Trump & die Metallbaubranche

Stahl- und Aluminiumpreise in Deutschland

Mit Importzöllen wollte der US-Präsident die heimische Stahlindustrie stärken. Das hat nicht geklappt. Stattdessen hat Europa mit der Operation Safeguard geantwortet. Der internationale Handelskrieg kennt heute nur einen richtigen Gewinner: die Stahlindustrie.

Vor gut einem Jahr verkündete der amerikanische Präsident Donald Trump, Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium zu erheben. Sein Plan: Wenn der Stahl aus dem Ausland zu teuer wird, können die Erzeuger wieder im Inland produzieren. Protektionismus als Konjunkturmotor. Die US-amerikanische Stahl-industrie hat eine lange Tradition, aber auch eine schwierige Epoche hinter sich. Allein in den vergangenen 20 Jahren sind dort 300.000 Jobs weggefallen. In derselben Zeit hat sich die Stahlproduktion Chinas versiebenfacht – von 100.000 auf 700.000 Tonnen. Trumps einfache Gleichung: Weniger Stahl aus China bedeutet mehr Jobs für heimische Arbeiter.

Trumps Rechnung ist nicht aufgegangen

Mit etwas Abstand kann man sagen: Diese Rechnung ist nicht aufgegangen. Zumindest bisher noch nicht. Denn die Preise schlugen auch auf das Angebot in den USA durch. Dort stiegen die Stahlpreise zeitweise um 30 Prozent. Im Gegenzug schufen die heimischen Stahlkonzerne nur etwa 200 neue Jobs. Dem stehen massive Mehrkosten bei den großen Stahlverarbeitern gegenüber – auch in den USA. Die Autobauer Ford und General Motors etwa geben diese jeweils mit rund einer Milliarde Dollar an – und erwägen nun sogar, Fabriken zu schließen. Die Jobs könnten ausgerechnet nach China abwandern, den mittlerweile größten Automarkt der Welt. Die globale Autoproduktion liegt heute bei rund 100 Millionen Einheiten im Bereich Pkw und leichte Nutzfahrzeuge. Ein Viertel davon wird in China hergestellt.

Die einzigen Gewinner – wenn man mal 200 Stahlarbeiter außer Acht lässt – sind die Stahlproduzenten. Sie können wegen der höheren Importkosten auch die Preise auf lokal produzierten Stahl erhöhen – und so höhere Gewinne einfahren. Zum 8. März 2018 verhängte der US-Präsident einen pauschalen Strafzoll von 25 Prozent auf alle Stahlimporte. In eben diesem Jahr sind die Stahlimporte trotz der vorläufigen Schutzmaßnahmen um elf Prozent angestiegen. In Europa hat die EU ihrerseits mit Gegenzöllen reagiert hat. Im Juli 2018 – vier Monate nach Trumps Maßnahmen – traten vorläufige Schutzzölle in Kraft. Am 1. Februar 2019 schließlich wurden sie final beschlossen. „Es ist ein richtiger und wichtiger Schritt der Europäischen Union und ihrer Mitgliedsstaaten, die EU-Stahlindustrie durch endgültige Safeguard-Maßnahmen vor den massiven Handelsumlenkungen in Folge der protektionistischen Handelspolitik der USA zu schützen“, sagt Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl. „Es muss sichergestellt werden, dass traditionelle Lieferströme in die EU erhalten bleiben. Die Einführung länderspezifischer Quoten für die größten Stahlimportländer ist dafür ein wichtiger Schritt“, so Kerkhoff weiter.

Der Lobbyist findet es problematisch, dass eine jährliche Erhöhung der zollfreien Einfuhrkontingente um fünf Prozent vorgesehen sei: „Ob die Maßnahmen ihre Schutzaufgabe erfüllen, hängt nun von ihrer Anwendung durch die Europäische Kommission ab. Vor dem Hintergrund einer sich abkühlenden Konjunktur muss zeitnah geprüft werden, ob eine Erhöhung der Quoten verantwortbar ist, ohne ihre Wirksamkeit entscheidend zu verwässern.“

Der Stahlpreis in Deutschland ist stabil

Doch auf den Stahlpreis speziell in Deutschland hatte das ganze Thema bisher keinen großen Effekt. „Der Preis hat sich stabilisiert“, sagt Steffen Auer, geschäftsführender Gesellschafter des Großhändlers Schwarzwald Eisen aus Lahr bei Freiburg. „Im Moment ist es auf dem Markt kein Problem“, sagt der Unternehmer. Deutschland hängt eben nicht am Stahl aus den USA. Die EU hat zudem ihre eigenen Schutzmechanismen, damit der Stahlpreis nicht durch Billigimporte aus Fernost oder gar Südamerika verwässert wird. So ist das Thema Zoll auf Stahl und Aluminium zwar medial sehr präsent – in der Buchhaltung des Mittelstands aber nicht so sehr. Laut Statistischem Bundesamt ist der Stahlpreis im vergangenen Jahr um gerade mal 0,4 Prozent gestiegen. Das entspricht der Preiskurve der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung. Stahl wird langsam ein wenig teurer – wie alles andere auch. Mieten steigen, Lebensmittelpreise – aber auch die Gehälter. Eine solche moderate Erhöhung an die Kunden weiterzugeben, dürfte auch für den kleinen Handwerker kein Problem sein, schätzt Auer.

