Normen

Metall-Glas-Konstruktionen

Von Absturzsicherung bis zulässige Glasprodukte

In Ausschreibungen von Metall-Glas-Konstruktionen bleiben oftmals glasspezifische Details, wie der bauphysikalisch- oder statisch erforderliche Glasaufbau, ungeklärt. Der Fachbeitrag beantwortet wesentliche Fragen, die sich bei der Klärung solcher glasspezifischer Details ergeben können.

Absturzsicherung

Frage: In Tabelle B.1 der DIN 18008-4 sind viele absturzsichernde Verglasungen aufgeführt. Sind diese ohne weiteren Nachweis verwendbar?

Antwort: Nein. Nach Abschnitt 6.1 der Norm ist für das Glas und die Haltekonstruktion zusätzlich noch der Tragfähigkeitsnachweis für statische Einwirkungen zu erbringen. Denn die Tabelle zeigt keine absturzsichernden Verglasungen, sondern stoßsichere Gläser. Und für diese ist durch Tabelle B.1 nur der Stoßsicherheitsnachweis nach Abschnitt 6.2 erbracht. Darüber hinaus sind auch die Anwendungsbedingungen a) bis g) der Tabelle B.1 einzuhalten (zum Unterschied Glas—Verglasung siehe Tabelle 2 sowie die Antwort zu „Verglasung“ und „Bauart“).

Bauart

Frage: Auf dem Titelblatt des abP eines Glasherstellers steht „linienförmig gelagerte Verglasung … Absturzsicherung … Bauart …“. (vgl. Bild 0) Wieso ist das eine Bauart?

Antwort: Eine Verglasung ist ein Einfachglas oder MIG inklusive aller Befestigungs- und Abdichtungskomponenten, bei linienförmiger Lagerung in Form von Fenster-/Fassadenprofilen. Gemäß § 2 Abs. 11 MBO handelt es sich um eine Bauart, da diese als „… das Zusammenfügen von Bauprodukten zu … Teilen von baulichen Anlagen“ definiert ist. Daher steht im abP-Titel „Bauart“. Und im abP werden nicht nur Anforderungen an das Glas, sondern auch an die Fenster-/Fassadenprofile gestellt. (siehe auch Tabelle 2 sowie die Antwort zu „Verglasung“)

Daten

Frage: Laut LV ist ein MIG mit folgenden technischen Daten anzubieten: „Ug ≤ 0,7 W/(m²·K), τv ≥ 0,80, g ≥ 0,60“. Woher bekommt man diese technischen Daten?

Antwort: Vom Glasanbieter bzw. -hersteller. Nahezu alle Glasanbieter/-hersteller stellen kostenfrei nutzbare Berechnungsprogramme zur Verfügung, mit denen sich die technischen Daten von MIG nach DIN EN 410 und DIN EN 673 ermitteln lassen (z.B. GlasPlan von Flachglas MarkenKreis). Und viele Konstruktionsprogramme verfügen über Schnittstellen zu solchen Berechnungsprogrammen.

Elektrosmog

Frage: Laut LV ist ein MIG mit „Ug ≤ 1,2 W/(m²·K), HF-Dämpfung Mobilfunk ≤ 10 dB“ anzubieten. Was bedeutet das und welches MIG leistet das?

Antwort: „HF-Dämpfung Mobilfunk“ ist keine nach DIN EN 1279 genormte Isolierglas-Eigenschaft. Sie beschreibt in der Einheit Dezibel (dB) die Schwächung der Mobilfunkstrahlung beim Durchgang durch das MIG. Dabei beruht die Schwächung auf Reflexion der elektromagnetischen Strahlung an der metallischen Wärmedämmbeschichtung des MIG. Gewöhnliches 2IG schwächt Mobilfunkstrahlung bereits um ca. 25 bis 30 dB, gewöhnliches 3IG sogar um ca. 35 bis 40 dB. D.h. mit Standard-MIG lässt sich die Anforderung nicht erfüllen. Es gibt aber MIG mit spezieller, durch Lasern bereichsweise entfernter Beschichtung (z.B. Flachglas-connect von Flachglas Wernberg). Mit solchen MIG lassen sich die geforderten Werte erreichen.

