Interview

Andreas Grimm von C.W. Dallwig

"Ende der Lieferprobleme nicht absehbar."

Seit Ende Juli 2021 hat das Metall- und Fassadenbauunternehmen C.W. Dallwig in Kassel-Waldau mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen, inzwischen sind fünf Mitarbeiter in der Fertigung in Kurzarbeit. Der Antrag ist bis Mitte 2022 gestellt, auch Monteure sind davon betroffen.

metallbau: Seit wann haben Sie Lieferprobleme und mit welchen Produkten? Wie haben sich die Schwierigkeiten bislang für die Auftragsabwicklung ausgewirkt?

Andreas Grimm: Die Lieferprobleme beziehen sich bisher ausschließlich auf Systemprodukte wie Aluminium- Halbschalen und -Profile. Wir haben seit Ende Juli 2021 mit diesem Problem zu kämpfen. Als Verarbeiter mit einer breit aufgestellten Kundenstruktur bedienen wir neben gewerblichen Kunden und der öffentlichen Hand auch viele Privatkunden. Hier hat die Pandemie positive Effekte auf das Kaufverhalten bewirkt, da vermehrt in die eigene Immobilie investiert wird. Meist handelt es sich bei diesen Aufträgen um kleinere Aufträge wie etwa hochwertige Schiebetüren oder Haustüren. Ca. 80 % unserer Aufträge sind derzeit solche Aufträge. Bei Kleinaufträgen lassen sich Fehlmengen oder mangelhaft angelieferte Profile nicht kompensieren. Der Auftrag kann nicht gefertigt werden. Fehlen bei einem Großteil der Aufträge Profile, gerät man sehr schnell in die Situation, dass man nicht mehr fertigen kann.

metallbau: Welche Materialien sind inzwischen wieder lieferbar?

Grimm: Wir haben derzeit ausschließlich Probleme mit Systemprodukten. Beschläge, Bleche, Stahlprofile und Dämmmaterialien sind bis auf ganz wenige Ausnahmen noch lieferbar. Eine Entspannung der Situation sehen wir derzeit noch nicht.

metallbau: Wann wird sich diese Situation entspannen?

Grimm: Aus meiner Sicht ist das derzeit die Spitze des Eisbergs. Die Störungen, die wir jetzt haben, basieren auf einer mangelnden Stabilität der Lieferkette, die durch kleine Irritationen schon in Schieflage gerät. Profile werden nicht zum bestätigten Zeitpunkt geliefert oder überstehen unsere Qualitätskontrolle nicht, da sie mangelhaft angeliefert werden. Hier müssen die Systemhäuser ihre Prozesse und Kontrollmechanismen unbedingt hinterfragen. Sollte es jetzt noch, wie angekündigt, zu einer Verknappung der Rohmaterialien kommen, wird die Situation noch angespannter.

metallbau: Wie lange werden Sie voraussichtlich die Kurzarbeit brauchen?

Grimm: In den letzten Jahren haben wir massiv in die Digitalisierung unserer Prozesse investiert. Das hilft uns jetzt bei der Bewertung der Situation. Durch eine sehr detaillierte Fertigungs- und Montageplanung sind wir in der Lage, frühzeitig Störungen zu erkennen. Dies betrifft sowohl eine Über- als auch eine Unterdeckung der zur Verfügung stehenden Kapazitäten. Wir haben Kurzarbeit für die Bereiche Fertigung und Montage bis Mitte 2022 angemeldet, da wir davon ausgehen, dass der Einschnitt, den wir derzeit in der Fertigung haben, früher oder später in der Montage ankommt. In der Fertigung sind 5 Mitarbeiter von Kurzarbeit betroffen, im Bereich Montage wären es 10.

metallbau: Ist es das erste Mal seit der Corona-Krise, dass Sie Kurzarbeit fahren müssen?

Grimm: Wir sind bisher vollkommen unbeschadet durch die Krise gekommen, deshalb ist es uns auch möglich, das KUG auf 100 % aufzustocken, damit keiner der Mitarbeiter Einbußen beim Lohn hat. Unser Auftragsbestand beträgt mehr als 20 Wochen. Eigentlich wundervolle Zeiten. Es wäre jedoch betriebswirtschaftlich äußerst schadhaft, vor der jetzigen Situation die Augen zu verschließen. Deshalb haben wir frühzeitig reagiert.

metallbau: Wenn sich die Lieferengpässe in den nächsten zwei Wochen nicht erledigen, welche betrieblichen Entwicklungen befürchten Sie dann?

Grimm: Wir sind für die nächsten Wochen gut gerüstet, haben aber unsere Lehren gezogen und werden uns zukünftig noch breiter aufstellen. Mit unseren Kunden haben wir Verschiebungen bei den Lieferterminen offen kommuniziert. Das größte Dilemma ist der Umsatzverlust.

metallbau: Mancher Metallbau-/Fassadenbauunternehmer ist sich nicht mehr sicher, dass die allgemeinen Lieferschwierigkeiten von Aluhalbschalen bis hin zur Mineralwolle noch durch die Pandemie bedingt sind - wie bewerten Sie die Situation?

Grimm: Ich vermute, einige Betriebe sind sich ihrer Lage nicht bewusst, da sie nicht über eine aussagekräftige Darstellung ihrer Prozesse verfügen. Das Problem ist nach unserer Auffassung zu einem Großteil auch hausgemacht. Die gesamte Branche hat sich auf der Entwicklung der letzten Jahre ausgeruht. In einigen Bereichen hat man sich mehr um die Erschließung neuer Geschäftsfelder als um die Stärkung der Kernkompetenz gekümmert. Ein Bällebad oder die Übernahme eines Startup-Unternehmens bringt mir keine fehlenden Profile.

metallbau: Summa summarum - mit welchem Umsatzschaden kalkulieren Sie?

Grimm: Ich bin sehr glücklich, dass wir auf soliden Beinen stehen. Dadurch werden wir die derzeitige Situation überstehen. Trotz der Unterstützung durch KUG gehe ich aber von einem Umsatzschaden von mind. 500.000 Euro aus.

metallbau: In Europa sollen auf absehbare Zeit Aluminium-Gussbolzen ausverkauft sein. Wie konnte das passieren? Und wird die Pandemie nicht von den Produzenten, die ganz am Anfang der Lieferkette stehen, schamlos benutzt, um die Preise hochzutreiben?

Grimm: Da fehlt mir ehrlich gesagt der Überblick. Aber eins ist klar. Spekulation, Schutzzölle und ähnliches sind für Betriebe dauerhaft nicht von Vorteil. Wir sollten uns auf das konzentrieren, was wir beeinflussen können, alle unsere Lehren aus der jetzigen Situation ziehen und die Herausforderungen annehmen, dann gehen wir gestärkt aus dieser Krise hervor.

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