WfW Umformtechnik

Mit Online-Shop in die Zukunft

Jana und David Ohlsen übernahmen 2013 das metallverarbeitende Unternehmen WfW Umformtechnik in Quedlinburg. Binnen von drei Jahren organisierten sie den Betrieb neu, tauschten fast die gesamte Belegschaft aus und gründeten einen Online-Shop.

Was hat das Ehepaar Ohlsen motiviert, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen, worin besteht der Reiz einer Unternehmensnachfolge und was spricht gegen eine Neugründung? Auf alle Fragen haben sie schnell eine Antwort. Beide wollten unbedingt selbstständige Unternehmer werden und bringen dafür beste fachliche Voraussetzungen mit. David Ohlsen ist gelernter Zerspaner, holte die Hochschulreife nach und studierte mit Ende 20 Maschinenbau in Magdeburg. Danach legte der Diplom-Ingenieur noch den Master für Lehramt an Berufsbildenden Schulen drauf. Jana Ohlsen studierte BWL, arbeitete jahrelang in verantwortlicher Position in einem Magdeburger Medizinlabor. Obwohl ihr der Job gefiel, gab es für die Diplom-Betriebswirtin keine persönliche Perspektive mehr. Und als sich Jana und David Ohlsen kennenlernten, war der Wunsch zur Selbstständigkeit bei beiden bereits formuliert.

Zwei Jahre bis zum Notar

Zielstrebig und mit Ausdauer gingen sie 2013 an den Start und übernahmen die WfW Umformtechnik mit dem schmucken Firmengebäude in Quedlinburg. Damals war ihr erstes Kind grade mal ein Jahr alt, heute hat das Paar drei Söhne im Alter von fünf, drei und knapp zwei Jahren. Familie und Beruf mussten sie von Beginn an unter einen Hut bekommen. An dieser Stelle erinnert sich Jana Ohlsen gern an den Satz ihres Professors: „Ein Betriebswirt und ein Maschinenbauer sind ein Dream-Team.“ Das muss wohl so sein, sonst hätten sie diese Mammutaufgabe nicht stemmen können. Jana Ohlsen gibt zu: „Natürlich ist es nicht leicht, in die Selbstständigkeit zu gehen und zeitgleich eine Familie zu gründen. Das ist ein 24-Stunden-Job.“

Die Entscheidung, eine Nachfolge anzutreten oder neu zu gründen, kommentiert David Ohlsen so: „Beides hat Vorzüge und Schwierigkeiten. Wir haben uns etwa zwölf Firmen sehr gründlich angeschaut, bis in die Bücher hinein. Die meisten waren Drehereien. Man muss ja herausfinden, ob die Unternehmer die Wahrheit sagen oder den Betrieb einfach nur gut verkaufen wollen. Bei den meisten war recht schnell klar, dass die bereits vom Markt weg waren. Und das bekommt die Bestandskundschaft ganz schnell mit und orientiert sich um. So einen Betrieb kriegt man nur sehr schwer wieder zum Laufen. Der Reiz einer Unternehmensnachfolge besteht ja gerade darin, dass man den Markteintritt nicht neu organisieren muss.“

Unternehmensberater Manfred Wobker aus Lutherstadt Wittenberg, der sich auf Unternehmensnachfolgen spezialisiert hat, unterstützte den Realisierungsprozess. „Man muss sich die Perspektive des Unternehmens genau ansehen, denn man ist mit Krediten von Anfang an dabei“, sagt Jana Ohlsen und erinnert sich: „Das Aufwändigste waren die Verhandlungen mit den Banken.“ Die Übernahme kostete fast eine halbe Million Euro, die größtenteils durch Kredite, teilweise durch Eigenkapital finanziert ist. Sie haben es geschafft, einen Großteil über die KfW zu stemmen und nur einen Rest über kleinere, teurere Darlehen. „Die Banken müssen ja auch was verdienen“, schmunzelt sie. Der gesamte Auswahl- und Verhandlungsprozess bis zum Gang zum Notar dauerte ungefähr zwei Jahre.

