Marktpotenzial Hallenbau

Volle Auftragsbücher

Ist etwas gefragt und gleichzeitig knapp, wird es teuer. Dann geht die Nachfrage zurück, das Angebot steigt und der Preis sinkt. Diesem Marktmechanismus folgt die konjunkturelle Entwicklung im Bausektor. Wir haben im Hinblick darauf den kons­truktiven Stahlbau und insbesondere den Hallenbau unter die Lupe genommen.

Um eines vorwegzunehmen: Die Bauwirtschaft ist, anders als etwa der Dienstleistungssektor, im ersten Pandemiejahr mit einem blauen Auge davongekommen. So expandierten die Bauinvestitionen sogar im Jahr 2020 – zwar leicht, aber immerhin um rund 1,9 % (lt. Statistischem Bundesamt). Doch was bedeutet diese Zahl für den konstruktiven Stahlbau? Schauen wir uns die Umfrageergebnisse zur konjunkturellen Lage im Jahr 2020 und 2021 (Stand: Mai 2021) der Stahlbauunternehmen des bauforumstahl-Mitgliedsverbandes DSTV (Deutscher Stahlbau-Verband) an.

Laut den Befragten waren die Bautätigkeit und der Auftragsbestand im ersten Pandemiejahr überwiegend gleichgeblieben. Letzterer war nur in geringer Anzahl gestiegen und wurde als ausreichend bewertet. Für die beiden ersten Quartale 2021 schätzten mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer die aktuelle Geschäftslage als verhältnismäßig gut ein. Die Bautätigkeit und der Auftragsbestand sind nach Angaben aller Befragten im Vergleich zu 2020 etwa gleichgeblieben, wobei der Auftragsbestand zum Teil gestiegen ist. Letzterer wird von 50 % der Umfrageteilnehmer als saisonüblich bewertet, von 30 % als verhältnismäßig groß.

Stahlproduktion und Stahlhallenbau im Vergleich

Um die aktuelle konjunkturelle Entwicklung im konstruktiven Stahlbau einordnen zu können, aber auch, um gegebenenfalls Prognosen stellen zu können, empfiehlt sich ein Blick auf die beiden vorangegangenen Jahre. Auch hierzu liefert bauforumstahl umfangreiche Daten. So beziffert es die Gesamtproduktion im Jahr 2019 auf 1,910 Mio. t. Die Produktion von Hallen aus Stahl lag anteilig bei 33,35 % bzw. 0,637 Mio. t. Die Gesamtproduktion im Jahr 2020 hingegen endete im konstruktiven Stahlbau bei 1,73 Mio. t und verzeichnet daher im Vergleich zum Vorjahr einen Gesamtproduktionsrückgang von 9,42 %. Die Produktion von Stahlhallen lag bei 0,583 Mio. t und somit bei einem Anteil an der Gesamtproduktion von 33,7 %. Das bedeutet, dass der Stahlhallenbau prozentual ­etwas weniger stark gesunken ist als die Gesamtproduktion. Im Folgenden geben zwei Hallenbaufirmen einen Einblick in das Marktgeschehen:

Explodierende Stahlpreise

Der 1960 gegründete Familienbetrieb Rudolf Hörmann in Buchloe hat seine Wurzeln in der Produktion von Stalleinrichtungen, agiert aber mittlerweile als Generalunternehmer für den Hallenbau im gesamten landwirtschaftlichen und gewerblichen Bereich. 700 Menschen sind in dem Unternehmen beschäftigt; rund 100 arbeiten im Planungsteam. Gefertigt werden an dem 10 Ha großen Standort in Buchloe Hallen aus Holz und Stahl in Kombination; von diesen 600 Kons­truktionen pro Jahr sind rund ein Sechstel reine Stahlbauten. Hörmann hat Abnehmer im gesamten D-A-CH-Bereich, Litauen und Rumänien. Angesprochen auf die konjunkturelle Lage im Coronajahr Nr. 2 äußert sich der Geschäftsführer Rolf Hörmann wie folgt: „Während sich der Absatz im landwirtschaftlichen Sektor sehr verhalten zeigt, läuft das Geschäft im gewerblichen Bereich nach wie vor gut. Was wir aber momentan beobachten, ist, dass man manche Materialien nicht bekommt, und was mindestens genauso schlimm und neu ist: dass die Preise auf breiter Front davonlaufen. Viele Produkte, wie zum Beispiel Dach- und Wandverkleidung, Türen, Tore und Fenster, sind so teuer wie nie.“