„Für Handwerker ist es wichtig, keine langfristigen Lieferbeziehungen einzugehen“, rät Großhändler Auer. Auch für ihn selbst gilt es, das Lager nicht zu voll zu beladen, falls sich doch irgendwann der Trend dreht – denn die Preise könnten ja auch rapide fallen. Durch die angespannte wirtschaftliche Lage in der Autoindustrie etwa ist die Nachfrage nach Blechen zuletzt kräftig ins Stocken geraten. Davon, so Auer, könnten andere Metallverarbeiter sogar profitieren.

Metallverarbeiter contra Produzenten

Der Industrieverband Blechumformung (IBU) vertritt die Interessen von 240 metallverarbeitenden Unternehmen. In dem internationalen Handelskrieg mit Strafzöllen von beiden Seiten sieht der Verband eine Bedrohung des Marktes. „Wir sehen keine Grundlage für WTO-konforme Schutzmaßnahmen“, sagt IBU-Geschäftsführer Bernhard Jacobs. Er glaubt nicht, dass der Trump-Zoll dazu geführt hätte, dass sich die Lieferketten in Europa verändern. „Es ist nun dringend notwendig, dass die Stahlverarbeiter sich auch in Deutschland abstimmen und deren Verbände koordiniert für offene Märkte eintreten. Die Politik muss überzeugt werden, dass die Interessen der Stahlverarbeiter nicht zu übergehen sind.“

Denn es gibt auch mittelständische Unternehmen, die in den Zöllen eine Bedrohung für die eigene Existenz sehen. Der schwäbische Metallverarbeiter Buck etwa hat eine eigene Niederlassung in den USA. Die Drähte, die für die Buck-Produkte zum Dämmen oder als Schnittschutz verarbeitet werden, sind so speziell, das kein US-Stahlproduzent sie anbietet. Und Kapazitäten für dieses spezielle Nischenprodukt aufzubauen, lohnt sich wohl nicht. Das Unternehmen aus Bondorf im Kreis Böblingen kann in seinem US-Geschäft also nur importieren. „Man bekommt diese Produkte dort nicht“, sagt Alfred Buck. Er ist seit 23 Jahren mit einer eigenen Niederlassung im US-Bundesstaat South Carolina vertreten und beschäftigt dort etwa 15 Mitarbeiter. Die Maschinen, die in der Fabrik stehen, werden sogar von Buck-Mitarbeitern in Deutschland gebaut.

Deutscher Handwerker in den USA alternativlos

Doch durch den Preisaufschlag von bis zu 25 Prozent sei sein Unternehmen in den USA nicht mehr konkurrenzfähig. „Die Strafzölle sind für unsere Niederlassung in den USA existenzbedrohend. Wenn wir keine Lösung finden, müssen wir bald unsere Maschinen verkaufen und unsere 15 Mitarbeiter dort entlassen“, sagt Buck. Doch so einfach sei das nicht. Weil Buck so speziell ist, lässt sich das Inventar nicht einfach absetzen. Buck hält durch und hofft nun, auf eine Ausnahme vom Importzoll. Denn weil er nicht anders kann, als auch für das US-Geschäft seine Vorprodukte aus Deutschland und zum Teil sogar aus Indien zu importieren, kann er vom Strafzoll befreit werden. „Wir haben eine Lösung gefunden“, sagt der Unternehmer – hat den Fall aber noch nicht ganz zu den Akten gelegt. Denn auch in der US-Bürokratie ist ein solcher Prozess langwierig. Allein die Genehmigung habe ein Dreivierteljahr gedauert, verrät Buck. Und das Geld sei noch nicht erstattet. Alfred Buck braucht also einen langen Atem. Noch sei nicht gesichert, ob die US-Niederlassung überleben werde. Auch wenn dem Unternehmer dabei das Herz blutet. Bislang habe er sie nur aufrechterhalten, weil der Aufwand, die US-Firma zu schließen, ihn abschreckt. „Wir hoffen, dass wir da mit einer Null rausgehen.“

Buck kennt auf dem US-amerikanischen Markt nur zwei Wettbewerber. Einer ist zwar ein US-amerikanischer Anbieter. Dieser produziert aber in Mexiko. Für die heimische Wirtschaft, die Trump so wichtig ist, tut das wenig Gutes. Buck hat auch geprüft, ob er seinen Draht von einem lokalen Unternehmen beziehen könnte. Doch die amerikanischen Stahlwerke seien nicht dafür gerüstet, den Draht in derselben Qualität und zu einem konkurrenzfähigen Preis herzustellen – trotz Zoll. Buck hat zwar einen Händler gefunden, der die feinen Drähte in den USA anbietet – allerdings als Importware.

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