Stahl-Glas-Kuppel für Stuttgart 21
seele stellt Gitterschale für neuen Bahnhof fertigDie Fertigstellung der ersten Gitterschale „Staatsgalerie“ markiert einen bedeutenden Meilenstein für das Infrastrukturprojekt Stuttgart 21 und den Fassadenbauspezialisten seele. Mit der Fertigstellung dieser Stahl-Glas-Kuppel wird eine sichtbare Verbindung zwischen der neuen unterirdischen Gleishalle und dem städtischen Raum geschaffen.
Die Gitterschale, die mit einer Höhe von 8,5 Metern und einer Grundfläche von 32 mal 28 Metern beeindruckt, besteht aus einem komplexen Stahltragwerk mit knapp 110 Tonnen Stahl und 403 exakt gefrästen Knotenpunkten. 725 dreieckige Glasscheiben sorgen für Transparenz und schaffen eine helle, freundliche Atmosphäre Südeingang des neuen Bahnhofs.
Die Besonderheiten liegen in der filigranen Dreieckstragstruktur mit anspruchsvoller Profilgeometrie und komplexen 3D-gefrästen Knoten. Aufgrund der flachen Glasscheiben und der kuppelförmigen Geometrie wurde jedes Bauteil individuell angefertigt. „Diese Balance aus Ästhetik, Funktion und Struktur macht die Gitterschale zu einem einzigartigen Bauwerk, das höchste technische Kompetenz erfordert und gleichzeitig architektonische Leichtigkeit verkörpert“, zeigt sich Andreas Hafner, Geschäftsführer von seele begeistert.
Die Glaskonstruktion ruht auf filigranen, dreieckigen Strangpressprofilen aus Stahl. Ihre präzise gefertigte keilförmige Geometrie verleiht der Struktur eine Leichtigkeit. Betrachtet man sie von unten gegen den Himmel, scheinen die Profile nahezu zu verschwinden. Dank ihrer spitzen Silhouette verschmilzt die Konstruktion optisch mit dem Himmel – sie wirkt dadurch noch schlanker und transparenter. Die Ausführung der Knotenpunkte besticht ebenfalls durch eine präzise Detailgestaltung und setzt Maßstäbe in Bezug auf Ästhetik und Ingenieurskunst.
Statische Präzision
Eigengewicht, Wind, Schnee und außergewöhnliche Druckwellen durch ein- und ausfahrende Züge wirken ebenso auf die Konstruktion wie große Temperaturunterschiede. Bei einer Oberflächentemperatur zwischen -15 Grad im Winter und +65 Grad im Sommer ergibt sich bei einer Länge der Gitterschale von ca. 32 Metern eine Längenänderung von 31 Millimetern.
„Eine unserer größten Herausforderungen war es, die filigrane Erscheinung mit maximaler statischer Sicherheit zu verbinden“, erklärt Marie Kästner, Teamleiterin Design bei seele. Die Basis der Planung bildete ein digitales Rechenmodell, das alle Lastfälle berücksichtigt und präzise Nachweise für Bauteilbeanspruchungen und Verformungen liefert. Besonderes Augenmerk lag auf der Lagerung: 27 Kalottenlager ermöglichen Bewegungsfreiheit und leiten hohe Kräfte zuverlässig in das Betonschalendach ein. Durch die sphärische Kontaktfläche ermöglichen die Lager simultane Bewegungen in mehreren Freiheitsgraden. Die Kombination aus hochfestem Stahl, tragfähigem Glas und präzise ausgelegten Knotenpunkten macht die Konstruktion nicht nur stabil, sondern auch ästhetisch überzeugend.
Montagearbeiten
Der Bau der Gitterschale erfolgte unter einem riesigen Zelt. Das sorgte für die richtige Temperatur beim Schweißen und Beschichten und schützte das Montageteam vor Wind und Wetter. Stück für Stück entstand das Schalentragwerk: Nach einem anspruchsvollen Konstruktionsprozess erfolgte die Fertigung der Einzelsegmente der Gitterschale und der Verbundsicherheitsgläser. Die Montage startete im September 2024 mit dem Einheben der 36 Segmente und der exakten Ausrichtung mittels Montagestützen. Danach folgten die Schweißarbeiten, die Verglasung der Gitterschale und die Versiegelung. Bis auf die Türanlagen ist auch die Vertikalfassade mit 44 Einzelscheiben fertiggestellt. Diese werden später komplettiert, damit eine Materialanlieferung in den Tiefbahnhof weiterhin problemlos möglich ist.
Alle 27 Lichtaugen sichtbar
Die zweite Gitterschale am Kurt-Georg-Kiesinger-Platz ist ebenfalls fertiggestellt und die Schutzeinhausung wird derzeit zurückgebaut. Bei der Gitterschale am Bonatz-Turm starten die Montagearbeiten in Kürze.
Neben den Gitterschalen setzen auch die charakteristischen „Lichtaugen“ wesentliche architektonische Akzente. Auch hier wurde ein großer Meilenstein erreicht: Alle 27 Lichtaugen sind sichtbar. Diese markanten Oberlichter versorgen die unterirdische Bahnhofshalle mit Tageslicht. Mit der nun sichtbar werdenden Kombination aus Gitterschalen und Lichtaugen entfaltet die Gesamtarchitektur von Stuttgart 21 erstmals ihre volle ästhetische und funktionale Wirkung.
„Dank der ausgezeichneten Koordination konnten wir den komplexen Ablauf zwischen Konstruktion, Tragwerksplanung, Fertigung, Montage sowie den bauseitigen Gewerken und dem Kunden erfolgreich steuern und so dieses anspruchsvolle Projekt gemeinsam realisieren“, lobt Andreas Hafner die Zusammenarbeit aller Beteiligten.