Stefan Dienst, Projektleiter

"In Brücken investieren statt in Absperrungen!"

metallbau: Herr Dienst, wie kam es zu dem Bauvorhaben?

Stefan Dienst: Die beiden Vorgängerbrücken sind etwa zeitgleich 1966 fertiggestellt worden und stammten noch aus der frühen Bauphase der A45, deren Bau erst Anfang der 1980er Jahre abgeschlossen war. Beide Brücken gehören zur B54, die in diesem Bereich über wenige Kilometer annähernd parallel zur Autobahn verläuft. Eine Prüfung ergab, dass diese mindertragfähig, ihre Sanierung aber nicht wirtschaftlich war, zumal diese in ihren Dimensionen einen 6-streifigen Autobahnausbau eher hinderten. Zunächst prüften wir eine brückenfrei Variante und eine komplette Verlegung der Bundesstraßentrasse östlich der Autobahn. Doch diese Variante scheiterte früh an der Topographie, der Natur und dem Widerstand der Bevölkerung.

metallbau: Wieso wurde die Autobahn halbseitig gesperrt?

Dienst: Parallel dazu wird derzeit südlich hiervon die Talbrücke Kalteiche der A45 erneuert. Dazu ist eine 4+0 Verkehrsführung eingerichtet, die Autobahn in Fahrtrichtung Gießen gesperrt und der Verkehr wird komplett auf der anderen Fahrbahn geführt. Es bot sich an, dies fortzusetzen, da damit das Einrichten einer weiteren Mittelstreifenüberfahrt entfiel und keine weiteren kontinuierlichen, dem Baustellenverlauf angepassten Markierungsarbeiten erforderlich waren. Zudem ist eine, auch sehr lange 4+0 Verkehrsführung weniger unfallträchtig als zwei kurz aufeinanderfolgende Baustellen mit entsprechenden Spurwechseln.

metallbau: Wieso wurden die Brücken neben ihrem zukünftigen Platz vorgefertigt?

Dienst: Wir wollten in jedem Fall so genannte Inselbaustellen, also Arbeiten auf dem Mittelstreifen vermeiden, weil diese zu weiteren Markierungsarbeiten und noch mehr Unfällen führen. Der für Nordhessen zuständige Baudezernent Dipl.-Ing Harald Mank – mein Chef – vertritt die Leitlinie, dass man besser das Geld in die Brücken stecken sollte als in die Hilfskonstruktionen. Denn solche permanenten Markierungs- und Absperrarbeiten sind auch nicht umsonst.

metallbau: Wie kamen Sie zu Konstruktion?

Dienst: Hessen.Mobil, das Straßen- und Verkehrsmanagement des Landes Hessen, verfügt über eine Planungsabteilung, wo wir zunächst verschiedene Varianten ausgearbeitet und diese in Hinsicht auf ihre Wirtschaftlichkeit und Machbarkeit verglichen haben. Dabei stellten wir fest, dass für die längere Südbrücke auch eine höhere und attraktivere Bogenbrücke konstruktiv machbar wäre. Wir verwarfen die Variante jedoch aufgrund des erhöhten Einfahraufwandes: Hierzu hätten ihre Bögen mit temporären Hilfskonstruktionen ertüchtigt werden müssen.


metallbau: Wie gestaltete sich die Auftragsvergabe und die Ausführungsplanung?

Dienst: Hier ging Hessen.Mobil neue Wege, indem wir uns für eine vorgezogene Ausführungsplanung entschieden. So hatten wir schon zum Zeitpunkt des Variantenstadiums mit der Ausführungsplanung begonnen und konnten daher sehr präzise die tatsächliche Bausumme von rd. 15 Mio. Euro ohne Nebenkosten prognostizieren. Hessen.mobil verfügt zwar über eine eigene Planungsabteilung, doch für die Ausführungsplanung im Vorfeld beauftragten wir Sweco, ein Ingenieurbüro in Frankfurt. Die Statik steuerte das Wunstorfer Büro Meyer + Schubart bei, Prüfstatiker war ibn - ingenieurbau Neumann aus Weiler. Ziel war es, mit der vorgezogenen Ausführungsplanung soweit zu sein, dass wir bei Auftragsvergabe dem Auftragnehmer – dem Generalunternehmer Donges SteelTec aus Darmstadt – die fertigen Pläne einfach übergeben und sagen konnten: Mach! Das hat sehr gut funktioniert, weshalb wir künftig weiter so vorgehen wollen!

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