VFF-Jahreskongress
2025 – raus aus der TalsohleMit rund 350 Teilnehmern in Berlin meldete der Verband Fenster + Fassade einen neuen Teilnehmerrekord. Beim ersten Kongress „Inside 2019“ waren es nur 190 Zuhörende. Zuwachs gibt es auch bei den Mitgliedern: Nach einem Plus von 65 im vergangenen Jahr haben sich inzwischen 450 Unternehmen dem VFF angeschlossen. In Berlin glänzte der Verband mit einem bis ins Detail durchorganisierten Kongress und mit Keynote-Speakern wie ifo-Präsident Prof. Clemens Fuest und Ralph Brinkmann (CDU, MDB). Im Fokus standen Konjunkturentwicklung und politische Maßnahmen zur Unterstützung der Bauwirtschaft. Zum weiteren Schwerpunkt Künstliche Intelligenz berichten wir in metallbau 7-8/2025.
Ob Auftragslage oder politischer Support – die Branche befindet sich in der Warteschleife und setzt auf die Zukunft. Der Termin des Jahreskongresses am 21. Mai war zu früh, um eine fundierte Bewertung der neuen Bundesregierung abgeben zu können. Zwar stimmt der Koalitionsvertrag die Branche zuversichtlich, jedoch hatte der VFF die Abschaffung des Heizungsgesetzes und eine fehlende Positionierung zur Gebäudeeffizienz neben der Emissionsreduktion moniert. „Wir hoffen, dass die nächsten vier Jahre besser werden als das, was die Branche hinter sich hat“, gab VFF-Präsident Helmut Meeth die Stimmung der Mitglieder wieder. „Die schwierige Phase ist in der Politik angekommen und wir erwarten in den kommenden Monaten die erhoffte Unterstützung“, konstatierte Thomas Drinkuth. Der Leiter der Repräsentanz Transparente Gebäudehülle in Berlin erinnerte an den Satz des Kanzlers Friedrich Merz: „Bauen ist eine Schlüsselindustrie, um in diesem Land etwas zu bewegen.“
Aufbruchstimmung trotz Unsicherheit
Zur Eröffnung sprach die Bürgermeisterin des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, Clara Herrmann: „Berlin Kreuzberg ist eines der dichtbesiedelsten Gebiete Europas. Der Klimawandel zeigt sich deutlich; im Sommer ist es hier bis zu 10 Grad heißer als im Brandenburger Umland“, so die Politikerin von Bündnis 90/Die Grünen. Sie betonte: „Fenster sind ein Schlüsselfaktor für klimaneutrales Bauen und Sanieren. Wie sich Fenster ausgestalten, wird für die Zukunft der Städte entscheidend sein.“ Für notwendige kleinteilige und technische Lösungen sei das Know-how der Fensterbauer gefragt.
Ifo-Präsident Prof. Clemens Fuest stützte seine Prognose auf den seit fünf Monaten leicht steigenden ifo-Geschäftsklimaindex: „Das Baugewerbe durchschreitet dieses Jahr die Talsohle, aber drei Jahre lang Nullwachstum gefährden den Wohlstand.“ Fuest problematisierte, dass hierzulande Arbeit aus der Mode gekommen sei. Dies belegte er mit einem OECD-Schaubild aus 2024, auf dem Deutschland beim internationalen Vergleich der effektiven Arbeitsstunden den letzten Platz belegt. Ein Grund, weshalb er für mehr Kinderbetreuungsplätze plädierte, dass sich Arbeit wieder lohnen müsse und ein Feiertag gestrichen werden sollte. Für mehr Konjunktur müsse sich dingend die Investitionsbereitschaft erhöhen: „Statt wie aktuell ca. 10–15% unter dem Niveau von 2019 zu liegen, sollte sie um 10–15% darüber liegen.“
Investitionsklima & Bürokratieabbau
Damit Immobilienunternehmen wieder investieren, empfahl er, den Mietendeckel aufzuheben und Baustandards zu überprüfen. Als Beispiel für die imposante Investitionskraft von Konzernen führte er Amazon an. „Der digitale Riese hat einen Etat für Forschung, der den Forschungsinvestitionen des französischen Staats gleicht!“ Noch liege Deutschland darüber.
Weil Wohlstand von Investitionen abhängt, forderte er staatliche Förderungen von Firmengründungen und vereinfachte Modalitäten. Die gestiegenen Insolvenzen auch im Bauwesen haben den Markt bereinigt und Platz für zukunftsfähige Firmen geschaffen. Noch eine Zahl zum Thema: Laut Gründerpilot scheitern mehr als 80% aller Start-ups innerhalb von drei Jahren.
Grundprinzip „Sanierung vor Neubau“
Fuest wies auf das Sondervermögen für Infrastruktur hin: „Nach Abzug von Zinsen und Inflation werden von den 500 Mrd. noch 400 Mrd. Euro übrig bleiben. Für Fördermaßnahmen gelte „Sanierung vor Neubau“, für Bauherren brauche es langfristige Planungssicherheit und die Planungs- und Genehmigungsverfahren müssten dringend vereinfacht werden. Die Digitalisierung in den Verwaltungen sollte beschleunigt, Bürokratie und überflüssige Regulierungen abgebaut werden.