Forderungen zur Verkehrssicherheit

Frage: Stimmt es, dass nach neuer DIN 18008 Verglasungen, für die auf Grund gesetzlicher Forderungen zur Verkehrssicherheit Schutzmaßnahmen erforderlich werden, nur noch in VSG ausgeführt werden dürfen?

Antwort: Nein. Alle Gläser außer Drahtglas, die bei einer Pendelschlagprüfung nach DIN EN 12600 mindestens die Klasse 3(B)3 oder 3(C)3 erreichen und daher ein sicheres Bruchverhalten besitzen, dürfen verwendet werden. D.h. neben VSG kann auch ESG, Verbundglas oder mit Sicherheitsfolie beklebtes Float- oder Ornamentglas verwendet werden, sofern mit der gewählten Lösung die o.g. Mindest-Pendelschlagklasse erreicht wird. Alternativ wäre auch eine Beschränkung der Zugänglichkeit zur Verglasung mittels Abschrankung möglich.

Glasdickenvordimensionierung

Frage: Im LV steht zu einem MIG der Breite 1237 mm x Höhe 2287 mm: „... Glasdicke nach statischen Erfordernissen“. Welche Glasdicke ist statisch erforderlich?

Antwort: Die „statisch erforderliche Glasdicke“ ist das Ergebnis einer Glasdickenvordimensionierung. Das ist eine vollständige glasstatische Berechnung nach DIN 18008, die auf vereinfachten Lastannahmen beruht. Sie darf daher nicht mit dem bautechnischen Nachweis nach § 66 MBO verwechselt werden. Es gibt entsprechende Glasstatik-Software, mit der Glasdicken vordimensioniert und ggf. auch nachgewiesen werden können. Ein LV mit Texten wie „Glasdicke nach statischen Erfordernissen“ o.Ä. zeigt lediglich, dass der Entwurf unvollständig ist und nicht den Anforderungen von § 54 MBO entspricht.

Hallenbadverglasung

Frage: Im LV wird gefordert: „MIG … Hallenbad-tauglich“. Kann diese Forderung durch MIG mit erhöhter Kleberüberdeckung im Randverbund erfüllt werden?

Antwort: Nein. „Hallenbad-Tauglichkeit“ ist keine MIG-Eigenschaft, sondern eine Eigenschaft des Verglasungssystems. Vgl. die Grundanforderungen an „Verglasungen mit erhöhten Anforderungen“ gemäß Technischer Richtlinie Nr. 17 des Glaserhandwerks:

innen dauerhaft dampfdicht (Glasleisten ggf. dampfdicht versiegeln),

außen dauerhaft funktionierender Dampfdruckausgleich sowie

dauerhaft funktionierende Falzraumentwässerung.

Wird eine dieser drei Grundanforderungen nicht erfüllt, wird hier unabhängig von der Kleberüberdeckung kein MIG dauerhaft funktionieren.

Isolierglaseffekt

Frage: Im LV wird gefordert: „Dreischeiben-Isolierglas, Mittelscheibe vollflächig emailliert, Farbe RAL 9023“. Gibt es dabei etwas zu beachten?

Antwort:  Ja. Die Temperaturerhöhung und der Isolierglaseffekt, der die Auswirkungen des Ausdehnens bzw. Zusammenziehens der SZR-Füllgase auf die Glasscheiben und den RV beschreibt, sind hier besonders stark (vgl. Bild 3 online). Denn eine vollflächig emaillierte Mittelscheibe absorbiert nahezu vollständig die Sonneneinstrahlung und kann sich sowie die SZR-Füllgase und die RV-Dicht- und -Klebstoffe auf bis zu 100°C aufheizen. Dadurch werden nicht nur die RV-Prüftemperaturen überschritten, sondern es entstehen auch hohe Überdrücke in beiden SZR, große Scheibenverformungen und starke RV-Zugkräfte, was die Dauerhaftigkeit des Randverbunds deutlich einschränken wird.

