Von der Schlosserei zum Baudienstleister

Goldbeck im Porträt

1969 als Stahlbauschlosserei in Bielefeld gegründet, setzt die Goldbeck-Gruppe heute mit 3.300 Mitarbeitern gut 1,3 Milliarden Euro im Jahr um. Rund 30 % der Wertschöpfung erzielt das inhabergeführte Unternehmen intern in seinen vier Vertriebsgesellschaften für schlüsselfertiges Bauen und seinen sechs Produktionsgesellschaften für Metall- und Betonbau.

Rund 40 Millionen Euro vom Gesamtumsatz entfallen auf den Metallbau, der zu 55 % am Stammsitz in Bielefeld und zu 45 % in Treuen/Vogtland realisiert wird. Die Erfolgsstory aus Nordrhein- Westfalen belegt: Ostwestfalen ist ein guter Standort für wirtschaftliche Entwicklung. Das bestätigt Hansfried Kuhnke. Der Bauingenieur, der den Metallbau der Goldbeck-Gruppe im Bielefelder Werk leitet, hebt vor allem die gute Bildungsinfrastruktur hervor, beschäftigt das Unternehmen doch rund 500 Architekten, Planungs- und Vertriebsingenieure. Rekrutieren kann der Baudienstleister diese an den umliegenden Fachhochschulen Detmold, Minden und Münster sowie an den Universitäten Hannover, Braunschweig, Aachen, Bochum und Dortmund.

Daneben schätzen die Bielefelder die leistungsfähigen Fachhochschulen mit ihren praxisnahen Studiengängen und forcieren selbst duale Studiengänge wie etwa in Buxtehude, wo Bauingenieure und Immobilienmanager ausgebildet werden. Daneben greift ein engmaschiges Netz an Berufs- und Meisterschulen, und die Goldbeck-Gruppe selbst bemüht sich intensiv um motivierte Schüler für ihre gewerblichen und kaufmännischen Ausbildungen.  

Mitarbeitermotivation. „Wir bilden über unseren Bedarf hinaus aus, und viele unserer Führungskräfte engagieren sich in unterschiedlichsten Funktionen bis hin zur politischen Lobbyarbeit in Verbänden und Kammern“, hebt Kuhnke das soziale und gesellschaftliche Engagement hervor. Dazu zählt auch, dass das Unternehmen bereits 1980 ein Mitarbeiterbeteiligungsmodell eingeführt hatte. Damals noch, um über Liquidität das Wachstum zu finanzieren. Längst ist daraus ein Instrument geworden, Mitarbeiter langfristig an den Arbeitgeber zu binden und sie zu motivieren.

2012 wurde der Goldbeck Campus gegründet, der Fort- und Weiterbildung in der Belegschaft bündelt. Das reicht von Fachqualifikationen über Sprachen und Office- Schulungen bis hin zu Kursen in Zeitmanagement, Rhetorik und Kommunikation. Für das laufende Jahr ist in Bielefeld ein dreizügiger Betriebskindergarten geplant, um Mitarbeitern mehr Service zu bieten und Beruf und Familie besser vereinbar zu machen. Denn im Planungs- und kaufmännischen Bereich liegt die Frauenquote bei 50 % und auch immer mehr Männer fühlen sich für die Kinderbetreuung verantwortlich.  

Industrialisierung des Handwerks. sieben Mitarbeitern pro Jahr erbringen. „Damit müssen wir nahezu keine Arbeiten fremd vergeben und halten die Wertschöpfung im Unternehmen“, begründet Kuhnke die Personalpolitik. Die Bielefelder Produktion, deren Herzstück ein Bearbeitungszentrum von BJM ist, bearbeitet pro Jahr vollautomatisch 130.000 Stäbe komplett. Die Hälfte der Arbeit entfällt auf rund 8.500 Fensterelemente, die in rund 100 Büroneubauten pro Jahr verbaut werden. Je rund 2,5 Millionen Euro im Jahr setzt der Metallbau mit Pfosten-Riegel-Konstruktionen für Glasfassaden um; mit klassischen Lichtbändern in Hallen sowie Sonderkonstruktionen für Fensterbänke, Fassaden oder Geländer. Den Rest machen T30- und T90- Türen aus. Bezogen auf das Gesamtunternehmen hat der Metallbau je nach Gebäudetyp einen Wertschöpfungsanteil von bis zu acht Prozent.

