Interview

Die VFF-Geschäftsführer

„Für die Sanierung Anreize schaffen!“

Der Verband Fenster + Fassade in Frankfurt engagiert sich für Vorgaben, damit energieoptimiert gebaut wird, und für die Förderung von Baumaßnahmen zugunsten besserer Energiewerte. Wir haben die beiden Geschäftsführer Frank Lange und Frank Koos gefragt, wie sie das GEG im Entwurf bewerten.

metallbau: Herr Lange, Herr Koos, aller Voraussicht nach wird das GEG an den bisherigen Regelungen der EnEV festhalten. Was halten Sie davon?

Frank Lange: Ich persönlich finde das in Ordnung, da auch alle Fördermodelle darauf aufbauen. Es ist ja ein hohes Ziel gewesen, durch die Zusammenlegung der unterschiedlichen Gesetze eine Vereinfachung zu erwirken. Man kann sich streiten, ob das gelungen ist oder nicht, aber es sollte nicht das Anforderungsniveau angehoben werden, um die Baupreise zusätzlich noch anzuheizen.

Frank Koos: Es ist doch ganz klar: Das, was der Gesetzgeber vorschreibt, kann nicht gefördert werden. Und wenn er die Anforderungen verschärft, dann stellt er die bisherigen Fördermodelle in Frage. Die Leute möchten aber gefördert werden dafür, dass sie in die Energieeffizienz investieren! Die Frage wäre, ob das Mehr, das der Staat dafür unternimmt, sich hinterher rentiert und ob die Menschen es dann überhaupt in Anspruch nehmen.

 

metallbau: Wo sehen Sie im GEG-Entwurf Verbesserungspotenzial?

Koos: Was bisher nicht umgesetzt ist und was wir vom VFF schon mehrmals vorgebracht haben, ist, dass transparente Bauteile über den U-Wert nicht richtig beschrieben werden. Das betrifft nicht allein die Bauteilanforderung bei der Modernisierung, sondern auch den mittleren U-Wert der Gebäudehülle, den HT‘-Wert für den Neubau. Unser Vorschlag ist, diese Forderung zukünftig auf äquivalente U-Werte und äquivalente Transmissionswärmeverluste abzuändern. Denn damit werden nicht nur die Wärmeverluste, sondern auch die solaren Gewinne der transparenten Bauteile berücksichtigt. Ein weiterer Punkt betrifft energetisch nachteilige Fenster, also solche mit Einfachverglasung. Dass es sich wirtschaftlich lohnt, Fenster mit Einfachglas durch Fenster mit höherwertiger Verglasung zu ersetzen, dem trägt das Gesetz keine Rechnung. Neu in dem GEG ist auch das sogenannte Modellgebäudeverfahren. Hier sehen wir große Einschränkungen bei den Planungsmöglichkeiten und auch bei den Optimierungsoptionen von Anlagentechnik und verwendeter Gebäudehülle. Wir empfehlen dieses Verfahren nicht.

Lange: Kritisch finde ich auch die Quartiersbetrachtung. Diese ist so ausgelegt, dass man Gebäude gegeneinander aufrechnen kann. Das kann dazu führen, dass im Einzelfall das energetische Niveau eines Gebäudes sinkt. Es ist fraglich, ob durch diese Flexibilität Anreize zur Sanierung geschaffen werden.

 

metallbau: Wie kommt das Thema in der Gesellschaft an?

Lange: Was sich geändert hat, ist das Bewusstsein in der Bevölkerung, auch in Anbetracht des neuen Klimaschutzgesetzes etwas für Klimaschutz tun zu können und zu müssen. Auf der einen Seite gibt es das Ordnungsrecht wie beispielsweise das GEG. Viel wichtiger ist aber, dass sich die Bereitschaft erhöht hat, in moderne Gebäude zu investieren. Neben verschiedensten Maßnahmen, die angekündigt sind und auch kommen werden, sollte man insbesondere bei Investitionen und Anreizprogrammen für die energetische Gebäudesanierung sowohl im privaten als auch im gewerblichen Sektor nicht nachlassen. Das wird auch dazu führen, dass der ein oder andere Bauherr nicht nur den gesetzlichen Mindeststandard nach dem GEG einhalten wird, sondern energieeffizientere Wege einschlägt. Das neue steuerliche Förderungsgesetz mit der 20-prozentigen Abschreibungsmöglichkeit auf die Steuerschuld bei der Gebäudesanierung ist schon mal ein erster guter Schritt.

Koos: Im Bereich des Gebäudebestandes stecken riesige Potenziale. Alles, was ich neu dazubaue, spart nicht CO2, sondern bringt neue Emissionen. Deswegen muss man sich unbedingt dem Thema der Modernisierung des Gebäudebestandes widmen.

 

metallbau: Wie wird es mit den klimapolitischen Zielen nach der Pandemie weitergehen? 