Justieren

Frage:  Im LV wird gefordert „VSG nach EN 14449, Beschusshemmung BR 4 NS nach EN 1063, gesäumt, Standkante justiert“. Was bedeutet „mit Standkante justiert“ konkret für die Ausführung?
Antwort: “justieren“ bedeutet nach DIN 1249-11 „auf Maß schleifen“ (Kurzzeichen KMG). Dabei wird das Glas durch Schleifen der Kantenoberfläche auf das erforderliche Maß gebracht.

Blanke Stellen und Ausmuschelungen sind dabei zulässig (vgl. Bild 4 online). Diese Kantenbearbeitung wird insbesondere für die Standkante schwerer Gläser (z.B. Panzergläser) empfohlen, damit die Last gleichmäßig von allen Scheiben des Verbunds getragen wird. Nach VSG-Norm DIN EN ISO 12543-5 entspricht dies einer „(grob) geschliffenen und gesäumten“ Standkante.

Klemmen von VSG

Frage: Kann man Klemmhalter für absturzsichernde ESG-Geländerausfachungen auch für VSG-Geländerausfachungen verwenden?

Antwort: Nein. VSG kann im Gegensatz zu ESG keine Klemmkräfte aufnehmen. Denn das Material PVB, aus dem die VSG-Sicherheitsfolie besteht, ist kein elastischer Feststoff, sondern eine sehr zähe, plastisch verformbare Flüssigkeit. Die ursprünglich aufgebrachte Klemmkraft würde im Laufe der Zeit abnehmen, womit sich die VSG-Geländerausfachung lockern und schließlich herabrutschen könnte. Für VSG gibt es daher spezielle VSG-Klemmhalter.

Lichtdurchlassgrad

Frage: Bei einem VSG mit LED-Kantenbeleuchtung wird bei aktivierter Beleuchtung ein nebelartiger Schleier im Glas sichtbar (vgl. Bild 1). Ohne Kantenbeleuchtung ist er nicht zu sehen. Ist das VSG mangelhaft?

Antwort: Nein. Außer: Bei der Bestellung wurde vereinbart, dass das VSG auch bei Kantenbeleuchtung vollkommen transparent sein muss. Bestimmungsgemäß erfolgt bei Bauglas der Lichteinfall senkrecht zur Glasoberfläche. Entsprechend sind nach DIN EN 410 die optischen Eigenschaften, wie der Lichtdurchlassgrad, nur für die Durchsicht definiert. Fällt das Licht nicht senkrecht ein, können Merkmale sichtbar werden. Im vorliegenden Fall wird das Licht von der Kante parallel zur Glasoberfläche eingeleitet. Dabei streuen kleinste Unregelmäßigkeiten an den Grenzflächen Glas—Sicherheitsfolie das Licht und werden sichtbar. Solche nicht-bestimmungsgemäßen Anwendungen von Bauglas sollten stets vor der Bestellung erwähnt und ggf.erforderliche Beschaffenheiten gesondert vereinbart werden.

Markierung

Frage: Sind die in Bild 2 gezeigten, deutlich gegeneinander versetzten ESG-/TVG-Kennzeichnungen/-Markierungen eines 3IG aus fünf vorgespannten Gläsern überhaupt zulässig?

Antwort: Ja, außer: eine bestimmte Position der Kennzeichnungen wurde vereinbart und vom Glashersteller/-händler per Auftragsbestätigung bestätigt. Daher ist zu empfehlen, dass die genaue Position solcher Kennzeichnungen inklusive Lagetoleranz im LV definiert wird beziehungsweise vor der Glasbestellung vereinbart wird.

Nachweis

Frage: Welche Nachweise für Verglasungen müssen von wem erbracht werden?

