Anforderungen an die moderne Gebäudehülle

Nachhaltigkeit am Bau

Ein wichtiger Aspekt der Nachhaltigkeit im Bauwesen ist der Einsatz energie- und kosteneffizienter Dächer und Fassaden. Moderne Gebäudehüllen in Stahlleichtbauweise haben beste energetische Eigenschaften, zudem bestehen ihre Elemente aus natürlichen, recyclingfähigen Stoffen und sichern langlebige, werthaltige Bauwerke.

Mittlerweile stehen zur Bewertung der Nachhaltigkeit eines Gebäudes mehrere Systeme zur Verfügung (z.B. LEED, BREEAM etc.). Das deutsche Bewertungssystem DGNB (Deutsches Gütesiegel Nachhaltiges Bauen) berücksichtigt mit mehr als 50 verschiedenen Kriteriensteckbriefen die Themenfelder des nachhaltigen Bauens: die ökologische und ökonomische sowie die soziokulturelle und funktionale Qualität. Darüber hinaus sind die technische Qualität und die Prozessqualität als Querschnittsqualitäten definiert, die sich auf alle Dimensionen der Nachhaltigkeit auswirken.


Einfluss der Fassade. Die Gebäudehülle mit ihren vielfältigen Funktionen kann zahlreiche Nachhaltigkeitskriterien beeinflussen. So lässt sich beispielsweise mit einer energieeffizienten Fassade bei gleichzeitiger Optimierung des Materialeinsatzes Einfluss auf die Ökobilanz des Gebäudes nehmen. Bei der Berechnung der Lebenszykluskosten werden neben den reinen Herstellungskosten auch die Instandhaltungs- und Reinigungskosten, die Kosten für Rückbau und Entsorgung sowie die Nutzungskosten des Gebäudes betrachtet. Eine optimierte Planung der Gebäudehülle führt dazu, diese Kosten positiv zu beeinflussen. Der thermische Komfort an Arbeitsplätzen bildet die Grundlage für effizientes und leistungsförderndes Arbeiten. Darüber hinaus beeinflusst die Art, wie der thermische Komfort bereitgestellt wird, den Energieverbrauch von Gebäuden erheblich. Auch hier kann die Planung der Gebäudehülle positiv auf die Bewertung dieses Kriteriums einwirken.
Ziel des Steckbriefes „Wärme- und feuchteschutztechnische Qualität der Gebäudehülle“ ist die Minimierung des Wärmebedarfes für die Raumkonditionierung eines Gebäudes bei gleichzeitiger Sicherstellung einer hohen thermischen Behaglichkeit und der Vermeidung von Bauschäden. Dies soll erreicht werden durch
* die Einhaltung von Grenzwerten für die mittleren Wärmedurchgangskoeffizienten der verschieden Außenbauteile,
* die Einhaltung eines Grenzwertes für den Wärmebrückenzuschlag,
* die Einteilung der Fugen von Fenstern und Türen in Klassen der Luftdurchlässigkeit,
* den Nachweis zur Tauwasserbildung nach DIN 4108-3 [1], * die Ermittlung der Luftwechselrate n50 und
* die Ermittlung des Sonneneintragskennwertes nach DIN 4108-2 [2].
 