In der Tat haben sich die Preise für Stahlprofile und Betonstahl, gemessen am Erzeugerpreisindex zwischen August 2020 und Juli 2021, innerhalb von nur einem Dreivierteljahr nahe­zu verdoppelt (siehe auf der Website die Tabelle auf Grundlage der Daten des Statistischen Bundesamts vom 12.09.2021). Dagegen waren im Jahr 2019 die Indizes sogar leicht rückläufig und hielten sich bis zum dritten Quartal 2020 auf recht stabilem Niveau. Für den Hallenbauer Hörmann heißt die momentane Preissteigerung konkret, dass er etwa für einen Träger statt 550 Euro nun 1.100 Euro zahlen muss. Beim Blech ist die Differenz sogar noch höher: Statt früher 600 Euro zahlt der Geschäftsmann aus Buchloe einen Preis von 1600 Euro. Doch auch wenn die Rohstoffpreise eines Tages wieder sinken sollten, fürchtet Hörmann, dass Inflation und Fachkräftemangel ihn vor neue Probleme stellen werden. Um Letzterem entgegenzuwirken, steckt er viel Energie in die Ausbildung der eigenen Mannschaft. Erst jüngst hat man deshalb 25 Berufsanfänger eingestellt. Erfolgversprechend sind nach Ansicht des Firmenchefs auch die Beratungsleistung und die Übernahme des Projekts von Beginn an. „Wir planen 3D-visualisiert und dimensionieren das Objekt schon für das Erstangebot statisch vor“, so Hörmann. „Es ist sicher unsere Stärke, dass wir sehr schnell zu einem aussagekräftigen Angebot kommen, sowohl in schriftlicher als auch in visueller Form.“

Mit dem Kunden auf Augenhöhe

Auch das in Holzminden ansässige Unternehmen E.L.F hat seine Wiege im landwirtschaftlichen Hallenbau und weitete das Geschäftsfeld im Laufe seiner 19-jährigen Firmengeschichte aus. Heute baut und produziert der Betrieb in gleichem Maße Hallen für die Landwirtschaft wie für die Sparte Handwerk, Gewerbe und Industrie. Der jährliche Gesamtumsatz beträgt 30 Mio. Euro; 250 Hallen wurden im Geschäftsjahr 2020 realisiert. Rund ein Drittel des Produktionsvolumens der Gebäude, die der Holzmindener Betrieb vertreibt, fertigt er selbst. Die restlichen zwei Drittel – Verkleidungselemente, Fenster, Türen, Tore – werden zugekauft. Die Geschäfte leiten seit 2011 die beiden Gesellschafter Dr. Dirk Quest und Klaus Brüggemann. Dieser meint: „Unsere Kunden sind in der Regel Klein- oder Mittelständler wie wir. Es ist uns wichtig, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. Deshalb sitzen auch wir Geschäftsführer oder unsere regionalen Berater meist mit dem Chef der Kundenfirma selbst am Tisch. Außerdem verkaufen wir kein Online-Produkt, sondern Objekte, die maßgeschneidert sind. Das und die vollumfängliche Beratung sind unser Erfolgs­rezept.“

www.hoermann-info.com

www.elf-hallen.de

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Landwirtschaft verhalten, Gewerbe boomt

Der Absatz in der Landwirtschaft ist momentan verhalten, der Umsatz im Gewerbe wächst, sagt der 56-Jährige. Schon im Coronajahr 2020 hatte seine Firma deutliche Zuwächse, und zwar in allen Bereichen, zu verzeichnen. Das hat damit zu tun, dass klein- und mittelständische Unternehmen in der Regel nach wie vor recht gut dastehen oder gar auf Expansionskurs sind. Sorgen bereiten dem Geschäftsmann aus Niedersachsen aber zu Recht die explodierenden Rohstoffpreise. Eine Preisgleitklausel in den Verkaufsverträgen ermöglicht es deshalb der Firma E.L.F, den Angebotspreis nachträglich anzupassen. Denn zwischen Abschluss des Verkaufsvertrags und Baubeginn können gut und gerne sechs Monate vergehen – eine Zeitspanne, in der die Materialpreise sich unter Umständen extrem verändern. Sehr anschaulich werden diese Preisschwankungen mittels dem Stahlpreisindex in einem Chart auf der Homepage der Firma dargestellt.

Volle Auftragsbücher – noch

„Wir müssen im Moment ständig mit unseren Bauherren über die steigenden Preise reden. Einige sagen schon, dass sie den Auftrag nicht mehr bezahlen können und ziehen sich notgedrungen aus der Verhandlung oder dem Vertrag zurück“, so Brüggemann. Noch aber hat er aus den Vormonaten ein sehr gutes Auftragsvolumen; man suche händeringend nach Fachkräften, um die Produktion zu steigern. Doch die Anzeichen, dass es in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres schwer werden wird, sind nicht zu übersehen. „Im Grunde genommen“, sagt er, „sind wir diejenigen, die in einer Sandwichposition sind: Wir müssen die Preise weitergeben, die wir bekommen — sind aber am Ende auch diejenigen, die es ausbaden, bis der Markt wieder in Gang kommt.“

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