Antwort: Nach § 55 MBO hat der Unternehmer „... die ... erforderlichen Nachweise und Unterlagen zu den verwendeten Bauprodukten und den angewandten Bauarten zu erbringen und auf der Baustelle bereitzuhalten.“ Gemeint sind hier: Leistungserklärungen des Glases (vom Glashersteller), ggf. besondere Verwendbarkeitsnachweise abZ oder abP (vom Systemanbieter oder Glashersteller) sowie die bautechnischen Nachweise für die Bauart „Verglasung“. Letztere sind nach DIN 18008 oder, falls eine aBG oder vBG vorliegt, nach den darin genannten Vorgaben zu erbringen.

In der Regel muss der Unternehmer für diese Nachweise einen geeigneten Fachplaner, d.h. Tragwerksplaner oder Glasstatiker hinzuziehen (vgl. auch Tabelle 2).

Optisch-energetische Glaskennwerte

Frage:  Im LV wird ein MIG mit „Durchlassfaktor b = 0,39“ gefordert? Was ist der „Durchlassfaktor“ und welches MIG ist anzubieten?

Antwort: Der „Durchlassfaktor b“ ist keine nach DIN EN 1279 genormte Isolierglaseigenschaft. Er wurde in der alten VDI-Richtlinie 2078 (1996) definiert als das Verhältnis des Gesamtenergiedurchlassgrads (g-Wert) einer Verglasung zu demjenigen eines unbeschichteten Referenz-2IG mit g = 0,80. Der g-Wert des anzubietenden MIG ließe sich zwar rechnerisch ermitteln. Da die veraltete VDI-Richtlinie aber nicht als aRdT gilt, würde man Gefahr laufen, ein mangelhaftes Werk zu erstellen. Rechtsanwälte empfehlen in solchen Fällen, einen Bedenkenhinweis nach § 4 Nr. 3 VOB/B wegen fehlerhaftem LV zu geben.

Panikbeschlag

Frage: Im LV wird ein MIG für eine Tür der Einbruchhemmungsklasse RC 3 nach EN 1627 mit Panikbeschlag gefordert. Welches Glas ist anzubieten?

Antwort: Bei Türen mit Panikbeschlägen reicht die übliche, RC-3-genügende Glas-Widerstandsklasse nach EN 356 (z.B. P5A) meist nicht aus. Denn in Beschlagsnähe muss das Glas punktuelles Durchdringen verhindern, damit am Beschlag nicht durch eine kleine Öffnung hindurch manipuliert werden kann. Die erforderliche Glas-Widerstandsklasse ist der Systembeschreibung des Bauteilherstellers zu entnehmen. Es gibt spezielle RC-geprüfte Sicherheitsgläser, in denen Polycarbonat-Schichten das punktuelle Durchdringen verhindern (z.B. SILATEC RC panic).

Querriegel kontaktiert Glaskante

Frage: Bei schweren Gläsern biegt sich der Querriegel einer P-R-Fassade so stark durch, dass er teilweise die obere Glaskante des darunterliegenden Glases kontaktiert. Ist das zulässig?

Antwort: Nein. Nach DIN 18008-1 ist Glas stets so zu lagern, dass unplanmäßige lokale Spannungsspitzen vermieden und Herstelltoleranzen von Glas und Unterkonstruktion ausgeglichen werden. Der Querriegel darf die darunterliegende Glaskante nicht kontaktieren, die sogenannte Falzluft muss erhalten bleiben. Die Durchbiegung des Querriegels ist zu vermindern, z.B. durch Erhöhen seiner Biegesteifigkeit oder durch Verwendung spezieller Schwerlast-Kreuzträger.

RC-Klasse

Frage: Im LV wird gefordert: „MIG … Einbruchhemmung EN 1627 RC 3“. Welches Glas ist anzubieten?

