Talentschmiede Andreas Stumpf

Geselle Gruber heimst drei Preise ein

Der Erfolg von Stefan Gruber kommt nicht von ungefähr, er hat vielmehr mindestens drei Gründe: Erstens absolvierte er seine Ausbildung in der Bad Tölzer Talentschmiede von Andreas Stumpf, zweitens kommt der 24-jährige Handwerker aus einer Schreinerfamilie und drittens — das ist fast das Wichtigste – ist er Metallbauer und -gestalter aus Leidenschaft. Das bestätigt auch sein Ausbilder.

Es ist elegant und avantgardistisch zugleich. Seine Maße sind mit 600 mm x 350 mm x 300 mm perfekt und verbinden Design mit Funktionalität: Die Rede ist von dem Gesellenstück des Metallbauers und -gestalters Stefan Gruber. Mit seinem Sideboard aus Holz, Metall und Messing holte er gleich mehrere Preise. Nach seinem Innungssieg wurde er im vergangenen Jahr Landessieger der Metallbauer im Kammerbezirk Oberbayern. Heinrich Traublinger, Präsident der Handwerkskammer München und Oberbayern lobte anlässlich der feierlichen Auszeichnung: „Die 38 Landessiegerinnen und Landessieger aus Oberbayern gehören zum Best-of des Handwerksnachwuchses in Bayern.“ Damit hatte er sich automatisch für den Bundesentscheid in Northeim/Niedersachsen qualifiziert. Auch dort spielte der bayerische Handwerker aus Gaißach in der obersten Liga mit und erhielt für sein Designerstück den zweiten Preis. Beim Wettbewerb „Die Gute Form“ für Metallgestalter in Bayern wurde er mit seinem Sideboard Dritter. 

Die Konstruktion des Sideboards. Die Maße und das Maximalgewicht mit 18 Kilogramm waren bei der Gesellenprüfung vorgegeben, was sein Lehrherr, Andreas Stumpf, eher schade findet. „Seit ein paar Jahren ist das so geregelt. Das behindert die Kreativität. Früher waren sie in diesem Punkt komplett frei. Da sind die tollsten Sachen herausgekommen“. Dennoch hat Grubers Sideboard überzeugt. Den Jurys gefiel neben der Transparenz und Leichtigkeit auch die grafisch räumliche Idee sowie die Funktionalität, also das Spiel mit Dreiecken und Pyramide. Dies war vor allem beim Wettbewerb „Die Gute Form“ Voraussetzung, bei dem das Design zählt. Die Blende des Mittelkastens bei seinem Sideboard kann um 90 Grad herausgeklappt werden. In den Kastenböden finden Brillen, Schlüssel oder anderer Kleinkram des täglichen Lebens Platz. Damit die Messingfarbe nicht zu sehr überwiegt, fertigte Gruber die Ausblendklappe mit Flachstahl. Die Leichtigkeit seines Gesellenstücks macht der Materialmix aus Holz, Messing und geschwärzten Stahlbauteilen aus. „Damit konnte ich eine gute Kombination aus hell, dunkel und warm schaffen“, so der Preisträger, der wissbegierig Informationen aufsaugt: „Der Bundesentscheid in Northeim war für mich hochinteressant, weil viele sehr gute Metallgestalter da waren und die unterschiedlichsten Anregungen eingebracht wurden. Das eröffnet einen weitaus größeren Blickwinkel.“ Mittlerweile hat das preisgekrönte Designerstück in seiner Wohnung, in der er zusammen mit seiner Lebensgefährtin und seiner kleinen Tochter wohnt, neben den vielen anderen selbstgefertigten Möbelstücken einen Ehrenplatz gefunden. 

Talentschmiede Stumpf. Gruber ist nicht der erste Geselle, der es nach einer Ausbildung bei Andreas Stumpf auf das Siegertreppchen schafft. Der Metallbauer hat offensichtlich ein Händchen für die Ausbildung. Stumpf übernahm 1981 die Kunst- und Bauschlosserei von seinem Vater im oberbayerischen Bad Tölz und hat ein Auge auf seine Azubis. „Ich achte immer darauf, dass meine Lehrlinge möglichst selbständig arbeiten und dabei ihre Talente entfalten können“, schildert der 56-Jährige sein Erfolgsrezept. Und man merkt ihm im Gespräch seine Liebe und Begeisterung zu Material und Beruf an. Diese Leidenschaft überträgt sich auch auf seine Auszubildenden. Stumpf nimmt sich Zeit für sie. Er fährt mit ihnen übers Land, zeigt ihnen neben eigenen, auch andere außergewöhnliche Werkstücke aus Kunstschmieden. Bei besonders schönen Objekten gerät er ins Schwärmen und schult zugleich bei seinen Eleven deren Augen für Gestaltung. Das Gestalterische ist es auch, was für Stumpf seinen Beruf zur Berufung macht. Deshalb zog er sich vor längerer Zeit größtenteils aus dem klassischen Metallbau zurück. Sein Schwerpunkt liegt nun mehr auf Schmiedearbeiten für Privatkunden. Dabei legt er Wert darauf, alles in Eigenarbeit zu machen: jede Rosette, jede Schnecke, kaum etwas ist von der Stange. Bei Stumpf lernen die jungen Menschen den Beruf von der Pike auf. Deshalb ist er eher gegen eine Lehrzeitverkürzung. „Ich hatte einmal ein Mädchen mit Abitur, die eine Verkürzung in Anspruch genommen hat. Aber die Materialkunde im ersten Ausbildungsjahr ist wichtig, sie konnte später nicht verzinktes Alu von verzinktem Edelstahl unterscheiden.“ Stefan Gruber hat zwar auch seine Lehrzeit verkürzt, aber er hat bereits eine Ausbildung als Werkzeugmechaniker absolviert. Das ist von Vorteil.