Lange: Man kann nur hoffen, dass diese Krise mit ihren fürchterlichen Auswirkungen auf menschliche Einzelschicksale am Ende nicht auch dramatische Auswirkungen auf die Volkswirtschaft hat. Wenn aber irgendjemand versucht, aus dieser Krise Profit zu schlagen, ist das nicht zu tolerieren. Dennoch, denke ich, lernt man aus jeder Krise. Man lernt, dass man Bedrohungen, die sich heute schon abzeichnen, ernstnehmen sollte. Im Klimaschutz ist es genauso. Der Klimawandel kommt. Es macht deshalb Sinn, in den Bemühungen um den Klimaschutz nicht nachzulassen und jetzt die entsprechenden Entscheidungen in der Politik auf dieses Thema auszurichten.

Berechnungstools für energieoptimierte Elemente

Vorgehängte hinterlüftete Fassade
Unterstützung bei der Vorplanung von VHF bietet das herstellerunabhängige, kostenfreie Online-Tool zur Berechnung des U-Werts von VHF des Fachverbands vorgehängte hinterlüftete Fassaden (FVHF). Das Tool ermittelt die erforderliche Dämmstoffdicke und die zu fordernde energetische Effizienzklasse einer vorgehängten hinterlüfteten Fassade in Abhängigkeit von einem bestimmten Soll-U-Wert der Außenwand. Somit lassen sich die Anforderungen an den Dämmstoff und die Unterkonstruktion unabhängig von der genauen Detaillierung formulieren. Abrufbar unter: www.fvhf.de/Fassade/Effizienztool
Verglasungen
Mit dem von Saint-Gobain Glass entwickelten Simulationsprogramm CalumenLive lassen sich die Licht-, Energie- und Wärmeleistungsfähigkeit einer Verglasung des Herstellers kalkulieren. Das Tool ist kostenfrei zugänglich, basiert auf den einschlägigen Normen und ist durch den TÜV Rheinland zertifiziert. Abrufbar unter: https://calumenlive.com

Staatliche Sanierungsförderung

Entsprechend den Zielen des im Herbst 2019 festgelegten Klimaschutzprogrammes 2030 wird ein klimaneutraler Gebäudebestand bis zum Jahr 2050 angestrebt.

1. Beschlossen wurde das „Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht“ als Ergänzung des Einkommensteuergesetzes. Es beinhaltet im Hinblick auf die energetische Gebäudesanierung folgende Regelung:

- ein Steuerabzug von 20 Prozent der Aufwendungen je Einzelmaßnahme bei einer maximalen Steuerermäßigung von bis zu 40.000 Euro pro Objekt.

Demnach lassen sich 200.000 Euro an Sanierungskosten mit 20% als Steuerermäßigung geltend machen.

Förderfähig sind energetische Maßnahmen an selbstgenutztem Wohneigentum. Das Wohngebäude muss älter als zehn Jahre sein. Zu den energetischen Maßnahmen zählen etwa die Wärmedämmung von Wänden, Dachflächen und Geschossdecken, die Erneuerung oder der Einbau einer Lüftungsanlage oder der Austausch der Heizungsanlage sowie der Einbau neuer Fenster.

Mehr Infos dazu u.a. auf der vom VFF erstellten Webseite:

www.fenster-koennen-mehr.de

2. Die bereits bestehenden Kredit- und Zuschussprogramme können weiterhin in Anspruch genommen werden. Neu ist, dass die Tilgungs- und Investitionszuschüsse sowie einzelne Kreditbeträge erhöht wurden.

Dazu zählen die KfW-Programme:

- „Energieeffizient Sanieren – Kredit (151)“: Neu daran ist, dass sich für die Sanierung zum KfW-Effizienzhaus oder den Kauf von saniertem Wohnraum der Tilgungszuschuss um 12,5 % erhöht. Der maximale Kreditbetrag steigt um 20.000 Euro auf 120.000 Euro.

- „Energieeffizient Sanieren – Kredit (152)“: Hier erhöht sich für die Sanierung zum KfW-Effizienzhaus oder für energetische Einzelmaßnahmen der Investitionszuschuss um 10 %. Die förderfähigen Investitionskosten für die Sanierung zum KfW-Effizienzhaus steigen um 20.000 Euro auf 120.000 Euro. Die förderfähigen Investitionskosten für Einzelmaßnahmen betragen weiterhin 50.000 Euro.

- Werden Nichtwohngebäude zu einem KfW-Effizienzhaus saniert, erhöht sich der Tilgungszuschuss um 10 %. Bei energetischen Einzelmaßnahmen, die keinen KfW-Effizienzhaus-Standard anstreben, erhöht sich der Tilgungszuschuss um 15 %.

www.kfw.de/inlandsfoerderung/EBS-2020

3. Weitere Förderprogramme bieten zudem einzelne Bundesländer oder Städte wie etwa Brandenburg, Stuttgart, Hamburg oder München. Förderfähig sind etwa beim „Münchner Förderprogramm Energieeinsparung“ (FES) auch der Austausch der Fenster.

Weitere Förderprogramme sind:

- das BAFA-Marktanreizprogramm für Wärme aus erneuerbaren Energien und

- das BAFA-Heizungsoptimierungsprogramm.

www.bafa.de

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