Für die Zukunft erwartet Kuhnke keine wesentlichen Veränderungen, allenfalls ein moderates Wachstum von zwei bis drei Prozent pro Jahr. Auch den Mix aus Klein- und Großaufträgen, deren Spreizung von 0,5 bis 80 Millionen Euro reicht, will das Unternehmen beibehalten. Das Gros der Projektgrößen liegt zwischen 5 und 15 Millionen Euro je Auftrag.

Entsprechend sind im Metallbau weder Veränderungen noch größere Investitionen geplant, nachdem zuletzt rund 700.000 Euro in eine Durchlaufanlage und eine Doppelgehrungssäge flossen und ein modernes Hochregallager längst vorhanden ist. „Es geht um die weitere Industrialisierung des Handwerks“, beschreibt Kuhnke einen Mega trend und meint damit standardisierte Prozesse von der Planung bis zum Einkauf statt automatisierter Verfahren, „denn dann müssten wir Millionen investieren, die sich bei unseren Stückzahlen nie amortisieren.“

Für die Bielefelder geht es deshalb darum, die Preisdifferenz zwischen industriell gefertigtem Kunststofffenster und mechanisch gefertigtem Alufenster zu verringern, „weil wir ja kein Interesse haben, Kunststofffenster zuzukaufen.“ Erreichen will dies der Stratege, indem er sich besser mit seinen Systemgebern Schüco und Gutmann verzahnt und etwa die Vorteile großer Glasfassaden, die Aluprofile ermöglichen, deutlicher kommuniziert. Die teureren Holzvarianten spielten im gewerblichen Sektor dagegen ohnehin kaum eine Rolle. „Das Alufenster muss im Passivhausstandard eine bezahlbare Alternative werden“, gibt Kuhnke auch seinen strategischen Partnern die Richtung vor. Denn wenn die Volumina stimmten, sinke der Preis. Goldbeck könne dazu im Wesentlichen nur durch bessere innerbetriebliche Logistikprozesse oder effizientere Arbeitsplätze beitragen. Maschinen dagegen seien nachrangig, weshalb es beim Metallbau eher um Ersatzinvestitionen gehe.  

Kontinuität und Kontrolle. Mit rund 25 % ist die Auslandsquote der Aufträge stabil. Die Auftraggeber sind bekannt, zumeist international agierende Logistiker und Investoren, aus dem heimischen Geschäft. Auch die Montage vergibt Goldbeck nicht fremd. Zum einen, weil die Wertschöpfung inhouse gehalten werden soll. Viel wichtiger aber sind der Geschäftsleitung Fragen der Qualität und der Gewährleistung, für die man in der eigenen Verantwortung besser einstehen kann. Und wo man Arbeiten extern vergibt, sind dies kontinuierliche Partner, die auf dieselben Werte eingeschworen sind und die internen Prozesse kennen.  

Goldbeck in Zahlen. Von den 3.300 Beschäftigten arbeiten 2.800 im Inland. 1.200 sind in der Produktion, 500 sind Architekten und Ingenieure. Der Gesamtumsatz von 1,3 Milliarden Euro verteilt sich im Schnitt pro Jahr auf 700 Millionen mit Hallen (60 % Logistik, 30 % Produktion, 10 % Handel), 250 Millionen mit 100 Büros, 150 Millionen mit 50 Parkhäusern (20.000 Stellplätze) und 100 Millionen mit Sanierungen, insbesondere Rathäuser, Schulen und Bürogebäude aus den 70er- Jahren. Hinzu kommt der Neubau von etwa drei bis sechs Seniorenheimen pro Jahr und schließlich gewerbliche Solaranlagen auf Hallendächern und Freiflächen.