Einstellung zur Arbeit zählt am meisten

Einen Fehler haben sie allerdings gemacht, räumt Jana Ohlsen ein: „Wir hatten uns zuerst ein Haus gesucht und wollten dann natürlich unsere künftige Firma in der Nähe haben. Notfalls hätten wir das wieder verkaufen müssen. Aber ein alter Magnolienbaum hatte es mir angetan.“ Geklappt hat am Ende alles. Das Unternehmen WfW Umformtechnik bestand die strengen Prüfungen für die Übernahme. Die in den 1990er-Jahren gegründete Firma war wirtschaftlich gesund, produziert wurden verschiedene Blech- und Metallwaren. „Danach haben wir auch gesucht. Weil wir unseren gesamten Familienunterhalt mit dem Unternehmen sichern mussten, durfte nichts wackeln.“

Im Zuge der Unternehmensnachfolge wurden die 14 Mitarbeiter übernommen. Übriggeblieben ist nach drei Jahren von diesen leider nur eine Mitarbeiterin. Von den anderen musste man sich trennen oder sie kündigten. Denn es stellte sich recht schnell heraus, „dass wir nicht zusammenpassen,“ sagt Jana Ohlsen. „Bei einer Unternehmensnachfolge ist es das Schwerste, dass man alte Strukturen übernehmen muss. Wir mussten aber einige Dinge verändern, damit das Unternehmen zukunftsfähiger wird. Unsere Vorgänger wollten mit dem Betrieb bis zur Rente kommen und darüber hinaus davon gut leben können. Wir schauen etwas weiter in die Zukunft. Unseren Kindern wollen wir die Chance geben, den Betrieb einmal fortzuführen.“ Schwierig sei zum Beispiel bei der Belegschaft die generelle Einstellung zur Arbeit gewesen. Alles wurde etwas locker gesehen. Und wenn es knifflige Aufgaben zu lösen gab, kam schnell die Antwort „das geht nicht“. „Nur dies konnten die Arbeiter meinem Mann nicht weismachen, der kommt vom Fach. Notfalls hat er ihnen gezeigt, wie es geht“, sagt Jana Ohlsen.

Unterdessen ist die Mannschaft neu aufgestellt, eine gute Mischung aus Jungen und Erfahrenen. Von den derzeit 18 Mitarbeitern sind zwei Kollegen mit leichter körperlicher Behinderung beschäftigt, einer ist bereits Rentner und arbeitet als Mini-Jobber. Die Einstellung zur Arbeit ist für die Ohlsens dabei das Wichtigste. „Wir brauchen Mitarbeiter, die mit uns am gleichen Strang ziehen, die entsprechend motiviert sind“, meint David Ohlsen. Deshalb komme es schon mal vor, dass man sich zehn bis 15 Ausbildungsbewerber ansehe, bis einer eingestellt wird. „Die fachliche Kompetenz kann man lernen, aber wir brauchen Leute, die von selbst früh aufstehen, „Bitte“ und „Danke“ sagen können und die Grundrechenarten beherrschen.“

Ohlsen ist mit seiner zweiten Qualifikation als Berufsschullehrer für die betriebliche Ausbildung bestens geeignet, zudem gibt es eine Kooperation mit dem Bildungs- und Technologiezentrum in Thale. Da der Bereich Umform- und Stanztechnik besonders anspruchsvoll ist, ist die eigene Ausbildung Erfolg versprechend. „Damit passen die Fachkräfte genau zu uns und können übernommen werden.“ Aktuell gibt es fünf Auszubildende, zwei Maschinen- und Anlagenführer, einen Konstruktionsmechaniker, einen Industriekaufmann und eine Fachkraft für Büromanagement.