Antwort: Die Einbruchhemmungsklasse RC 3 nach EN 1627 ist keine Glaseigenschaft, sondern eine Bauteileigenschaft. Die erforderliche Widerstandsklasse des Glases nach EN 356 (z.B. P5A) ist der Systembeschreibung des Bauteilherstellers zu entnehmen.

Schalldämm-Maß

Frage: Im LV wird eine P-R-Fassade gefordert mit Schalldämm-Maß Rw = 45 dB. Welches Schalldämm-Maß muss das MIG aufweisen?

Antwort: Je nach Schalldämmeigenschaften des P-R-Produkts muss das MIG ein um ca. 2 bis 6 dB höheres Schalldämm-Maß aufweisen als die Fassade. Hier also 47 bis 51 dB. Das tatsächlich erforderliche MIG-Schalldämm-Maß ist der Systembeschreibung des Fassadenherstellers zu entnehmen. Tabelle 1 zeigt repräsentative Schalldämmwerte von 2IG und 3IG. Zu beachten ist, dass die Werte identischer Glasaufbauten messtechnisch bedingt um ±1 dB streuen können.

TRAV

Frage: Laut LV ist anzubieten „MIG … absturzsichernd, TRAV Kategorie A“. Gilt die TRAV überhaupt noch?

Antwort: Nein. Die Technischen Regeln TRLV, TRPV, TRAV und DIN 18516-4 wurden 2014/2015 durch die Normenreihe DIN 18008 ersetzt. Sie gelten seitdem nicht mehr als aRdT. Würde man ein Glas „nach TRAV“ anbieten, liefe man Gefahr, ein mangelhaftes Werk zu erstellen. Rechtsanwälte empfehlen in solchen Fällen, einen Bedenkenhinweis nach § 4 Nr. 3 VOB/B wegen fehlerhaftem LV zu geben.

Ü-Zeichen

Frage: Im LV wird für Einbauhöhen mehr als 4 m über Verkehrsflächen „heißgelagertes Einscheibensicherheitsglas ESG-H nach Bauregelliste mit Ü-Zeichen“ verlangt. Kann ich stattdessen „heißgelagertes ESG nach EN 14179“ anbieten?

Antwort: Nein. Zwar wurde die Bauregelliste inkl. Ü-Zeichen für CE-gekennzeichnete Bauprodukte abgeschafft und durch die (M-)VVTB ersetzt. Und ab (M-)VVTB 2019/1 wurde in Anlage A 1.2.7/2 Nr. 2 das ESG-H auch definiert als „heißgelagertes ESG nach EN 14179“. Aber für die geforderten Einbauhöhen enthält diese Anlage noch die Zusatzanforderung, dass die Verglasungskonstruktion so sicher sein muss, dass der Zuverlässigkeitsindex ß ≥ 4,7 nach DIN EN 1990:2010-12 erreicht wird (Bezugszeitraum 1 Jahr). Dieser Zuverlässigkeitsindex kann z.B. durch fremdüberwachte Herstellung des heißgelagerten ESG erreicht werden. D. h. hier ist „heißgelagertes ESG nach EN 14179 mit Fremdüberwachung“ anzubieten, das auch unter dem Kürzel ESG-HF bekannt ist (vgl. BF-Merkblatt 010 „ESG-HF – Ein fremdüberwachtes Bauprodukt“, April 2021).

Verglasung

Frage: Was ist der Unterschied zwischen einem Glas und einer Verglasung?

Antwort: In Anlehnung an die Technische Richtlinie Nr. 3 des Glaserhandwerks ist eine Verglasung in der neuen DIN 18008-1 wie folgt definiert: Verglasung bezeichnet ein Einfachglas oder Mehrscheiben-Isolierglas zusammen mit allen für die Befestigung und Abdichtung erforderlichen Komponenten.

Eine Verglasung ist also mehr als nur ein Einfachglas oder MIG. Weitere Unterschiede, auch in ordnungs- und privatrechtlicher Hinsicht, zeigt Tabelle 2.

