswirtschaftlichen Kosten infolge von Verspätungen, erhöhten Treibstoffverbräuchen sowie Luftverschmutzungen durch Staus während des Lebenszyklus von Brücken, müssen heute in Betracht gezogen werden. Verkehrsstörungen haben eine immense wirtschaftliche Bedeutung.

Nach im Jahr 2016 veröffentlichten Daten kann überschlägig ein durchschnittlicher Monetarisierungsansatz von 20 Euro pro Stunde für einen im Stau stehenden europäischen PKW-Fahrer angesetzt werden [6]. Die Wahl eines Brückenentwurfs mit reduzierter Bauzeit und mit geringem Wartungsaufwand wird somit zum vorrangigem Ziel bei einer globalen Bewertung unter Berücksichtigung der Kosten externer Effekte. Insbesondere da Baustellen die Hauptursache für Verkehrsbehinderungen sind und deren Häufigkeit aufgrund der ansteigenden Investitionen in die europäische Infrastruktur in den kommenden Jahren zunehmen werden.

Die Studie pro Spundwand

In einer Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) wurden Leistungsfähigkeit und Kosten einer auf Spundwandwiderlagern gegründeten Brücke (Entwurf 1) mit einer auf Stahlbeton-Widerlagern gegründeten Brücke (Entwurf 2) verglichen und bewertet. Der Vergleich betrachtet einen 2-feldrigen Überbau mit Spannweiten von jeweils 22,50 m und einer Überbaubreite von 11,50 m und ist repräsentativ für die Überführung einer Landstraße über eine 3-spurige Autobahn mit 70.000 Fahrzeugen pro Tag (DTV):

Entwurf 1 (Spundwandwiderlager): Spundwandlängen

•    16 m für die Widerlagerwand;

•    13 m für die Flügelwände.

Entwurf 2 (Stb.-Widerlager): Stahlbeton-Widerlager mit Pfahlgründung

•    4 Pfähle pro Kammerwand und 2 Pfähle pro Flügelwand;

•    Pfahllängen von jeweils 10 m bei einem Pfahldurchmesser von 90 cm.


Der Entwurf einer Verbundbrücke mit Spundwandwiderlagern im Vergleich zu einer Brücke mit Stahlbetonwiderlagern ergibt:

•    7 % Einsparungen bei den Baukosten;

•    3,5 % Kostenvorteil bei Betrachtung der Lebenszykluskosten (LZK) über 100 Jahre (unter Ansatz eines realen Diskontierungszinssatzes von 2 %);

•    bis zu 15 % Verringerung der volkswirtschaftlichen Kosten über den Lebenszyklus.


Schnell, effizient und nachhaltig kostensparend

Stahlverbundbrücken mit Spundwandwiderlagern sind robuste Bauwerke und bedürfen geringer Wartung und Instandhaltung durch Verwendung von zeitgemäßen Korrosionsschutzarten, die ohne Erneuerung über den gesamten Lebenszyklus von 100 Jahren auskommen. Am Ende der Lebenszeit können die Stahlkomponenten einfach zurückgewonnen und recycelt werden. Es verbleiben keine Rückstände im Boden. Dies ist ein wertvoller Beitrag zur Kreislaufwirtschaft und schont Ressourcen.

spundwand.arcelormittal.com

sections.arcelormittal.com




Quellen:


[1]    Friedrich H.: Aktuelle Herausforderungen und zukünftige Entwicklungen im Brückenbau im Bundesfernstraßennetz. Stahlbau 87 (2018), Heft 6
[2]    Schmitt V., Seidl G., Vogel C.: Untersuchungen zum verstärkten Einsatz von Stahlverbundkonstruktionen bei Brücken kleiner und mittlerer Stützweiten. P629 Forschungsvereinigung Stahlanwendungen e.V., Abschlussbericht, 2006
[3]    Grundbau-Taschenbuch. 8. Auflage, Ernst & Sohn, 2018
[4]    RI-WI-BRÜ – Richtlinie zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen im Rahmen von Instandsetzungs-/Erneuerungsmaßnahmen bei Straßenbrücken, BMVBS, 2007
[5]    Zinke T.: Neue Brücken braucht das Land. Frankfurter Allgemeine Zeitung Verlagsspezial / Zukunft Stahl / 30. November 2017
[6]    Zinke T.: Nachhaltigkeit von Infrastrukturbauwerken – Ganzheitliche Bewertung von Autobahnbrücken unter besonderer Berücksichtigung externer Effekte. Karlsruhe: KIT Scientific Publishing, Dissertation 2016. Online verfügbar http://www.ksp.kit.edu/download/1000053695

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