EnEV 2009. Der Energiebedarf wird durch verschiedene bauliche und betriebliche Faktoren wie z.B. Wärmedämmstandard, Art der Lüftung, Verluste bei der Wärmeerzeugung, Beleuchtungskonzept und Kühlsystem beeinflusst. Die EnEV 2009 [3] versucht, sämtliche Einflussgrößen auf den Energiebedarf eines Gebäudes in der Betriebsphase zu berücksichtigen. Zu erkennen ist das schon an der Komplexität des Berechnungsverfahrens.
Bei der Bestimmung des jährlichen Primärenergiebedarfes für Nichtwohngebäude ist es erforderlich, die Randbedingungen (z.B. Innentemperatur, interne Wärmequellen, Luftwechselzahlen) entsprechend dem gewählten Nutzungsprofil für die Berechnungen anzupassen. Zur Bestimmung der zulässigen Höchstwerte wurde folgender Ansatz gewählt (§4 der EnEV 2009): „Zu errichtende Nichtwohngebäude sind so auszuführen, dass der Jahres-Primärenergiebedarf für Heizung, Warmwasserbereitung, Lüftung, Kühlung und eingebaute Beleuchtung den Wert des Jahres-Primärenergiebedarfs eines Referenzgebäudes gleicher Geometrie, Nettogrundfläche, Ausrichtung und Nutzung einschließlich der Anordnung der Nutzungseinheiten mit der in Anlage 2 Tabelle 1 angegebenen technischen Ausführung nicht überschreitet.“
Das sogenannte Referenzgebäudeverfahren verlangt eine zweite Berechnung des zu errichtenden Gebäudes, bei der für alle Elemente der Gebäudehülle (z.B. Transmissionswärmetransfer, Verglasung, Sonnenschutz) sowie der Anlagentechnik (z.B. Heizung, RLT, Beleuchtung) Referenzausführungen bzw. Sollwerte in Anlage 2, Tabelle 1, der EnEV 2009 vorgegeben werden.
Weiterhin fordert die EnEV 2009: „Zu errichtende Nichtwohngebäude sind so auszuführen, dass die Höchstwerte der mittleren Wärmedurchgangskoeffizienten der wärmeübertragenden Umfassungsfläche nach Anlage 2 Tabelle 2 nicht überschritten werden.“ (Zu Höchst- und Referenzwerten für die Planung und Ausführung der Gebäudehüllen von Nichtwohngebäuden nach EnEV 2009 s.a. Kasten I).
Bei der Bestimmung der Wärmedurchgangskoeffizienten im Bereich der flächigen Bauteile nach Abb. 1 sind die regelmäßig vorkommenden punkt- und linienförmigen Wärmebrückeneinflüsse, wie sie z.B. infolge von metallenen Befestigungselementen auftreten, zu berücksichtigen. Bei der Bestimmung des Transmissionswärmetransfers der Gebäudehülle ist zusätzlich der Wärmebrückeneinfluss im Bereich der linienförmigen Bauteilanschlüsse (Traufe, Ortgang, Außenecke etc.) einzubeziehen.