Organisiert ist die Goldbeck-Holding mit Sitz in Bielefeld in drei deutsche und eine internationale Regionalgesellschaft, die jeweils die gesamte Wertschöpfungskette von Konzeption und Planung über das schlüsselfertige Bauen bis zum anschließenden Gebäudemanagement abdecken. Alle vier GmbHs tragen je etwa ein Viertel zum Umsatz bei, wobei das Auslandsgeschäft vor allem in Osteuropa stattfindet und hier schwerpunktmäßig in der Logistik.  

Unternehmensstruktur. Die vier Regional- GmbHs erschließen ihrerseits mit insgesamt 29 Niederlassungen die Fläche. Jede Niederlassung umfasst 20 bis 60 Mitarbeiter, die 25 bis 100 Millionen Euro pro Jahr umsetzen. Jeder der 29 Standorte hat vom Vertrieb über den Entwurf bis zur Bauleitung alle Kompetenzen vor Ort, während Planung, Einkauf und Controlling zentral in den Regional- GmbHs erfolgen.

Daneben gibt es vier Produktionsgesellschaften in Bielefeld (Metallbau), Treuen/ Vogtland (Metallbau seit 1992), Hamm (Betonwerk seit 2008) und Vöhringen bei Ulm (Betonwerk seit 2012) sowie zwei Betonwerke in Tschechien (Kutna Hora und Tovacov), die jeweils die regionalen Märkte mit Betonfertigteilen versorgen. Hier werden auch Türen, Fenster und Fassadenputz soweit vorgefertigt, dass auf der Baustelle nur noch die Teile installiert werden müssen. Das macht witterungsunabhängig, beschleunigt Abläufe und reduziert somit Kosten.

Die Goldbeck Gebäudemanagement GmbH bietet auch Projektbetreuung, bundesweit aktuell für rund 1.100 Immobilien. Mit Hausmeisterservice, Contracting etc. werden rund 34 Millionen Euro pro Jahr umgesetzt. Zum Vergleich: Der gesamte Metallbau, den die Firmengruppe in Bielefeld (55 %) und Treuen (45 %) gebündelt hat, erwirtschaftet 40 Millionen Euro im Jahr. Dessen Wertschöpfungsanteil liegt unter einem bis maximal acht Prozent bei den erstellten und sanierten Objekten.

Info + Kontakte

Goldbeck GmbH
Ummelner Straße 4–6
33649 Bielefeld
Tel. 0521 9488-0
www.goldbeck.de

x

Thematisch passende Artikel:

Statement zu den Fenstertagen

Ronny Knüpfer, Goldbeck Bauelemente

"Die Messe BAU in München und die Fenstertage sind Veranstaltungen, für die ich regelmäßig zwei Tage in meinem Kalender reserviere. Die Themen sind abwechslungsreich, für den ersten Tag habe ich...

mehr

Schüco Geschäftsbericht 2016

Schüco lässt sich von der zunehmenden Digitalisierung von Planungs- und Fertigungsprozessen im Bauwesen sowie den steigenden Anforderungen hin zur konsequent gesundheitsorientierten Bauweise in...

mehr

Goldbeck vergrößert Bereich "Bauen im Bestand"

Goldbeck, eines der führenden Unternehmen im gewerblichen und öffentlichen Hochbau, baut seinen Geschäftsbereich „Bauen im Bestand“ aus. So heißt es in der jüngsten Pressemeldung des...

mehr
Ausgabe 6/2016

jost metallbau

Selbständigkeit lohnt

Willi Jost löst gerne konstruktive Probleme von Architekten, die ihre einzigartigen Entwürfe realisieren möchten. „Zeichnungen auf dem Papier in funktionierende Bauteile umzusetzen, ist mir Freude...

mehr
Ausgabe 03/2011 Mit moderner Technik gestärkt aus der Krise

Keller Metallbau

Die Keller Metallbau GmbH im südbadischen Endingen am Kaiserstuhl ist ein dynamisch wachsender Familienbetrieb mit einer mehr als hundertjährigen Tradition in der Metallverarbeitung. Das Unternehmen...

mehr