Selbständig von Anfang an. Bei Stumpf arbeiten die Auszubildenden von Anfang an sehr selbständig, aber nie ohne Betreuung. Wünscht ein Kunde z.B. ein Grabkreuz oder Fenstergitter, so lässt Stumpf nach dem Kundengespräch immer erst eine Zeichnung im Maßstab 1:1 anfertigen und bespricht die Grundregeln, die eingehalten werden müssen. Dabei gibt er jedoch keine 100 %igen Vorgaben, sondern lässt seine Azubis ihre eigenen Ideen entwickeln. Entspricht der Entwurf den Vorstellungen des Kunden, erfolgen Aufmaß, die Materialberechnung und -bestellung. Für die praktische Arbeit bietet der 56-Jährige seinen Lehrlingen ganz besondere Möglichkeiten in der rund 350 Quadratmeter großen Werkstatt. Neben dem 70 Jahre alten Amboss, den schon sein Vater angeschafft hat, findet sich jede Menge außergewöhnliches Schmiedewerkzeug. „Viele meiner Zangen oder Teile sind selbstgefertigt – alles Unikate.“ Diese Kreativität war es auch, die Stefan Gruber an seinem Ausbilder so faszinierte und die ihm in seinem ersten Beruf als Werkzeugmechaniker fehlte: „Immer nur vorgegebene Stücke anzufertigen, das war einfach nicht mein Ding“, erzählt der 24-Jährige. Deshalb bereut er es nicht, trotz finanzieller Einbußen, eine weitere Ausbildung drangehängt zu haben: „Lieber rechtzeitig die Entscheidung treffen, bevor ich mich später darüber ärgere und dann einen Berufswechsel nicht mehr hinbekomme.“ Für die Ausbildung bei seinem ehemaligen Chef ist er voll des Lobes: „Er hat mich motiviert, mich eigene Ideen umsetzen lassen und den nötigen Spielraum gegeben.“ Das ist auch der Vorteil eines kleinen Betriebes, da gibt es kaum Massenware bei der Produktion. „Ich konnte so viel ausprobieren und zugleich sehr viele verschiedene Dinge machen: von Fenstergittern, Toranlangen und Treppen über Balkongeländer und Vordächer bis hin zu Carports.“ Auch auf Baustellen hat er sehr eigenständig gearbeitet, dank des guten Briefings duch den Chef. Die Komplimente gibt Stumpf sehr gerne zurück: „Stefan ist sehr lösungsorientiert, sehr bodenständig und war vom Alter her optimal. Er macht sich selbst Gedanken bei den Aufträgen, ist wirklich interessiert und auch leistungsbereit.“ Vor allem das Schmieden, das Arbeiten mit dem Material, wie es sich verformt, wie man es den eigenen Vorstellungen entsprechend prägen kann, sei es Eisen, Stahl, Messing, Kupfer oder Bronze, fasziniert den Gesellen. Mit dem elterlichen Schreinerbetrieb aufgewachsen, ist er von Kindheit an mit dem Handwerk verbunden. Schon als Bub hat er gerne mit Holz gearbeitet, sein Bruder war als Schreiner Landessieger. Doch Gruber wollte den Umgang mit anderen Materialien lernen und kam so zum Metall. Als wichtigste Voraussetzung dafür sieht er Kreativität und Vielfältigkeit. Eine weitere Grundlage ist ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen und dass man seine Ideen auf Papier bringen kann: „Es ist schon ein sehr großer Vorteil, wenn man gut perspektivisch zeichnen kann.“ Und das war auch bei der Gesellenprüfung gefragt. Denn hier zählt das Gesellenstück 30 % und die Freihandzeichnung sowie die Schmiedeprobe 70 % zur Note.
Natürlich würde Gruber am liebsten rein als Metallgestalter arbeiten, doch da gibt es wohl zu wenige Aufträge, befürchtet er. Seit Dezember 2013 besucht er nun für ein Jahr in Vollzeit die Städtische Meisterschule in München. Und selbstverständlich hofft Gruber, es nach seinem Meistertitel noch öfters mit seinen Designerstücken auf das Siegertreppchen zu schaffen.

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