Interview

Martha Klügl, Recruiting-Expertin

„Lokales Markenbranding funktioniert!“

Martha Klügl ist Geschäftsführerin der Agentur SocialMe in Dillingen. Seit fünf Jahren führt sie Recruiting-Kampagnen via Social Media durch und weiß, wie kleine Betriebe via Facebook, Instagram und YouTube erfolgreich Personal werben können. Die Hinweise der Social-Media-Managerin lesen Sie im Interview.

metallbau: Frau Klügl, viele Betriebe wollen über Facebook & Co. Mitarbeiter finden. Doch viele scheitern auch. Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe?

Martha Klügl: Die Unternehmen unterschätzen den Aufwand. Ein paar willkürliche Postings auf Instagram oder YouTube reichen nicht aus, um Interesse zu wecken. Vielmehr ist es wichtig, sich vorab Gedanken zu machen. Wen will ich ansprechen, nur Bewerber oder auch Kunden? Wie alt ist die Zielgruppe und wo liegen deren Interessen? Was könnte einen künftigen Mitarbeiter interessieren? Hinzu kommt die Sicht auf den eigenen Betrieb: Was ist im Unternehmen ansprechender als beim Wettbewerb? Welche Benefits bieten wir? Wie unterscheidet sich unsere Arbeitsweise von anderen Firmen? Wie sieht es mit Work-Life-Balance aus? Und: Welche Klischees über den Beruf können wir widerlegen?

metallbau: Was ist dann der nächste Schritt hin zu einer Kampagne?

Klügl: Es ist klug, mehrere Social-Media-Plattformen mit Inhalten, dem Content, zu füttern. Neben den businessüblichen Xing und LinkedIn sollten Betriebe Kanäle bespielen, die Bewerber in ihrer Freizeit konsumieren. Je nach Zielgruppe sind das Facebook, Instagram, TikTok oder YouTube. Unterschätzt wird übrigens der interne Effekt. Via Social Media können Betriebe Firmenwerte und Entscheidungen des Chefs nachvollziehbar kommunizieren. Sie erreichen damit Mitarbeiter sogar in deren Freizeit. Auch Kollegen im Homeoffice, Außendienstler und Fahrer, die kaum zum Firmensitz kommen, sind via Social Media erreichbar.

metallbau: Wie werden Interessenten animiert, sich zu bewerben?

Klügl: Über eine Landingpage. Auf dieser Webseite können sich Interessierte mit ein paar Klicks mobil bewerben. Sie dient nur diesem Zweck. Dabei sollte die Sprache der Social-Media-Postings genauso klingen wie auf der Landingpage. Zum Beispiel einheitlich in Du-Form anreden. In den Postings sollten Betriebe immer wieder auf die Karriere-Landingpage hinweisen. Bewerber finden darauf Informationen: welche Berufe gesucht sind und vor allem einen Button, um sich direkt zu bewerben. Das unterscheidet den virtuellen vom analogen Weg. Lebensläufe und Anschreiben abzugeben sind in einem Mangelmarkt Hemmschwellen. Die gilt es im ersten Step abzubauen.

metallbau: Stichwort „duzen“, das fällt manchem (älteren) Chef erstmal schwer?

Klügl: Auf Social Media wird mit „Du“ angesprochen, um Hierarchien abzuflachen, Nähe und Vertrauen aufzubauen – und es ist in der Freizeit einfach üblich. Ebenfalls üblich ist es, Mitarbeiter nach ihrer Meinung über den Betrieb zu fragen und Formate für Bewerber-Fragen anzubieten. Pflicht ist, die Community zur Interaktion einzuladen: „Schreib uns eine Nachricht“, „Hinterlasse deine Meinung in den Kommentaren“…

metallbau: Was sind denn nun gute Postings, was kommt an?

Klügl: Menschen kaufen bei Menschen – das gilt auch für das Gewinnen neuer Mitarbeiter. Am besten lassen sich Benefits und Unternehmenskultur erfahren, wenn Mitarbeitende darüber berichten. Video-Interviews zu Firmenkultur, Work-Life-Balance und persönlichen Highlights bieten sich an. Diese Videoschnipsel teilen die Mitarbeitenden im Nachbarn- und Freundeskreis, dadurch entsteht ein Sog. Immer mehr Menschen interessieren sich für diese Informationen und abonnieren den Social-Media-Kanal. Gerne gesehen werden regelmäßige Formate: Mitarbeiter-Vorstellungen, Mitarbeiterin des Monats und Ehrungen zum Jubiläum. Damit zeigt der Betrieb einen wertschätzenden Umgang mit Kollegen, die sich umso lieber vor die Kamera stellen, um gelobt zu werden.

metallbau: Was sollten Firmen noch beachten?

Klügl: Hochwertiger und authentischer Content ist die Maßgabe. Social Media ist eine Bühne. Jeder hat die Chance, täglich darauf zu stehen und sich zu zeigen – und zwar unabhängig der Firmengröße. Stattdessen gilt die Faustformel: Schlagzahl x Schlagkraft = Erfolg. Je häufiger und je hochwertiger, desto mehr Aufmerksamkeit wird erzeugt. Wobei Videos die vordringliche Variante der Präsentation sind. Alle Social-Media-Plattformen ranken Videos besser als Bilder und Texte.

metallbau: Und welche Stellschrauben sind noch zu drehen?

Klügl: Online-Werbung ist mess- und auswertbar. Um eine Kampagne stetig zu optimieren, ist es wichtig, Kennzahlen regelmäßig zu kontrollieren, zu bewerten und einzelne Stellschrauben zu drehen. Die wichtigsten Zahlen sind Reichweite, Engagement-Rate, Kosten pro Klick, Kosten pro Bewerbung, Anzahl der Webseiten-Aufrufe (Landingpage) und das Wachstum des Firmenprofils. Bei bezahlten Werbeanzeigen, den „Ads“, lassen sich zudem sämtliche Parameter der Zielgruppe definieren: Interessen, Ausbildung, Bildungsgrad, ….

metallbau: Haben kleine Betriebe überhaupt eine Chance gegen die Werbebudgets großer Firmen?

Klügl: Unsere Erfahrung zeigt, dass gerade kleine und mittelständische Betriebe beste Chancen haben, sich lokal als eine Marke aufzubauen und Aufsehen zu erzeugen. Wichtig ist eine gesunde Mischung aus Mehrwert, Persönlichem und Werbung. Es gilt das 40:40:20 Prinzip. Über eine Kampagne kann sich der Betrieb als vorbildlicher Arbeitgeber präsentieren. Wichtig ist, dass das Ziel klar definiert ist und kanalübergreifend kommuniziert wird. Dazu zählen neben Online-Kanälen auch Print, Firmenfeste und die Gestaltung des Betriebsgebäudes. Wenn Unternehmen zeigen, was Bewerber erwarten können, und dieser Auftritt einheitlich ist, werden potentielle Mitarbeiter sich eher für den Betrieb entscheiden.

www.socialme-agentur.de

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