Klimaziele und einfaches Bauen
Angesichts des umfänglichen Sondervermögens für Infrastruktur seien weitere Steuerbegünstigungen nicht mehr für nötig erachtet worden und zunächst nicht zu erwarten. Dass aus dem geplanten Schub eine Überhitzung der Bauwirtschaft resultieren wird, befürchtet der ifo-Präsident nicht. „Für eine solche Entwicklung werden die Genehmigungsverfahren nicht schnell genug laufen!“ Wird ein Bauantrag innerhalb einer Frist von drei Monaten nicht abgelehnt, sollte er als genehmigt gelten. Dieses alternative Vorgehen erwägt die Bundesregierung aktuell, wie Gunther Adler wusste. Um den Wohnungsbauturbo in Gang zu setzen, rief der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) die Kommunen auf, eine einfache, beschleunigte Flächenbereitstellung zu ermöglichen. In punkto Beschleunigung der Genehmigungsverfahren gehen der CDU-Abgeordnete (MdB) Ralph Brinkhaus mit Fuest sowie Adler konform. Auch was stabile, langfristige Förderungen betrifft, sind sich Wirtschaftsexperte, Politiker und Lobbyist einig. Adler forderte ergänzend, dass die Fördermaßnahmen über die Bundesländer hinweg harmonisiert werden sollten.
Klimaziele
Gebäudesektor
Den Nachholbedarf bei der CO2-Reduktion in den Sektoren Gebäude und Mobilität gemäß EU-ETS2 räumte Brinkhaus ein. „Die CDU/CSU will die vorgegebenen Klimawerte erreichen“, konstatierte er. Ohne eine signifikante Erhöhung der Sanierungsrate lässt sich dies jedoch nicht umsetzen. Brinkhaus sprach sich gegen den Wegfall eines Feiertages aus und forderte stattdessen, mehr Arbeitskapazitäten zu schaffen, indem etwa Überstunden bei Vollzeitkräften steuerfrei gestellt werden. Zum Thema „Einfaches Bauen“ stellte der CDU-Abgeordnete (MdB) in Frage, warum zum Beispiel in einem Stadtbezirk noch architektonisch unterschiedliche Grundschulen gebaut werden, wenn doch alle Grundschulen einen ähnlichen Raumbedarf haben? Um die Überregulierung in der Bauwirtschaft plakativ zu machen, wies Adler auf den Gesamtumfang aller 16 Landesbauordnungen hin: „Das sind 7.000 Seiten und viel zu viele Regeln!“ Wird der Bürokratieabbau nicht kurzfristig durchgesetzt, sieht Brinkhaus 2029 die AFD an der Regierung. „Die Bürokratisierung als ein Ausdruck des Misstrauens gegenüber den Bürgern muss abgebaut werden“, pointierte Adler. „Bürger wie Unternehmer sind mündig!“ Etwas zugespitzt formulierte VFF-Geschäftsführer Frank Lange, dass die aktuelle Regierung nur einen Schuss hat, um die Wirtschaft in Schwung zu bringen. „Sie kriegen das in dieser Legislaturperiode hin!“, ermutigte er den CDU-Abgeordneten. Noch gilt die Schonfrist. „Von den ersten 100 Tagen Schwarz/Roter–Regierung sind bis zu einem ersten Urteil noch 80 Tage übrig“, sagte Adler.
Fazit
Was von den geplanten Maßnahmen als Impuls in der Wirtschaft ankommt, hängt vor allem vom Bundeshaushalt 2025 und 2026 ab und weiter, wann diese verabschiedet werden. Politiker, die Feiertage streichen möchten, um Arbeitskapazitäten zu schaffen, sollten sich als Vorbild nicht zu schade sein, ihre Sommerpause zu verkürzen, um die Hängepartie des Landes so schnell wie möglich zu beenden.
Der nächste Kongress „Inside 2026“ findet in Göttingen vom 18. bis 19. Juni 2026 statt.
Support & Marketingpreis
Erstmals wird der Verband Fenster + Fassade mit dem Bundesverband Flachglas im März (24.–27.3.2026) auf der Fensterbau frontale in Nürnberg mit einem Messestand vertreten sein. Mit dem Pilotprojekt soll ca. zehn ausführenden Mitgliedsbetrieben ermöglicht werden, auf der Branchemesse ihre Innovationen vorzuführen.
Unterstützung können VFF-Mitglieder auch zum Thema Künstliche Intelligenz erwarten; mit Webinaren & Seminaren sollen die Betriebe in die Lage versetzt werden, eine auf ihr Management zugeschnitten KI-Strategie zu entwickeln und umzusetzen.
VFF-Geschäftsführer Frank Lange kündigte an, dass die Website www.fenster-koennen-mehr.de für die Zielgruppe der Endkunden umgebaut wird. Der Internetauftritt soll Bauherren eine Erlebnisreise durch die Produktwelten der Fenster- und Fassadenlösungen bieten, Fachinformationen werden via Infotainment vermittelt.
Beim nächsten Kongress wird turnusgemäß wieder der VFF-Marketingpreis verliehen. „Gewinner werden in den Kategorien „Bestes Video“, „Beste Marketingmaßnahme“ und „Bestes Projekt Rampenlicht“ ermittelt“, kündigte Präsident Helmut Meeth an. Die Website ist für Bewerbungen scharfgeschaltet. Bewerbungsschluss ist der 28.2.2026.