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Französische Balkone aus Glas

Die Berechnung, Fertigung und Montage französischer Balkone aus Glas regelt die DIN 18008. Wer Absturzsicherungen ohne die nötigen Nachweise in Verkehr bringt, riskiert Strafen. In der Printausgabe vom Juni finden Sie Systeme von neun Herstellern mit den nötigen Nachweisen.

Bodentiefe Fenster sind aktuell in der Architektur beliebt. Sie spenden viel Licht und vermitteln den Bewohnern das Gefühl, sich im Freien zu befinden. Können die Fenster geöffnet werden, besteht die gesetzliche Pflicht, Menschen durch fest installierte Absturzsicherungen vor dem Herausfallen zu schützen. Diese sogenannten französischen Balkone können Geländer mit Stab- oder Plattenfüllungen aus Metall bzw. Verbundschichtstoffen oder auch Glasplatten sein, die entweder punkt- oder linienförmig gelagert sind. Französische Balkone mit einer Glasfüllung sind kaum teurer als klassische Metallgeländer. Ihre Montage ist relativ einfach, sie werden entweder direkt auf dem Fensterrahmen, auf einer Pfosten-Riegel-Fassade oder im Mauerwerk befestigt. Der Trend geht zur Befestigung am Fensterrahmen.

Rechtliche Situation für den Inverkehrbringer

Für die Gewährleistung und im Schadensfall haftet der Inverkehrbringer, und das ist in der Regel der montierende Metallbaubetrieb. Entsprechend den Landesbauordnungen und der Bauregelliste ist eine Gewerktrennung bzw. Aufteilung in Teilleistungen nicht mehr möglich. Grundlage bilden die DIN EN 1090-1, die Eurocodes 1, 3 und 9 (europäische Planungs- und Ausführungsnormen) sowie die ETB-Richtlinie „Bauteile, die gegen Absturz sichern“.

Gemäß DIN EN 1090-1 muss der Montagebetrieb die Absturzsicherung von einem zertifizierten Betrieb beziehen. Dieses Gesamtsystem benötigt ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP). Doch nicht alle Hersteller bieten komplett an. Zum Beispiel liefert Abel Metallsysteme aus dem thüringischen Geisa die Gläser nicht mit, weil das laut Geschäftsführer Klaus-Peter Abel logistisch zu aufwändig ist und den Preis unnötig erhöhen würde. Der Kunde erhält von Abel genaue Angaben zum erforderlichen Glas, das er dann von einem Glaslieferanten seiner Wahl beziehen kann. Der Anwender erklärt abschließend mit einer Übereinstimmungserklärung, dass er die Bauart gemäß dem vorliegenden abP hergestellt hat.

Glasbemessung nach der DIN 18008

Im konstruktiven Glasbau löste die DIN 18008 die bisherigen Technischen Regeln TRLV, TRPV und TRAV ab und schuf damit in Deutschland prinzipiell nichts Neues. Der Bundesverband Flachglas (BF) begründet: „Eine Voraussetzung für einen gemeinsamen europäischen Binnenmarkt ist, dass alle Mitgliedsstaaten im Bauwesen nicht nur einheitliche Produktnormen, sondern auch einheitliche Bemessungsregeln verwenden. Daher wurde die DIN 18008 erarbeitet, um bei der Bemessung von Glas die europäische Forderung nach einem eurocode-konformen Sicherheitskonzept umzusetzen.“ Die DIN 18008 wurde in den Jahren 2014 und 2015 in allen 16 Bundesländern Deutschlands umgesetzt und gilt als Technische Baubestimmung im Sinne der jeweiligen Landesbauordnung.

Teil 1 der DIN 18008 gibt allgemeine Konstruktionsregeln vor. Für Französische Geländer aus Glas gilt außerdem der Teil 2 für linienförmig gelagerte Verglasungen bzw. Teil 3 für punktförmig gelagerte Verglasungen sowie zusätzlich Teil 4 (Zusatzanforderungen an absturzsichernde Verglasungen). Zu beachten ist, dass die DIN 18008 nur Vorgaben in Bezug auf das Glas und entsprechende Punkthalter oder Klemmleisten enthält. Die Unterkonstruktion sowie deren Anbindung an das Gebäude sind gesondert nachzuweisen. Die Geländerhöhen legen die jeweiligen Landesbauordnungen fest. Die Stoßsicherheit wird mit dem jeweiligen allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnis (abP) nachgewiesen. Die tatsächliche Scheibenstärke richtet sich nach statischen Erfordernissen wie Windlast und Holmlast.

Neue Regelung zum Kantenschutz

Absturzsichernde Verglasungen werden in die Kategorien A und C1 eingestuft. Verglasungen der Kategorie A sind z.B. linienförmig gelagerte Vertikalverglasungen, bei denen kein tragender Brüstungsriegel bzw. vorgesetzter Holm die horizontalen Lasten abträgt. Bei C1-Verglasungen trägt nicht das Glas die horizontalen Nutzlasten, sondern ein tragender Brüstungsriegel, für den die Norm einen Nachweis der statischen Verkehrslasten erfordert.

Für den Stoßsicherheitsnachweis des Glases muss der Anwender einen Nachweis durch Pendelschlagversuch erbringen. Zusätzlich muss für die absturzsichernde Verglasung ein Standsicherheitsnachweis erbracht werden. Dieser beinhaltet den Nachweis der Windlast und im Fall einer A-Verglasung den Nachweis über die Holmlast. Bei einer Verglasung der Kategorie C1 ist der Nachweis der Holmlast separat über den Brüstungsriegel zu führen.

Neu in der DIN 18008 ist die Regelung zum Kantenschutz. „Der Kantenschutz als Stoßschutz ist erforderlich, wenn die Glaskante nicht gelagert oder durch angrenzende Bauwerksteile in einem Abstand von weniger als 30 Millimeter geschützt ist. Die DIN 18008 gibt erstmals sowohl die Form als auch die Prüfungen für einen wirksamen, stoßsichernden Glaskantenschutz vor“, erläutert Dipl.-Ing. Tobias Blum von Abel Metallsysteme. Das DIBt hat am 7.10. 2015 die DIN 18008-4 als Prüfgrundlage für absturzsichernde Verglasungen freigegeben, die damit die bisher noch als Prüfgrundlage gültige TRAV ablöst. Seither ist wieder möglich, abP für absturzsichernde Verglasungen der Kategorie A zu erarbeiten und auszustellen. Eine ZiE ist dann nur noch bei Abweichungen zu ausgestellten abP notwendig. Wer sich über die Vorschriften hinwegsetzt und Absturzsicherungen ohne die nötigen Nachweise oder Übereinstimmungserklärungen in Verkehr bringt, riskiert empfindliche Strafen.

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