 
Stahlleichtbauweise. Die EnEV 2009 fordert für die Ausführung zu errichtender Gebäude, „dass die wärmeübertragende Umfassungsfläche einschließlich der Fugen dauerhaft luftundurchlässig entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik abgedichtet ist“ und „dass der Einfluss konstruktiver Wärmebrücken auf den Jahres-Heizwärmebedarf nach den anerkannten Regeln der Technik und den im jeweiligen Einzelfall wirtschaftlich vertretbaren Maßnahmen so gering wie möglich gehalten wird“.
In zunehmendem Maße werden in Europa Dach- und Außenwandkonstruktionen in Stahlleichtbauweise geplant und ausgeführt. Damit sind Konstruktionen mit guter Luftdichtheit und hohem Wärmeschutzstandard möglich. Beim Zusammenfügen der Einzelelemente entstehen jedoch Fugen und Bauteilanschlüsse, die die Anforderungen an den Wärmeschutz und die Luftdichtheit ebenfalls erfüllen müssen. Der Wärmeschutz und die Luftdichtheit bestimmen die energetische Qualität der Gebäudehülle als ein wichtiges Merkmal des nachhaltigen Bauens.
Einen wesentlichen Beitrag zum energieeffizienten Bauen liefert die Minimierung des Transmissionswärmetransfers, etwa durch eine Erhöhung des Wärmedämmstandards. Analysiert man Gebäude mit Hüllen in Stahlleichtbauweise, so stellt man fest, dass eine Erhöhung der Wärmedämmstärke alleine noch nicht zielführend ist, weil bei dieser Bauweise erhebliche Einflüsse durch Wärmebrückeneffekte bestehen können. Neben einer ausreichenden Dämmstärke sind also die Anschlussdetails sowohl zwischen unterschiedlichen Bauteilen als auch innerhalb des Elementbereiches zu berücksichtigen und zu optimieren.
Neben ihrer Bedeutung für die Energieeinsparung ist die sorgfältige Detailausbildung auch erforderlich, um den Feuchteschutz (Vermeidung von Tauwasser und Schimmelpilz) zu realisieren und so Schäden zu vermeiden. Ein wichtiges Hilfsmittel hierzu stellt der vom Industrieverband für Bausysteme im Metallleichtbau (IFBS) herausgegebene Wärmebrückenatlas der Metall-Sandwichbauweise [4] dar. Bei zweischaligen Konstruktionen des Stahlleichtbaues (s. Abb. 1 und 2) sind im flächigen Regelbereich wärmetechnische Schwachstellen vorhanden, deren Wärmebrückeneinfluss bei der Bestimmung des Bemessungswertes des Wärmedurchgangskoeffizienten U berücksichtigt werden muss.
Mit dem vereinfachten Verfahren der Fachinformation 4.05 des IFBS [5] ist es möglich, den Bemessungswert des Wärmedurchgangskoeffizienten U für zweischalige Konstruktionen des Stahlleichtbaues zu bestimmen. Die Ergebnisse von weitergehenden numerischen Untersuchungen zeigen, dass linienförmige Bauteile aus Metall, die die wärmedämmende Schicht vollständig durchdringen, bei der Planung und Ausführung von Konstruktionen des Metallleichtbaues vermieden werden sollten. Abb. 3 zeigt technische Lösungen [6,7] zur Wärmebrückenreduktion bei Kassettenwandkonstruktionen.
Bezüglich der Luftdichtheit fordert die EnEV 2009, dass „die wärmeübertragende Umfassungsfläche einschließlich der Fugen dauerhaft luftundurchlässig entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik abgedichtet ist“. Wird der Nachweis der Dichtheit des gesamten Gebäudes nach DIN EN 13829 [8] durchgeführt, so fordert die EnEV 2009, dass der Volumenstrom bei 50 Pa - bezogen auf das beheizte Gebäudevolumen - für Gebäude ohne raumlufttechnische Anlagen 3,0 h-1 und für Gebäude mit raumlufttechnischen Anlagen 1,5 h-1 nicht überschreitet. Einzelanforderungen an Fugen stellt die Energieeinsparverordnung explizit nur an Fenster, Fenstertüren und Dachflächenfenster. Zur Beurteilung der Gebäudehülle kann zusätzlich der hüllflächenbezogene Leckagestrom herangezogen werden, der nach DIN 4108-7 [9] den Wert von 3,0 m³/(h∙m²) nicht überschreiten darf. Gemäß DIN 4108-2 [2] und DIN 18542 [10] darf der Fugendurchlasskoeffizient a nicht größer als 0,1 m³/(h∙m∙(daPa)n) sein (s. Kasten II).
Die IFBS-Schrift „Fugendichtheit im Stahlleichtbau“ [11] gibt Empfehlungen, wie Gebäudehüllen im Stahlleichtbau abgedichtet werden können. Als gebräuchlichste Technik hat sich im Bereich des Stahlleichtbaues das Abdichten mit Fugenbändern und Profilfüllern bewährt. Die Schrift enthält eine Vielzahl von Konstruktionsvorschlägen für die Ausbildung von Fugen und Bauteilanschlüssen. Eine luftdichte Gebäudehülle bedarf einer sorgfältigen Planung der Anschlusskonstruktionen. Vor Ort sollten gut ausgebildete Facharbeiter unter Aufsicht einer erfahrenen Bauleitung die möglichen Leckagestellen abdichten und somit die Luftdichtheitsebene schließen.


 
Integrierte Systeme. Ein wesentliches Ziel nachhaltigen Bauens ist die deutliche Steigerung der Nutzung erneuerbarer Energiequellen, z.B. durch die Integration von Systemen zur Energieerzeugung in die Gebäudehülle. Von Bedeutung sind dabei die in Kasten III beschriebenen Prinzipien für die gebäudehüllenintegrierte Energieerzeugung. Alle genannten Prinzipien können in Verbindung mit dem Stahlleichtbau eingesetzt werden und liefern integrale und damit vergleichsweise kostengünstige Lösungen. Das Auflaminieren von flexiblen Solarmodulen und künftig möglicherweise auch das Beschichten von Blechen sind gute Möglichkeiten, die spezifischen Merkmale des Stahlleichtbaues zu nutzen: Das äußere Blech wird zum Trägermaterial, die zusätzlichen Lasten sind gering, die großflächigen Elemente reduzieren den Verdrahtungsaufwand vor Ort.

 Praxis-Seminare
 
Unser Veranstaltungstipp
 
Das Stahl-Informations-Zentrum (SIZ), Düsseldorf, veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem Industrieverband für Bausysteme im Metallleichtbau e.V. (IFBS), Düsseldorf, Praxis-Seminare zum Thema „Leichtbausysteme aus Stahl für Dach und Fassade – energie- und kosteneffiziente Lösungen für Neu- und Bestandsbau“. Vorgestellt werden nachhaltige, zukunftsweisende Konstruktionslösungen für den Industrie- und Gewerbebau.
Nähere Informationen zu Terminen, Seminar-Inhalten sowie die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie unter www.stahl-info.de

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