Wareneingangskontrolle

Frage: Bei einer Lieferung von 8 mm dicken ESG-Scheiben wurde  mit der Wareneingangskontrolle festgestellt, dass Kantenbeschädigungen von 1,5 bis 2 mm Tiefe vorhanden sind. Dürfen die Scheiben eingebaut werden?

Antwort: Nein. Nach DIN 18008-1 dürfen thermisch vorgespannte Scheiben „… mit Kantenverletzungen, die tiefer als 15 % der Scheibendicke in das Glasvolumen eingreifen … nicht eingebaut werden.“ Hier liegen aber bereits Kantenverletzungen von ca. 19 bis 25 % der Scheibendicke vor.

X-Ray-Minimum-Lead-Equivalence

Frage: Im LV wird ein Glas mit der Eigenschaft „X-Ray-Minimum-Lead-Equivalence > 3,5 mm, 80 kV“ gefordert. Welches Glas ist anzubieten?

Antwort: Der englische Begriff X-Ray-Minimum-Lead-Equivalence bezeichnet den sog. Mindest-Bleigleichwert. Er ist ein Maß für die Abschirmwirkung eines Glases gegenüber Röntgenstrahlung und gibt die Schichtdicke von Blei an, die die gleiche Abschirmwirkung gegenüber einer Röntgenquelle von 80 kV hat, wie das Glas. Gesucht ist also ein Röntgenschutzglas. Dieses besteht aus einem speziellen Bleiglas. Aus Herstellertabellen kann die erforderliche Glasdicke abgelesen werden, die hier ca. 12 mm beträgt. Zu beachten ist, dass Röntgenschutzglas doppelt so schwer ist wie Standard-Floatglas.

Young-Modul

Frage: Im LV wird ein Glas gefordert mit der Eigenschaft „… Young-Modul 10.2 Mpsi“. Was ist damit gemeint?

Antwort: Young-Modul ist die angloamerikanische Bezeichnung für den Elastizitätsmodul (E-Modul). 10.2 Mpsi entspricht ca. 70.000 N/mm². Das ist der Normwert für Floatglas nach EN 572. Gefordert ist also kein spezielles Glas, sondern Standard-Floatglas.

Zulässige Glasprodukte

Frage: Sind absturzsichernde Geländerausfachungen aus satiniertem heißgelagertem ESG zulässig?

Antwort: Ja. Seit Neudefinition des ESG-H in (M-)VVTB 2019/1 Anlage A 1.2.7/2 Nr. 2 als „heißgelagertes ESG nach EN 14179“ (je nach Einbauhöhe ggf. „mit Fremdüberwachung“) darf ESG-H auch aus satiniertem (säuremattiertem) Floatglas hergestellt werden. D.h. die Satinierung muss vor dem Vorspannen und Heißlagern erfolgt sein. Eine nachträgliche Oberflächenbearbeitung des ESG durch z.B. Satinieren oder Sandstrahlen ist nach wie vor unzulässig (vgl. auch die Antwort zu „Ü-Zeichen“).

Abkürzungsverzeichnis

A Antwort   

aBG allgemeine Bauartgenehmigung   

abP allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis 

abZ allgemeine bauaufsichtliche Zulassung   

aRdT anerkannte Regel der Technik  

BauPVO Bauproduktenverordnung Nr. 305/2011   

ESG Einscheiben-Sicherheitsglas  

F Frage  

HF Hochfrequenz   

LBO Landesbauordnung  

LV Leistungsverzeichnis 

MBO Muster-Bauordnung

MIG Mehrscheiben-Isolierglas

P-R Pfosten-Riegel

PVB Polyvinylbutyral

RV Randverbund

SZR Scheibenzwischenraum

vBG vorhabenbezogene Bauartgenehmigung

VSG Verbund-Sicherheitsglas

(M-)VVTB (Muster-)Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen

2IG Zweischeiben-Isolierglas

3IG Dreischeiben-Isolierglas

x

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