Portfolio wurde sinnvoll abgerundet

Das Produktportfolio ist breit gefächert und bedient viele Nischen, die rund ums Jahr unterschiedliche Konjunkturzeiten haben. Die Ohlsens haben zunächst mit dem Bestehenden weitergemacht und bauen es nun sukzessive aus. „Die Produkte waren in Ordnung“, sagt David Ohlsen. „Aber wenn man beispielsweise eine bestimmte Treppenstufe herstellen kann, kann man auch andere machen. Also haben wir das Angebot ausgefeilt und verfeinert.“ So gibt es für die Geländerfüllungen nun auch die passenden Halterungen und das Pflegespray. Hergestellt werden auch Flammenschutzfilter für Fettabscheider in der Gastronomie. Laut EU-Verordnung müssen die Edelstahlfilter jährlich gewechselt werden. Ein großer Markt, der stark durch individuelle Anwendungen geprägt ist. Daher soll ein Projekt mit der Uni Magdeburg gestartet werden, um die Filtertechnologie zu optimieren und die Konstruktion zu vereinfachen bzw. Schwachstellen der bestehenden marktüblichen Technologien zu beseitigen. Weitere Produktgruppen sind Spezialbefestigungen für Grabsteine, Rattenköderstationen aus verzinktem Stahlblech und Edelstahl, Zackenleisten als Einbruchschutz oder künftig auch Mülltonnenboxen.

„Was uns auszeichnet, ist die Fertigung individueller Produkte. Massenprodukte können andere billiger“, sagt Jana Ohlsen und erläutert dies am Beispiel der Geländerfüllungen. Felder mit Mustern müssen entsprechend angepasst werden, das kann man nicht vom laufenden Meter eines vorgelochten Bleches rausschneiden. „Wir machen uns die Mühe und passen die Muster individuell an. Mit solchen Lösungen sind unsere Kunden sehr zufrieden.“ Anfragen kommen nicht nur von privaten Bauherren, sondern auch von Wohnungsbaugesellschaften. Auf Wunsch werden die Produkte gebürstet bzw. bei Dienstleistern pulverbeschichtet oder eloxiert.

Individuelle Muster oder auch Logos sind sehr beliebt, mit steigender Tendenz. Viele Kunden wünschten sich zum Beispiel das Logo ihres Fußballvereins auf einer Magnettafel oder einem Grillrost. Da gibt es manchmal sogar urheberrechtliche Belange zu beachten. Dieser Bereich soll künftig weiter ausgebaut werden.

Herzstück des Vertriebs ist der eigene Online-Shop

Der bestehende Maschinenpark konnte übernommen werden, eine Abkantpresse war sogar neu, die beiden CNC-Stanz-Nibbel-Maschinen in einem sehr guten Zustand. Künftig soll eine von beiden ersetzt werden, vielleicht auch durch eine Stanz-Laser-Kombination. „Das würde unsere Fertigungsmöglichkeiten für individuelle Produkte deutlich erweitern, da man beim Stanzen gelegentlich an Grenzen kommt.“ Vorhanden sind außerdem zwei CNC-Abkantpressen, zwei Stanzautomaten mit 40 bzw. 100 Tonnen Stanzkraft, zwei Exzenterpressen und mehrere Punktschweißmaschinen. Dazu Bohr- und einige Handmaschinen, da sehr viel Handarbeit erforderlich ist.

Neue Wege ist das Unternehmerpaar beim Vertrieb gegangen. Die Homepage mit angeschlossenem Online-Shop dient als Hauptabsatzweg. Die zentrale Frage ist hier: Wie kommt man in den Suchmaschinen nach oben? Google belohnt das über Aktivitäten in den sozialen Netzwerken. Schlagwörter allein reichen nicht mehr aus. Doch ein hoher Bekanntheitsgrad bedeutet Pflege von Facebook und Co., und es gilt, möglichst viele Menschen zu erreichen. Allein konnte das nicht gestemmt werden, hier hilft Marketingberater Mirko Schneider aus Wolfenbüttel. Mit seinem Team entstehen die Texte, Fotos und Video-Clips, die auf Facebook hochgeladen werden und die Werbetrommel für die WfW-Produkte rühren. Das funktioniert und bringt die gewünschte Reichweite.

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