Interview

Marco Leonhardt, Sachverständiger

„Im Allgäu muss man tiefer runter!“

Marco Leonhardt ist freier Sachverständiger für Schäden an Wintergärten und Terrassendächern sowie Geschäftsführer der Firma VIL Bausysteme in Bönnigheim in der Nähe von Stuttgart. Er wird von privaten Bauherren hinzugezogen oder auch vom Gericht beauftragt, Gutachten zu erstellen, um Schäden zu beurteilen.

metallbau: Herr Leonhardt, Sie werden hauptsächlich von Eigenheimbesitzern beauftragt, ein Gutachten zu erstellen, wenn diese Mängel am Sommergarten oder Terrassendach feststellen. Was sind die häufigsten Schäden oder Mängel?

Marco Leonhardt: Die häufigsten Mängel, bei denen ich zu Rate gezogen werde, sind undichte Stellen am Terrassendach oder Kaltwintergarten – auch Sommergarten genannt. Häufig sind sogar große Risse bei den Bauanschlüssen sichtbar, sodass es hereintropft. Da hat entweder der Monteur schlampig gearbeitet, die Planung war unzureichend oder es wurde falsches Material verwendet.

metallbau: Was wird konkret falsch gemacht?

Leonhardt: Das Terrassendach oder der Sommergarten werden normalerweise an ein bestehendes Haus angebaut; es kann sein, dass der Putz uneben ist oder die Hauswand etwas schräg. Ein unerfahrener Handwerker greift dann vielleicht zum Silikon, auch wenn die Fugen sehr breit sind. Dabei gibt es für solche Zwecke spezielle Kantbleche oder Abschlussbleche. Wie ein Kantblech fachgerecht angebracht wird, weiß ein erfahrener Spengler oder Flaschner. Ein anderer Fehler ist, dass das Material nicht gereinigt wird, bevor es abgedichtet wird.

metallbau: Was meinen Sie mit unzureichender Planung?

Leonhardt: Bauanschlüsse sollten geplant und durchdacht werden; wo kommt eine Abdichtung hin, wo kommen Bleche hin? Das sollte im Vorfeld geplant werden, sodass der Monteur vor Ort nicht nach Gutdünken handeln muss, wenn er ein Loch vor sich hat und dieses dann „irgendwie“ zumacht.

metallbau: Wie sieht es mit den Fundamenten für den Sommergarten aus? Was kann hier falsch gemacht werden?

Leonhardt: Der häufigste Fehler ist, dass die Fundamente nicht fachgerecht gemacht wurden. Im Raum Stuttgart beispielsweise reicht es aus, wenn das Fundament 80 Zentimeter tief ist, weil der Bodenfrost nicht tiefer geht. Im Allgäu muss man tiefer runter. Manche Anbieter graben nicht tief genug und verwenden den falschen Beton.

metallbau: Was wäre falscher Beton?

Leonhardt: Manche Fertigbetonmischungen sind nur für die Halterung von Wäschespinnen oder Gartenzäunen geeignet, nicht aber für einen Sommergarten. Das Fundament muss ja ein tragendes Bauteil halten wie den Stützpfosten eines Terrassendachs. Der soll sturmfest und winterfest sein.

metallbau: Welche Mängel bekommen Sie zu Gesicht, die ihre Ursache in der nicht fachgerechten Ausführung bei der Montage haben?

Leonhardt: Wenn es von irgendwo hereintropft und keiner weiß, warum, liegt die Ursache meistens an der Unwissenheit des Monteurs. Es gibt bei den Aluminiumprofilen eine äußere Ebene, wo das Wasser abfließen kann und eine zweite Entwässerungsrinne im Inneren des Profils. Wenn dieses abgedichtet wird, kann sich das Wasser darin stauen. Kommt der Frost und das Wasser dehnt sich aus, platzt das Profil. Werden Markenprodukte verwendet, die von namhaften Profilherstellern in Deutschland verkauft werden, dann steht und fällt es mit der Planung, dem Geschick und der Erfahrung des Monteurs.

metallbau: Was empfehlen Sie in diesem konkreten Fall?

Leonhardt: Es müssen verschiedene Ebenen geplant werden, wie das Wasser abgeführt wird. Sowohl das Regenwasser als auch das Wasser, das in den Systemen laufen kann, muss auch wieder rausfließen können. Das Problem betrifft nicht nur die Aluminiumprofile, sondern auch den Boden um einen ringsum geschlossenen Sommergarten. Sind Entwässerungslöcher zugefliest und es dringt Wasser ein, platzen die Fliesen beim ersten Frost auf.

metallbau: Welche Folgen von Materialmangel sehen Sie?

Leonhardt: Es kommt vor, dass die Schiebetüren nicht richtig auf- und zugehen, weil sich die Konstruktion mit der Zeit durch die Eigenlast durchbiegt und die Türen nicht mehr richtig in der Schiene laufen. Dann wurde die Statik nicht so beachtet, wie es in Deutschland eigentlich vorgesehen ist. Ich habe auch schon Dächer zu Gesicht bekommen, die sich durchbiegen. Von einigen „schwarzen Schafen“ unter den Anbietern werden Dächer verkauft, die nur für eine Schneelast bis maximal 50 Kilogramm ausgelegt sind. Im Kleingedruckten steht dann, dass der Kunde eine Schneeräumpflicht hat, wenn die 50 Kilogramm überschritten werden. Da stellen sich mir alle Nackenhaare auf.

metallbau: Muss ich als Reihenhausbesitzer noch etwas beachten, bevor ich einen Sommergarten plane?

Leonhardt: Die Landesbauordnung enthält die Vorschriften zum Bau von Sommergärten. Die Regeln sind je nach Bundesland unterschiedlich…

metallbau: Was gilt in Baden-Württemberg?

Leonhardt: Sobald der Kaltwintergarten ganzseitig geschlossen ist, ist er in der Regel bis zu einer Größe von 40 Kubikmeter verfahrensfrei. Eine Terrassenüberdachung bis zu einer Größe von 30 Quadratmetern. Wichtig ist generell, dass man die 2,5 Meter Grenzabstand zum Nachbarn einhält. Sobald die Baulinie überschritten wird, sollte man mit dem Bauamt sprechen. Das ist auch grundsätzlich empfehlenswert, da es von Ort zu Ort und von Baugebiet zu Baugebiet zusätzliche Baubestimmungen geben kann.

www.vil.de

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