Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. Manfred Curbach

Technische Universität Dresden, Institut für Massivbau

„Ein Unglück  wie  jetzt in Genua ist in Deutschland äußerst unwahrscheinlich. Wir haben ein sehr ausgeklügeltes Sicherheits-  und  Überwachungssystem.  Jede der bundesweit 39.500 Brücken mit einer Gesamtlänge von 2.100 Kilometern wird alle sechs Jahre einer Hauptprüfung unterzogen. Dabei werden alle Indizien aufgenommen und katalogisiert, die auf einen Schaden hinweisen, und es gibt eine Zustandsnote.

Wie die Italiener ihre Bausubstanz erfassen, kann ich nicht beurteilen. Ich halte es aber für bedenklich, dass jetzt aus italienischen Regierungskreisen Vermutungen laut werden, dass diese Brücken eventuell nicht kritisch überwacht würden. Der Brückentypus selbst jedenfalls funktioniert. Ingenieur Riccardo Morandi hat in den 1960er-Jahren drei dieser Brücken entworfen. Die größte, ein fantastisches Bauwerk, steht in Venezuela. Was man sagen kann: Bei einem Einsturz gibt es meist nicht nur eine einzige Ursache, sondern es handelt sich oft um eine Verkettung mehrerer Umstände. Da kann unter anderem das Wetter eine Rolle gespielt haben. Aber auch das ist reine Spekulation. Wir wissen heute, dass Beton altert. Das hat man damals noch anders gesehen. Aber dadurch, dass wir ihn regelmäßig beobachten, erkennen wir seine Alterung und können schnell reagieren. So helfen etwa Tempolimits auf Brücken, deren Belastung und Verschleiß zu senken. Man kann Brücken auch komplett für Lkw sperren oder so verengen, dass keine zwei Lkws parallel eine Stelle passieren. Oder man kann deren Abstand regulieren und vieles mehr.“                    leo◊

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